125 Jahre Automobil
Daimler Reitwagen - das erste Motorrad wird 125
2010 jährt sich die erste längere Demonstrationsfahrt des Daimler Reitwagens zum 125. Mal. Das erste Motorrad und zugleich der Vorreiter des Automobils legte 1885 rund drei Kilometer von Cannstatt nach Untertürckheim zurück.
10.11.2010
Kai Klauder
Foto: Daimler AG
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Der rund 60 Kilogramm schwere Motor ist beim Reitwagen in ein Laufradgestell aus Eschenholz eingebaut und sitzt direkt unter dem Fahrer.
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Der originale Daimler Reitwagen wurde schon 1903 bei einem Brand zerstört. Anlässlich des 100. Geburtstags des Automobils wurden zehn Replica angefertigt.
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Die Masse liegt zentral direkt unter dem Fahrer, die Stützräder bewahren den rund 90 Kilogramm schweren Reitwagen vor dem Umfallen.
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Die erste längere Probefahrt absolvierte anno 1885 Gottlieb Daimlers Sohn Adolf.
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Er fuhr von der Cannstatter Werkstatt bis nach Untertürckheim und legte dabei rund drei Kilometer zurück.
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Konstruktionszeichnungen des Daimler Reitwagens mit dem kompakten Einzylinder-Viertaktmotor aus dem Jahr 1885.
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Mit dem Daimler Reitwagen beginnt 1885 die individuelle Mobilisierung des Menschen. Nur wenige Jahre vergehen bis zur Serienfertigung des Automobils.
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Der Einzylinder-Viertaktmotor leitet seine Kraft per Lederriemen an das Hinterrad weiter.
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Nachbau des Daimler Reitwagens von 1885 vor dem Gottlieb Daimler-Gedenkstein im Kurpark von Bad Cannstatt.
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Um den Daimler Reitwagen zu starten, muss etwas Zeit mitgebracht werden. Am Anfang steht das Tanken.
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Das Glührohr muss danach mit einer Petroleumlampe vorgewärmt werden, bis sich dann das Gemisch daran selbst entzünden kann.
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Das Gemisch kann nachreguliert werden, die Flammen züngeln manchmal bis über den Sattel.
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Mit dem Reitwagen kann rund 10 km/h schnell gefahren werden. Mutige Gesellen bringen ihn auch auf 15 km/h.
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Hier entstand im Jahr 1885 der Reitwagen als Versuchsträger: Gedächtnisstätte in Bad Cannstatt.
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Gebremst wird der Reitwagen mit einer Backenbremse, die auf den Metallring wirkt.
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Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte in Bad Cannstatt. Hier entstand 1883 der erste schnelllaufende Benzinmotor der Welt.
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Nach der erfolgreichen Versuchsfahrt mit dem Reitwagen machte sich Gottlieb Daimler an die Entwicklung der ersten Motorkutsche, die nur wenige Monate später vorgestellt wurde.
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Der Fahrer des Daimler Reitwagens hat nur wenige Hebel zu bedienen - er beherrscht die Maschine.
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Zeitgleich mit Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach entwickelte Carl Benz seinen Motorwagen, den er am 29. Januar 1886 vorstellte.
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1889 führen Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach auf der Weltausstellung in Paris ihren Stahlradwagen vor. Hier steuert Wilhelm Maybach das erste Auto mit Zahnrad-Schaltgetriebe und Differentialausgleich.
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Sie arbeiteten über Jahre hinweg eng zusammen: Links Gottlieb Daimler (1834 bis 1900) und Wilhelm Maybach (1846 bis 1929).
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Der gleiche Motor wurde von Gottlieb Daimler bei seiner Motorkutsche verwendet. Aufgrund des geringen Gewichts und der hohen Leistung war er prädestiniert für eine mobile Verwendung.
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Der Reitwagen besaß die erste Sitzheizung - der Auspuff führte direkt unter dem Sattel entlang. Gut zu sehen ist hier der Lederriemen, der die Kraft des Motors an das Hinterrad weiterleitet.
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Die Standuhr: Der Einzylinder-Viertaktmotor mit 264 Kubikzentimetern Hubraum lieferte rund ein halbes PS bei 650/min.
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Wilhelm Maybach (1846 bis 1929) auf dem im Jahr 1885 von Gottlieb Daimler zu Patent angemeldeten Reitwagen.
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Patentschrift Nr. DRP 34926, Seite 1: Der am 1. April 1886 geschützte Daimler-Motor stellt eine grundlegend neue Bauart dar, da Kurbeltrieb und Schwungrad erstmals in einem öl- und staubdichten Kurbelgehäuse eingekapselt sind. Wegen seines charakteristischen Aussehens wird der Motor „Standuhr“ genannt.
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In der Cannstatter Werkstatt bewiesen Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach die Tauglichkeit der Gas- bzw. Petroleumkraftmaschine.
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Der Daimler Reitwagen gilt als erstes Motorrad der Welt, die Serienfertigung von Motorrädern begann erst neun Jahre später.
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Die Werkstatt Gottlieb Daimlers im Gartenhaus seiner Villa in der Taubenheimstrasse in Cannstatt.
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Nach heutigem Maßstab ist die Strecke von 3.000 Metern kaum der Rede wert, doch vor 125 Jahren bewies Gottlieb Daimler mit dieser Premiere die Leistungsfähigkeit seiner Erfindung. Daimler ließ seinen Sohn Adolf ans Steuer des Reitwagens, der als erstes Motorrad mit schnell laufendem Benzinmotor gilt.
Ein halbes PS reicht für 15 km/h
Angetrieben wird der wie ein zu massiv geratenes Laufrad aussehende Reitwagen von einem Viertakt-Einzylinder, der eigentlichen Sensation des Gefährts. Der so genannte Standuhr-Motor ist ein Meilenstein in der Automobilentwicklung, er ist kompakt und stellt eine vergleichsweise hohe Leistung zur Verfügung. Immerhin produziert er aus 245 Kubikzentimetern rund eine halbe Pferdestärke bei 650/min. Den Motor, den Daimler gemeinsam mit Wilhelm Maybach entwickelte, meldet Gottlieb am 3. April 1885 zum Patent an. Die Patentanmeldung für den Reitwagen mit der Nummer DRP Nr. 36 423 erfolgt am 29. August 1885 - und wird rund ein Jahr später erteilt.
Durch seine kompakte Bauform und sein geringes Gewicht von etwa 60 Kilogramm ist der Standuhr-Motor prädestiniert für die Verwendung in mobilen Fahrzeugen. Zunächst wählt Daimler ein mit Stützrädern versehenes Laufrad - der Reitwagen ist also genau genommen ein Fortbewegungsmittel mit vier Rädern. Die Holzfelgen sind mit einer Lauffläche aus Metall versehen, der Motor ist in der Mitte des Eschenholzrahmens aufgehängt und gibt seine Kraft über einen Leder-Transmissionsriemen an das Hinterrad weiter. Der Fahrer nimmt auf einem Sattel Platz, der über eine eingebaute Sitzheizung verfügt, der Auspuff sitzt direkt darunter.
Mit der damals Aufsehen erregenden Fahrt von Daimlers Werkstatt in Cannstatt nach Untertürckheim bewiesen die beiden Daimlers, dass ein Mensch die Maschine beherrschen kann, allen Unkenrufen zum Trotz. Denn die Angst vor herrenlos wütenden Maschinen war anno 1885 bei vielen Menschen groß. Immerhin erlebten die Zuschauer der Premierenfahrt auch einige Schrecksekunden, denn es sollen mehrfach Flammen zwischen den Beinen Adolf Daimlers nach oben gezüngelt sein. Und auch die Startprozedur ist sehenswert, denn vor dem Starten des Motors muss das zwischen den Holzplanken liegende Glührohr mit einer Lötlampe auf Temperatur gebracht werden.
Beginn der individuellen Mobilität
Doch die Demonstrationsfahrt mit dem rund 90 Kilogramm leichten Reitwagen gelingt und markiert einen Meilenstein in der Entwicklung der individuellen Mobilität. Rund zehn km/h erreicht der Reitwagen, wer es richtig knallen lässt, kann auch 15 km/h schaffen.
Gottlieb Daimler hat nach der erfolgreichen Fahrt allerdings noch Größeres im Sinn, sogleich macht er sich an die Fertigstellung seines vierrädrigen Fortbewegungsmittels, einer Kutsche, die ebenfalls von dem Einzylinder-Viertaktmotor angetrieben wird. Wenige Monate nach dem Reitwagen präsentiert er seine Motorkutsche, ein Jahr später sorgt der Motor in einem Boot für Vortrieb. Neun Jahre nach dem Daimler Reitwagen wird die Hildebrand & Wolfmüller als erstes Serienmotorrad der Welt gebaut.
Der Daimler Reitwagen kann im Mercedes Museum besichtigt werden, allerdings handelt es sich dabei um einen Nachbau, der anlässlich des 100. Geburtstages des Automobils in einer Auflage von zehn Exemplaren aufgelegt wurde. Der originale Reitwagen wurde schon 1903 bei einem Feuer zerstört.