Alfa Romeo 1300 GT Junior Restaurierung

Zweiter Frühling für Kantenhauber

Schon eine Weile hatte Jochen Wenz aus dem badischen Weingarten nach einem Alfa Bertone gesucht. Schließlich entschied er sich in Italien für ein restaurierungsbedürftiges Exemplar mit einer erstaunlich guten Substanz.

Alfa Roemeo 1300 GT Junior, Jochen Wenz, Frontansicht Foto: Fact 17 Bilder

Zu früh gefreut, zu früh gefeiert. Jochen Wenz und Gattin Yvonne ließen anlässlich ihres frisch erworbenen Bertone bei ihrem Stamm-Italiener um die Ecke die Prosecco-Korken knallen. Der Besitzer des Ristorante hatte sie in der letzten Kaufphase sogar noch unterstützt und mit dem in Mailand ansässigen Besitzer des Alfa auf Italienisch verhandelt. Es ging um einen wirklich schönen Alfa, der bei der Besichtigung nur 6.000 Euro kosten sollte. "Doch der Mann war immer wieder unschlüssig, ob er den Wagen wirklich verkaufen sollte, und so haben wir ihn sozusagen auf 10.000 Euro hochgehandelt", erzählt Wenz.

Autosuche online und in Italien

Schließlich willigte der Mailänder ein, doch zwei Tage nach der Feier zog er seine Zusage per E-Mail wieder zurück. Die Enttäuschung war natürlich groß, doch Wenz suchte weiter nach einem Alfa Bertone. "Karosseriearbeiten mache ich überhaupt nicht gern", gesteht der 49-Jährige, weshalb er auf ein Exemplar mit wenig Rostschäden spekulierte. Und das hoffte er in Italien zu finden. Regelmäßig durchforstete er deshalb diverse italienische Online-Anzeigen.

Natürlich gab es immer wieder Reinfälle wie den in einer Annonce eines seriösen Chrysler-Händlers in Mailand als original angepriesenen Alfa Bertone, der sich als aufgehübschtes Wrack entpuppte. Oder die vergebliche Fahrt nach Bergamo. Aber da Wenz und seine Frau gerne nach Italien reisen, war es nicht ganz so schlimm.

Einige Zeit nach dem voreiligen Fest stieß Wenz wieder auf ein vielversprechendes Angebot in Alba. Per E-Mail forderte er zusätzliche Fotos an, um sich aus der Ferne einen ungefähren Eindruck von dem Alfa Bertone machen zu können. Seine Anfrage wurde prompt beantwortet - ganze Ladungen von Fotos erreichten ihn aus Italien. Bei dem Wagen handelte es sich um einen Alfa Romeo 1300 GT Junior von 1970 aus vierter Hand, der lange Zeit auf die Erstbesitzerin in Rom zugelassen war, die nur wenig mit ihm fuhr. Das war der Grund, warum der Alfa nur wenig mehr als 100.000 Kilometer zurückgelegt hatte, obwohl ihn der jetzige Besitzer als Alltagsauto nutzte.

Wochenende in Piemont inklusive Bertone-Kauf

Auf den Fotos machte der Alfa Bertone einen guten Eindruck. Kurzerhand entschloss sich das Paar aus Weingarten zu einem verlängerten Wochenende im Piemont. Ein Bekannter, der sich weniger für Autos als für die Italien-Reise interessierte, schloss sich an. Mit im Gepäck reiste ein rotes Kennzeichen, falls sich der Alfa als gute Gelegenheit entpuppen sollte.

Das tat er, allerdings erst auf den zweiten Blick. Die Vorstellung, ein Exemplar zum Reinsetzen und Fahren zu erwischen, war gleich vom Tisch, da etliche kleine Beulen von vielen kleinen Remplern im Stadtverkehr zeugten. Und außerdem war der Alfa Bertone grün, was Wenz gar nicht gefiel. "Rot mochte ich ebenfalls nicht, denn in dieser Farbe sind fast alle lackiert", sagt Wenz.

Während der Besichtigung des Alfa Bertone hatte er das Handy am Ohr. Sein Freund Dino Eitel, in dessen Autohaus in Königsbach-Stein ständig solche Wagen repariert werden, gab durch, welche Stellen er am Auto inspizieren sollte. Für sein Alter hatte sich das Coupé gut gehalten, und vor allen Dingen war es unverbastelt. Also kaufte Wenz das Auto.

Problemlose Überführung nach Deutschland

Die Überführung auf Achse nach Deutschland verlief problemlos, der Alfa Bertone fuhr sich sicher und verhielt sich völlig verwindungsfrei. Auch die Inspektion auf der Hebebühne im Autohaus Eitel am nächsten Tag ergab keine großen Katastrophen. Der Alfa war noch nie geschweißt worden, lediglich im Fußraum und im Bereich des Frontblechs mussten Durchrostungen instand gesetzt werden. Bei der Demontage erlebte Wenz eine weitere Überraschung. Alle Schrauben, selbst jene der hinteren Achsfangbänder, lösten sich, als sei das Auto erst kürzlich montiert worden.

Der Alfa Bertone ist übrigens nicht das erste Auto, das Wenz restauriert. Schon in Motor Klassik Ausgabe 8/1991 war eine Geschichte über seinen restaurierten NSU TT zu lesen. Denn neben Alfa hat Wenz eine Vorliebe für NSU, und die vielen Bekannten aus dieser Szene halfen nun bei der Restaurierung des Bertone.

Die wenigen Schweißarbeiten übernahm die Werkstatt von Dino Eitel, dann brachte Jochen die leere Karosserie seines Alfa Bertone zum Kunststoffstrahlen zur Firma Prowa in Karlsruhe, um sie zu entlacken. Ein zufällig dort anwesender Mercedes-Restaurierer war völlig von den Socken, wie wenig Rost dieser über 30 Jahre alte Alfa aufwies.

Gut erhaltene Karosserie

Das Grundieren der Bertone-Karosse sowie das Auslackieren des Motorraums, des Kofferraums, der Radhäuser und des Unterbodens in der endgültigen Farbe übernahm Wenz selbst. Entschieden hatte er sich für die Alfa-Farbe Anthracite Inglese, die ihm an dem schönen Exemplar in Mailand so gefallen hatte, das er letztlich nicht bekam.

Die Innenausstattung sollte in rotem Leder gehalten sein, allerdings wollte er die schalenförmigen Sitze aus dem Giulia Sprint GT Veloce. Tatsächlich ergatterte er zwei restaurierungsbedürftige Exemplare, die ein befreundeter Sattler renovierte und frisch bezog. Als weitere Abweichung vom Original gönnte Wenz seinem Alfa Bertone getönte Scheiben, die er gebraucht über Ebay bekam. Lediglich die Frontscheibe musste er als Neu teil erwerben.

Damit er etwas mehr Leistung hatte, stand schon von vornherein fest, dass dieser 1300er zum Zweiliter mutieren sollte. Wenz hatte Glück. Durch Zufall landete in Eitels Werkstatt ein verunfallter, unrettbarer Zweiliter-Spider, der sich zuvor in einem guten Zustand befunden hatte. Wenz übernahm von diesem Wagen den Motor, die Hinterachse mit Differenzialsperre und die großen Bremsen. Die Originalteile seines Alfa Bertone lagerte er ein.

Miserable Ersatzteilqualität

Natürlich hat er die Spider-Teile nicht einfach so für seinen Alfa Bertone übernommen. Mithilfe eines befreundeten Motorenbauers machte er sich an die komplette Überholung des Triebwerks und wählte dabei für Kolben, Laufbuchsen, Steuerkette, Lager und Dichtungen nur teure Markenprodukte. "Bei solchen Sachen gehe ich keine Kompromisse ein", formuliert er seine Devise.

Auch die Achsteile seines Alfa Bertone hat er revidiert. Allerdings machte ihm dabei die schlechte Qualität der Ersatzteile zu schaffen. Manches, etwa die Buchsen der Hinterachsstreben, war noch nicht einmal maßgenau gefertigt, - er musste sie auf seiner Drehbank abdrehen.

Bei der Montage verbaute er etliche Neu teile, ließ aber auch vieles aufwendig auf arbeiten und manches Bauteil verzinken. "Aber letztendlich gab es keine Dramen wie bei vielen anderen Restaurierungen", erinnert sich Wenz. Nur etwas Ärger, und das betraf wiederum ein Ersatzteil.

Ärger mit dem Scheibengummi

Der neu erworbene Frontscheibendichtgummi war offenbar etwas knapp und stand nach der Montage stark unter Spannung. Nach einigen Tagen lösten sich plötzlich die zusammenvulkanisierten Enden, und dazwischen klaffte eine unschöne Lücke. Eine Reklamation beim Lieferanten ließ diesen völlig kalt. Ein daraufhin von einem anderen Händler beschaffter Gummi passte besser - und dann konnte noch einmal gefeiert werden. Diesmal machte Jochen Wenz keiner einen Strich durch die Rechnung.

Blick in den klassischen Alfa-Romeo-Motor

Das Alfa-Triebwerk mit den beiden obenliegenden Nockenwellen ist ein Evergreen unter den Motoren. Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1954 zurück. Schon in der Giulietta sorgte der Reihenvierzylinder für sportlichen Antrieb, nach und nach wuchsen Hubraum und Leistung, sodass auch die späteren 105er-Modelle der 60er- und 70er-Jahre temperamentvoll bewegt werden konnten.

Wer jetzt auch Lust auf einen Alfa Bertone bekommen hat: hier gibt es die Kaufberatung.