Audi A8 4.2 Quattro (D2)

Deutsche Oberklasse mit 300 PS-V8 ab 4.300 €

Der sanfte Riese von Audi versteckt mit englischem Understatement seinen wahren Charakter. Neben Luxus und Komfort zählen seine sportlichen Werte – die den Audi A8 zu einem Oberklasse-Unikat machen.

Audi A8 4.2 Quattro (D2), Seitenansicht Foto: Arturo Rivas 10 Bilder

Ein Dreh am Zündschlüssel – man hört nichts. Ist etwa die Batterie leer oder funktioniert der Anlasser nicht? Doch beim Tritt aufs Gaspedel schnellt die orangefarbene Nadel des Drehzahlmessers nach oben. Jetzt ist auch ein leises Flüstern des V8-Motors zu hören. Der Motor wie auch die gesamte Erscheinung des Audi A8 wirkt unaufgeregt: In unserer hochdrehenden Zeit erfrischt der Luxusliner aus Neckarsulm dank seines Charakters wie ein tiefer Schluck eisgekühlten Biers am Ende eines schwülen Sommertags.

Quattro in Edelholz

Im Innenraum des Audi A8 umschmeichelt mich der Luxus einer Oberklasse-Limousine der 90er-Jahre. Dazu scheinen die Armaturen und das Lenkrad aus dem Firmenregal nicht ganz zu passen. Aber warum halte ich mich mit solchen Nebensächlichkeiten auf? Wie fährt sich das Spitzenmodell mit seinem bulligen V8 und dem Allradantrieb, der Trophäe bei den vier Ringen für Technikfans? Ich biege auf die Landstraße, und auf dem ersten geraden Stück trete ich das Gaspedal durch. Mit der scheinbar unendlichen Kraft eines Armdrückers, gegen dessen Muskeln du noch nicht mal den Hauch einer Chance hast, schiebt der A8 sanft, aber bestimmend nach vorn. Dazu benimmt sich der V8 so lässig wie der Ballakrobat Ronaldo im gegnerischen Strafraum.

Das Wörtchen Quattro, welches im Audi A8 wie selbstverständlich ins Holzdekor auf der Beifahrerseite eingelassen ist, macht mich zum besten Buddy von Walter Röhrl, Hans-Joachim Stuck oder Frank Biela. Sie zeigten mit den kantigen V8, was sich mit den wuchtigen Limousinen und der Kombi aus dem bayrischen-württembergischen Smallblock mit Vierradantrieb alles anstellen lässt. Der A8 hat sich statt des hemdsärmeligen D1-Dresses in Stahlausführung einen modisch glatten Aluminiumanzug übergestreift. Damit fällt er weniger auf, zeigt aber dem Kenner dezent seine Hightech-Note. Ein Typ zum Powern statt zum Posen.

Audi A8 ist auf Anhieb auf Augenhöhe mit BMW 7er und Mercedes S-Klasse

Auch in den ersten Kurven bleibt der Audi A8 locker in Form. Allerdings spürt man die rund 1,8 Tonnen des Oberklasse-Athleten. Dennoch: Beim harten Vergleichstests von auto motor und sport im Jahr 1994 gegen die anderen Weltklasse-Oberklässler von BMW und Mercedes-Benz kämpft der A8 mit seiner fortschrittlichen Aluminiumhaut und dem feinen Fahrwerk auf Anhieb um den Spitzenplatz. Wie auf der Rennstrecke balgen sich dort Audi, BMW und Mercedes um jeden Punkt. Zwar gewinnt der BMW 740i letztlich mit sechs Zählern Vorsprung, aber der neue Audi A8 entscheidet die Einzeldisziplinen Antrieb, Fahreigenschaften sowie Sicherheit und Umwelt für sich. Als Stärken des A8 heben die ams-Tester hervor: „Hoher Antriebskomfort, sehr gute Handlichkeit und sichere Fahreigenschaften.“

Der Alu-Audi A8 weckt die Lust am Selberfahren und eignet sich weniger als Chauffeursauto. Die heruntergezogene C-Säule erschwert den eleganten Einstieg in den Fond. Auch normal große Menschen haben auf den vorderen Sitzen recht wenig Kopffreiheit: der Preis für die sportlich-elegante Karosserielinie. Dazu bemängelten die Tester die vorderen Sitze, weil sie zu wenig Seitenhalt bieten. Bei unserer Testfahrt fiel das allerdings nicht ins Gewicht. Im Gegenteil: Die Ledersitze sind hochwertig und bequem.

Alu Space Frame als revolutionärer Unterbau

Insgesamt wirkt der Audi A8 trotz aller technischen Raffinesse, welche die Audi-Ingenieure unter Technik- und Entwicklungsvorstand Franz-Josef Päffgen in die Oberklasse-Limousine komponierten, eher unauffällig. Die Feinheiten stecken im Material der Außenhaut sowie dem Aufbau darunter. Eine dezente silber-glänzende Marke im Falz des vorderen Türrahmens gibt einen fast schüchternen Hinweis auf den revolutionären Unterbau. Audi Space Frame nennt sich die Konstruktion mit einem Gerüst aus Aluminiumprofilen, in das die Karosseriebleche aus Leichtmetall eingeschweißt wurden.

Damit ist der Aufbau des Audi A8 nicht nur 100 bis 200 Kilogramm leichter als eine vergleichbare selbsttragende Stahlkarosse, sondern auch wesentlich steifer. Das macht den Aufbau weniger verwindungsanfällig und erhöht die passive Sicherheit für die Insassen. Auch um die Nachhaltigkeit sorgten sich die Ingenieure der vier Ringe: Rund 90 Prozent des verbauten Aluminiums kann recycelt werden. Doch so weit wollen es Klassikfans des Spitzenmodells aus Alu gar nicht erst kommen lassen.

Tiptronic ist die Achillesverse des Audi A8

Vom Audi A8 sollen so viele wie möglich erhalten bleiben. Aber in der insgesamt aufwendigen Technik steckt natürlich auch ein Pferdefuß. Zwar sind die edlen Viertürer vom Neckar heute günstig zu erstehen: Weniger gepflegte Exemplare gibt es schon für unter 2.000 Euro. Aber A8-Kenner raten dazu, außer dem Kaufpreis gleich auch ein paar 1.000 Euro für erforderliche Reparaturen einzuplanen. So wird zum Beispiel bei entsprechend hoher Laufleistung zur Überholung des Automatikgetriebes geraten, die rund 500 Euro kostet – die Tiptronic ist die Achillesverse des A8.

Alternative mit 250 PS

Einigen Audi A8-Fans ist das Spitzenmodell mit 4,2 Litern Hubraum und reichhaltiger Ausstattung mittlerweile sogar zu kostbar. Für den regelmäßigen Genuss setzen sie auf das kleinere Modell mit dem 2,8 Liter großen V6, der die 250 PS nur über die Vorderräder auf die Straße bringt. Diesen Einsteiger-A8 der ersten Generation gibt es auch mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe: Letztlich entscheidet der individuelle Geldbeutel, wie viel A8 man sich leisten kann.

Fahrzeugmarkt