Citroën ID19F Break Restaurierung

Ein Break mit viel Charme

In einem Inserat im Internet wurde einer der ersten gebauten Citroën ID19F Break angeboten, ein zum Krankenwagen umgebautes Confort-Modell. Michael Wettel erwarb das Auto und restaurierte es mit viel Aufwand.

Citroën ID19F Break, Michael Wettel, Seitenansicht Foto: FACT 18 Bilder

Dass die Restaurierung eines exklusiven Klassikers manchmal 100.000 oder 200.000 Euro kostet, hat sich herumgesprochen. Vielen ist aber nicht bewusst, "dass auch die Restaurierung von weniger hochkarätigen Oldtimern sehr viel Zeit und Geld kosten kann", konstatiert der im Oberallgäu lebende Michael Wettel. Er muss es wissen, schließlich hat er erst kürzlich einem Citroën ID19F Break Confort mit viel Aufwand wieder zu neuem Glanz verholfen.

Erst Schrauber, dann Restaurierer

Wettels Begeisterung für die extravaganten Citroën ID- und DS-Modelle reicht zurück bis in die 60er-Jahre. "In meiner Jugend sah ich öfter solch ein Auto an einer Großbaustelle stehen, das wohl dem Bauleiter oder Architekt gehörte", erinnert sich der gebürtige Münchner.

Als er über 30 Jahre später mit dem Gedanken spielte, einen Oldtimer zu kaufen, kam ihm das Erlebnis aus Kindertagen wieder in den Sinn, und schon bald stand ein ID19 von 1964 vor seiner Tür. Es sollte nicht der letzte Citroën gewesen sein. Der geschickte Handwerker und Tüftler traute sich nach einiger Zeit des Schraubens an diversen ID und DS schon bald an eine Restaurierung. Das Objekt war eine DS19 von 1957 mit Halbautomatik, die selbst für Profis eine Herausforderung darstellt.

Interessantes Inserat auf französischer Internetseite

Nach dieser Bewährungsprobe fühlte er sich fit für weitere Taten. Beim regelmäßigen Studieren der Kleinanzeigen im Internet auf Leboncoin.fr stieß er im Oktober 2011 auf ein Inserat, in dem ein früher Citroën ID19F Break Confort angeboten wurde. Es handelte sich dabei um eines der ersten 600 gebauten Exemplare, die zum Beispiel eine einteilige, am Dachrand verlaufende Zierleiste und Rückleuchten besitzen, die an Düsentriebwerke erinnern.

Besichtigt werden konnte der Citroën ID19F Break Confort in den Pyrenäen unweit der französischen Stadt Pau. Doch am Ziel der langen Fahrt erwartete Wettel eine Enttäuschung: "Im Gegensatz zu den Fotos in der Annonce fand ich ein zerlegtes Auto vor, die Karosserieteile waren grundiert, der Motor lief nur auf drei Zylindern, die Hydraulik war außer Funktion und die Bremse fest."

Frustriert trat er wieder die Heimfahrt an, doch der Gedanke an den Citroën ID19F Break Confort ließ ihn nicht mehr los. Die Chance, ein so frühes Modell zu ergattern, bot sich schließlich nicht alle Tage. So nahm er wieder Kontakt zum Verkäufer auf, und als dieser ihm nach zähen Verhandlungen mit dem Preis entgegenkam, war der Kauf beschlossene Sache.

Bei der Überführung geht die Motorhaube drauf

Auf einem Anhänger holte er den Citroën ID19F Break Confort nach Deutschland. Leider büßte Wettel auf der Rückfahrt die Motorhaube ein. Diese war notdürftig mit einem Strick befestigt worden, der sich durchgescheuert hatte, weshalb die Aluhaube durch den Fahrtwind plötzlich hochklappte und knickte. Sollte das ein schlechtes Omen sein?

Zum Glück nicht, denn die Restaurierung des Citroën ID19F Break Confort verlief wie am Schnürchen. Zunächst erstellte Wettel eine Liste mit Teilen, die er beschaffen musste. "Am schwersten zu finden waren die hinteren Radlager und neue Schalldämpfer für die Auspuffanlage", erinnert er sich.

Zuerst auf Teilesuche

Eine neue Motorhaube stöberte er bei einem Teileanbieter in den Vogesen auf. Da der von ihm erworbene Citroën ID19F Break Confort in der Vergangenheit nicht nur als Taxi und Ramassage Scolaire (Schulbus) im Einsatz war, sondern man ihn auch zum Krankenwagen umfunktioniert hatte, fehlte zum Beispiel die Confort-Rückbank mit der Traverse für die Lehne.

Daher freute es ihn, als im Internet ein Citroën ID19F Break Confort zum Ausschlachten angeboten wurde. Leider kam ihm jemand zuvor, doch es gelang ihm, das gesuchte Teil dem Käufer des Schlachtautos abzuschwatzen.

Bei der Teilesuche hatte er von seinen vielen mittlerweile gesammelten Experten-Adressen profitiert, und die kamen ihm auch bei der Restaurierung zugute. Die Demontage-Arbeiten an seinem Citroën ID19F Break Confort übernahm er selbst, "dabei habe ich viele Fotos gemacht, um mir später den Zusammenbau zu erleichtern", sagt er.

Mit Poppnieten befestigte Wagenheberaufnahmen

Der Vorbesitzer hatte zwar schon mit der Restaurierung begonnen, aber Wettel wollte keinesfalls darauf aufbauen. Das Blech des Citroën ID19F Break Confort erwies sich als relativ gut erhalten, aber natürlich nicht als völlig rostfrei, und außerdem gab es die eine oder andere nachlässig durchgeführte Unfallreparatur. "Am abenteuerlichsten fand ich, dass eine abgerissene Wagenheberaufnahme mit Poppnieten befestigt war", lacht der 56-Jährige.

Die Blecharbeiten überließ er Karl’s Autowerkstatt im Odenwald, bei der unter anderem die Innenschweller, die hinteren Radhäuser und die erwähnte Wagenheberaufnahme geschweißt wurden. Nicht einsehbare Hohlräume wurden geöffnet, um keine verborgenen Rostnester zu übersehen. Ferner wurde in dieser Werkstatt auch das Blech entlackt, gegen Korrosion geschützt und neu lackiert.

Bernd Wirbals in Benningen übernahm die Revision des Getriebes und des Motors, mit neuen Kolben und Laufbüchsen, Ventilen, Ventilfedern, Kipphebeln, Nockenwellenlagern, neuer Steuerkette und vielem mehr. Um Zündung und Vergaser des Citroën ID19F Break Confort kümmerten sich wiederum andere Experten. Den Abgaskrümmer ließ Wettel aus optischen Gründen keramikbeschichten.


Aufwändige Instandsetzung der Hydropneumatik

Sehr aufwendig geriet auch die Überholung der Hydraulik und des Hochdruck-Bremssystems mit vielen Neuteilen von Citrotech in den Niederlanden. Außerdem rüstete Wettel das System in seinem Citroën ID19F Break Confort auf die nicht hygroskopische mineralische Hydraulikflüssigkeit LHM um, wofür alle Dichtungen und O-Ringe ersetzt werden mussten.

Ein Sattler polsterte die Sitze des Citroën ID19F Break Confort neu auf und bezog sie mit einem originalgetreu nachgefertigten Stoff. Der Dachhimmel musste nur gereinigt und neu verklebt werden. Der Tacho und die Uhr gingen zwecks Revision zu einem Spezialisten.

Viel Ärger über nicht passende Repro-Teile

Viele Arbeiten an seinem Citroën ID19F Break Confort übernahm Wettel aber auch selbst. So zum Beispiel den Check des Kabelbaums und die Optimierung der Elektrik mit zusätzlichen Relais und einer Warnblinkanlage. Oder das Aufbereiten und teilweise Lackieren unzähliger Anbauteile, das Erneuern der Lager der Vorder- und Hinterachsschwingen, das Reparieren diverser Mechanismen wie für die Handbremse oder die Fensterheber, die Revision der hinteren Bremsen und des Lenkgetriebes und natürlich die Montage - mit zuvor entrosteten und galvanisierten Schrauben.

"Das Ärgerlichste dabei war, dass ich das Dach nach erfolgter Montage wieder herunternehmen musste, weil die gekaufte Reprodichtung nicht richtig passte", erzählt er. Erst eine Dichtung aus einer anderen Quelle brachte den gewünschten Erfolg, "wobei die oft nur mäßige oder gar schlechte Qualität von Repro-Gummiteilen ein ständiges Ärgernis darstellt", ergänzt der Citroën-Restaurierer.

Jedes Teil seines Citroën ID19F Break Confort hatte er in der Hand, und obwohl vieles erneuert wurde, "habe ich versucht, erhaltenswerte Originalteile wiederzuverwenden, sodass manche Gebrauchsspuren, speziell im Innenraum, erhalten blieben", betont Wettel. "Ich wollte damit den Neuwagencharakter vieler restaurierter Fahrzeuge etwas abmildern."

Alles in allem ist er mit dem Verlauf und dem Ergebnis der Restaurierung seines Citroën ID19F Break Confort höchst zufrieden. "Bei solchen Mammutprojekten darf man den Mut nicht verlieren, und die wichtigste Haupteigenschaft heißt Durchhaltevermögen", lautet seine Erfahrung.

Und billig ist es ebenfalls nicht. Nach Auflistung aller Kosten erschien unterm Strich eine Summe von 54.000 Euro, ohne die unzähligen Stunden, die Wettel selbst in seinen Citroën ID19F Break Confort investiert hat. Wer wollte da behaupten, dass nur die Restaurierung hochkarätiger Klassiker besonders viel Geld kostet.