Club-Szene auf Schloss Dyck

Gemischte Runde auf dem Miscanthus-Feld

Auf dem Miscanthus-Feld bei den Classic Days Schloss Dyck (31.07. und 01.08.2010) fand das wahre Leben, jenseits von Sport, Glamour und Lorbeer statt. Clubs und Besucher präsentierten ihre Klassiker - spontan, freundlich, zwanglos.

Classic Days Schloss Dyck 2010, Club-Szene Foto: Arturo Rivas 24 Bilder

Die Classic Days auf Schloss Dyck leben vom Dreiklang tiefgründiger Autobegeisterung. Die Oldtimer-Rennen auf dem mit Strohballen gesäumten Rundkurs, der Concours d’Elegance, bestritten von den Hochkarätern der Automobilgeschichte, und die lebendige kreative Clubszene auf dem grünen Gürtel des Miscanthusfeldes. Sie bilden ein dichtes Geflecht der Emotionen.


Vielfalt bei den Classic Days Schloss Dyck

Auf dem riesigen Areal vor dem Schloss Dyck, groß wie ein Golfplatz, parkten bis zu 900 Klassiker unterschiedlicher Couleur. Stets aufs Neue spannend gemischt von einem ständigen Kommen und Gehen. Vom Dach des Feuerwehr-Magirus Jupiter, der stolz wie ein Präsident mit seinem gebläsegekühlten 12,7-Liter-Diesel-V8 die abgemähte Schilf-Parzelle "Historische Nutzfahrzeuge" dominierte, wirkte das Miscanthus-Feld wie ein von japanischen Comic-Artisten animierter Auto-Katalog.

Sorgfältig in Marken- und Modellkapitel aufgeteilt: Hier die BMW-Clubs, gegenüber die NSU-IG, dort die Glas-Freunde, und in der silbriggrünen Schneise um die Ecke hat der Mercedes-R 107-Club sein mobiles Domizil aufgeschlagen. Das Gelände der Classic Days Schloss Dyck ähnelt bis auf den weichen, natürlichen Grund frappierend dem Parkplatz der Sindelfinger Werksauslieferung von 1979 - SL und auch ein paar SLC in allen Farben, Motor- und Ausstattungsvarianten, wie frisch vom Band gelaufen.

Classic Days Schloss Dyck -ständiges Kommen und Gehen

Doch scheint die sonst übliche Mercedes-Dominanz auf dem Schloss Dycker Schilf-Stoppelfeld deutlich gemildert. Hier kommt jeder auf seine Kosten, vor allem wenn er Raritäten jenseits von den Mainstream-Darlings SL, 356, 911 oder E-Type liebt. Man könnte meinen, Miscanthus mag Exoten. Für lebendige Bewegung im Mosaik der Mobile sorgen die ständigen Ankommer und Wegfahrer. Es gibt in diesem artenreichen Auto-Biotop der Miscanthus-Monokultur auch Felder, die von Besuchern ohne Club-Lizenz wild besiedelt werden.

Da parkt dann ein 71er Audi 100 LS neben einem Volvo 1800 ES, pardon Schneewittchensarg, von 1973. Und ein Chevrolet Corvair Monza reiht sich zwischen einem nicht ganz artfremden VW 1303 Cabriolet in Brasilbraun-metallic und einem indischroten 77er Porsche 911 Carrera 2.7 ein.

Bei den Classic Days Schloss Dyck ist jeder Oldtimer willkommen

Miscanthus, dieser Name für einen schnell wachsenden Rohstoff, den Hobby-Botaniker auch Elefantengras oder Chinnaschilf rufen, ist an diesem letzten Juli-Wochenende das Synonym für ein spontanes Party-Picknick rund um den Wagen. Da wird die Wallfahrt an den Niederrhein zu ökumenischen Bewegung, da ist ein Bentley Continental R ebenso willkommen wie ein Siata Spring.

Autokenner füllen im Schilfgürtel potenziellen grünen Biodiesels so manche Wissenslücke. Lamborghini 400 GT oder doch ein Islero? Und der Espada wirkt in Natura noch viel eindrucksvoller als auf den Fotos. Bertone war eben doch der viel mutigere Designer als Pininfarina, siehe Countach. Wer ist der entzückende Michelotti Strandwagen auf Fiat 850-Basis? Shelette heißt das Korbmöbel mit aufklappbarer Markise. Nie gehört, was ist das denn? Nichts wie hin.

Menschenauflauf bei den Classic Days Schloss Dyck

Susanne und Sohn Max laden bei den Classic Days Schloss Dyck zur Probefahrt in dem skurrilen, aber dennoch anmutigen Gefährt. Auch innen kann Shelette ihre Herkunft nicht verleugnen, der Fiat 850 Spider steht bis auf die Rattan-Bestuhlung auch dort Pate. Shelette zickt anfangs ein bisschen, will nicht recht anspringen, doch dann fällt das 903-Kubik-Vierzylinder-Motörchen in seinen typischen scharfen Sound, der mehr verheißt als nur 52 PS. "Shelette ist kein Einzelstück", verrät Susanne, "es gab wohl ein paar hundert Exemplare, aber keiner kennt das Auto."

Beim Tanken oder auf dem Supermarkt-Parkplatz entsteht ein Menschenauflauf. Viele fragen, alle sind begeistert. Mit Sonnendach sieht Shelette noch hinreißender aus." Drüben steht das Kontrastprogramm zum entzückenden Fiat-Kleingarten, ehrwürdiges Empire lockt. Ein Bristol 411 (oder ist es ein 412?) in Gunmetal-Grey parkt schüchtern neben älteren Markenkollegen aus der BMW 328 Ära, denen man die deutschen Gene ansieht. In der Ahnenreihe dürfen auch Frazer-Nash und Veritas nicht fehlen. Ist der frühe Trabant ein P 50 oder ein P 70? Heißt er noch AWZ oder schon Sachsenring?

Unikate bei den Classic Days Schloss Dyck

Und dieses merkwürdige, dennoch hübsche Kombi-Coupé aus England, eigentlich ein waschechter Shooting Brake, wie war noch der Name, ach ja, Reliant Scimitar. Miscanthus, der grundgütige der Classic Days Schloss Dyck, hält von diesem gefühlten Unikat gleich drei Stück für uns bereit. Fast lautlos rollt er über die kurzgeschorenen Stängel, die dem feuchten Boden gerade genügend Grip verleihen. Nur beim Gasgeben hört man das typische Säuseln des Ford-V6-Motors. Doch der 49er Mercury Eight kann es noch besser, der Straßenkreuzer im rundlichen Fleetline-Stil brabbelt lässigen V8-Slang mit dem Flat-Head-Akzent seiner Epoche.

Neben dieser verschwenderischen Pracht wirkt der frugale Fiat Multipla von Matthias Landau wie ein Bonsai-Bus. Doch ist die Anziehungskraft der behutsam restaurierten und farblich hübsch abgestimmten Fiat 600-Variante weit größer. Entzückt läuft das Publikum dem kleinen Heckmotor-Raumwunder hinterher. Drüben auf der bunt gemischten Wiese aller Marken und Modelle der Classic Days Schloss Dyck herrscht gerade Partystimmung aus der Heckklappe des roten MGB GT heraus. Einträchtig wird hier mit einem Gläschen Prosecco mit dem Paar aus dem nachbarlichen Mercedes 280 SLC angestoßen.

Classic Days Schloss Dyck - gemischte Gemeinsamkeit

Sein milanbrauner Lack harmoniert in perfekter Ton-in-Ton-Komposition herrlich mit den tabakbraunen Velourspolstern. Ausgelassen drehen wir nachher eine Runde in dem Jalousie-gekrönten Dickschiff. Es ist nicht gerade in perfektem Concours-Zustand. Aber das junge Paar freut sich, ist glücklich mit dem großen Mercedes. Sogar Anke, der blonden Beifahrerin, gefällt der Wagen, der SLC ist gemeinhin nicht so ein Womanizer wie der SL.

Sie bekundet ihre Begeisterung mit einem strahlenden Lächeln: "Der SLC spiegelt für mich den Charme der Siebziger. Form und Farbe sind gediegen und schrill zugleich. Ein Auto wie ein Wohnzimmer aus der Zeit, fehlt nur noch der Flokati-Teppich." Die MGB von nebenan haben schon nachgeschenkt. Nachbarn sind eben Freunde, Miscanthus sei Dank. Renault-Alpine A 310 V6 kuschelt neben Porsche 911 E Targa, BMW 2.500 und 3.0 S nehmen einen Hundertachter 280 SE in die Mitte, Coke-Bottle-Corvette und Ferrari 308 GTB kennen keine Berührungsängste. Nur die Morgan bleiben lieber unter sich in ihrem Garten liebenswerter Eitelkeiten.

Classic Days Schloss Dyck - Best of Show

Ein Datsun Fairlady 1.600 rollt über das Gelände der Classic Days Schloss Dyck, nicht nur sein dunkles British-Racing-Green verleiht dem japanischen Roadster einen ausgeprägt englischen Touch. Dabei stammt die Form von Graf Goertz, der danach den Fairlady 240 Z kreierte. Miscanthus bei den Classic Days Schloss Dyck zeigt sie alle, umarmt sie mit milden Sonnenstrahlen, die nachmittags doch noch aus dichtem Wolkengeflecht blitzen, Lack und Chrom zum Glänzen bringen. Das Lebensgefühl Oldtimer findet hier im Grünen statt.

Nicht im entfesselten Übermut. Es ist kein Woodstock auf Rädern, aber in ziviler Ausgelassenheit. Wo hat man zuletzt acht Iso Grifo gezählt, wann sich vor 18 AC Cobra gefürchtet? Best of Show bei Bruder Miscanthus bei den Classic Days Schloss Dyck ist für den schilfberauschten Chronisten ein bizarres Mauerblümchen, das längst strengem Artenschutz untersteht. Ein Singer Gazelle Cabriolet von 1962.