Essen Motor Show 2013

Fliegende Teppiche und güldene Felgen

Die Essen Motor Show bietet nicht nur die neuesten Spoiler, Turbos und sonstiges Futter für die Niederquerschnitts-Fraktion, auch Oldtimer-Freunde kommen mit allerlei Attraktionen auf ihre Kosten.

Essen Motor Show, 2013, Klassiker, Oldtimerschau Foto: SB-Medien 28 Bilder

Dass sich im Reservat von Halle eins die Oldtimer tummeln, ist der Essen-Besucher gewohnt. Hier sucht er Ruhe vor den wummernden Bässen aus der Tuning-Halle zwei, und hier weiten sich die Herzen beim Anblick von Chrom und Leder.

Sonderausstellung mit klassischen Traumwagen

Aber mit einer Ausstellung von 15 wunderschönen Rennsportwagen, vom Ferrari 250 LM bis zum Sauber-Mercedes C9 sind die Klassiker auch in der Halle drei mitten ins moderne Leben zwischen DTM und aktuellen Design-Studien integriert. Auch bei Platzhirsch Brabus in Halle 11 sticht ein blauer W111 aus dem matten Alu und der Kohlefaser der Moderne heraus. Das Unternehmen in Bottrop unterhält mittlerweile eine schnell wachsende Restaurierungsabteilung. Das Mercedes-Benz 280 SE 3,5 Cabrio glänzt wie neu. Alt sieht allerdings der gemeine Interessent aus, wenn er den Preis hört: 300.000 Euro. Da muss ne Omma in Rüttenscheid lange für stricken.

Zurück zu Halle eins: Mittendrin steht der Pavillon der SIHA, die auch die Techno Classica ausrichtet, auf dem in Großbuchstaben "50 Jahre Porsche 911" bejubelt werden. Tatsächlich stehen von einem der ersten gebauten Original-Elfer von 1964 bis zum Dakar-953 von 1984 ein paar interessante Exponate im Karee, aber offiziell glänzt Porsche selbst mit Abwesenheit.

Porsche letzter Le Mans-Sieger

Dass der dürre Auftritt der Zuffenhausener nicht zur Peinlichkeit verkommt, verdankt man der Kölner Rennlegende Erwin Kremer, der auf einem Campingstuhl in der Ecke sitzt und freien Blick auf seinen bildschönen 935 K3 mit Jägermeister-Lackierung hat. Doch wir wollen nicht zu streng sein. Das Porsche-Museum hat immerhin den GT1 98 mitgebracht, Porsches letzten Le-Mans-Sieger von 1998.

Nur wenige Meter weiter bietet das Unternehmen EZ elektrische Servolenkungen für den 911 an. Die Einheit wird vorn "im Schmuggelfach" verbaut, verkündet man stolz. Ja hat die Branche denn keinen Funken Ehre mehr im Leib? Kaufen das die Typen, die lauthals trompeten, dass Elfer-Fahrer noch echte Kerle waren, der 996 ein Auto für Weicheier und Wasserkühlung des Teufels ist? Da neigt man ja glatt dazu, der miesen Replika des Mille Miglia-SLR von Stirling Moss mit viel zu breiter Spur mildernde Umstände zu geben. Und was ist mit dem restaurierten Austin Healey 3000, dem der Verkäufer auf dem Pappschild attestiert: "fährt sich perfekt"? Das wäre ja der erste.

S-Klasse vom Schah von Persien

Garantiert echt dagegen ist laut Behrus Akbari die schwarze S-Klasse gegenüber. Güldene Felgen künden von einer speziellen Auftragsarbeit, die einst 1976 vom Pariser Salon direkt in den Besitz des Schahs von Persien ging. Wie alle Diktatoren konnte Mohammad Reza Pahlavi ein Lied von undankbaren Untertanen singen, und so ging das Auto nach dem Putsch der Islamisten nach Monaco und nun nach Deutschland. "Wenn ich Geld bräuchte, könnte ich ihn für 50.000 Euro verkaufen", schwört Akbari, selbst Perser. Doch die Staatskarosse mit 6,9-Liter-V8, dem größten Mercedes-Motor der Nachkriegsgeschichte ist unverkäuflich. Vielleicht kaufen wir uns dann den Teppich, auf dem das Goldstück parkt. Ist das auch ein echter Perser? Kann der fliegen?

Für Menschen mit Flugzeugen im Bauch hat Britta Fiedler genau das richtige: Ihr perfekt restauriertes Adenauer-Cabrio kann man auch nicht kaufen, aber mieten. Das frisch gegründete Unternehmen Stars for Cars verleiht im Ruhrgebiet große Limousinen an Brautpaare. Einen der Daimler hat einst König Alfonso von Spanien gefahren. Der wurde 1923 vom Hof gejagt. Spanien bekam eine Militärdiktatur, das hatten sie dann davon.

Puppenfänger und Churchills Daimler

Zurück zu glücklicheren Tagen: 320 Euro für zwei Stunden mit Chauffeur, das ist doch auch für den Single mit Niveau ein reelles Angebot: Wär doch gelacht, wenn sich vor den Discos von Bottrop bis Wanne-Eickel nicht eine Braut finden ließe. Auf dem Planet Pütt nennt man solche Autos Puppenfänger.

Zugegeben, ein weißes Cabrio ist vielleicht ein bisschen dick aufgetragen. Für Freunde britischen Understatements bietet die Messe das perfekte Stück: Der Daimler DB 18 DHC mit einer Karosserie von Carlton Carriage in London holt zwar aus zweieinhalb Litern nur 90 PS, aber dafür hat sich damit schon Sir Winston Churchill chauffieren lassen. 175 Riesen sind allerdings kein Pappenstiel. Aber was willst du machen in einer Welt, wo das Erfolgssymbol der bösen Krauts, die Churchill so vehement bekämpfte,  heute auch schon 18.000 Euro kostet. Immerhin hat der 65-Käfer in Topzustand aber auch erst 50.000 Kilometer auf dem Tacho.

Unter den royalen Preziosen hätten wir noch ein echtes Schnäppchen: Ein Packard Clipper, Baujahr 49, mit dem sich Königin Juliana der Niederlande fahren ließ. 24.500 Euro sind nicht zu viel für das blaue Gefährt mit dem schicken Schwan auf dem Kühler. Allerdings war es nicht die echte Juliana, sondern eine Schauspielerin, die das Leben der "Fahrradkönigin" darstellte.

Wenn wir also wieder bei den Fälschungen sind, dann aber bitte was mit Stil und Humor. Ein Auktionator bietet ein blaues Vespa-Gespann im Bugatti-Look an. 7.500 Euro sind doch fast geschenkt. Für die Preisbewussten empfehlen wir den Zeitschriftenstand mitten in der Halle. Der bietet die kompletten Motor-Klassik-Jahrgänge von 1998 bis heute. Was ist denn die teuerste Ausgabe? "Jedes Heft für drei Euro", sagt der Verkäufer. "Das kann sich jeder leisten."