Goodwood Road Racing Club Members Meeting

Lord Extra

Lord March gibt keine Ruhe: Nach dem Festival of Speed und dem Goodwood Revival Meeting startete der 59-Jährige jetzt in Goodwood die dritte historische Veranstaltung – der rennbegeisterte Adlige lässt die lange Tradition der Clubrennen wieder aufleben.

Goodwood RRC, Impressionen Foto: Julien Mahiels 34 Bilder

Nach 48 Jahren trifft sich der Club wieder

Am 13. August 1966 fand zum letzten Mal ein solches Clubmeeting auf dem schnellen Goodwood Circuit in Südengland statt. Bis zu vier Veranstaltungen dieser Art wurden pro Saison auf der 1948 eröffneten Strecke abgehalten, die damals vom British Auto Racing Club (BARC) organisiert wurden. Jetzt lädt der 5500 Mitglieder starke Goodwood Road Racing Club (GRRC) ein. "Seit der Wiedereröffnung der Rennstrecke 1998 hatten wir die Idee, hier eine zweite Veranstaltung auszurichten", erklärt Lord March. Sein Berater, der weltweit bekannte Motorsport-Historiker Doug Nye, fügt hinzu: "Wir wollten allerdings vermeiden, dass eine Konkurrenz zum Revival Meeting entsteht."

Markenzeichen des GRRC Members' Meeting sind neben der äußerst entspannten Atmosphäre die Rennen und Demonstrationsläufe für jene Autos, die für das Revival zu jung sind. Dazu gehören die seriennahen Renntouren wagen, die in den 70er- und frühen 80er-Jahren in der britischen Tourenwagen-Meisterschaft eingesetzt wurden. Die Qualität der jüngsten Autos und Besatzungen, die jemals in einem Rennen auf der 3,8 Kilometer langen, schnellen Rennpiste eingesetzt wurde , entspricht ganz dem hohen Goodwood-Standard. Der fünffache Le-Mans-Sieger Emanuele Pirro zum Beispiel teilt sich das Cockpit eines Ford Capri III 3.0 S von Gordon Spice mit Historic-Racer John Young. Zu den insgesamt zehn Renn-Capri mit dem rund 230 PS starken Essex-V6 gesellten sich wie einst die mächtigen Rover Vitesse.

Tourenwagen-Stars in Goodwood

Ganz so wie zu Beginn der 80er-Jahre, als der rund 290 PS starke Rover den bis dahin dominierenden Capri in der großen Klasse bis 3,5 Liter Hubraum den Rang ablief, endet auch das Hauptrennen um die Gerry Marshall Trophy: Chris Ward und Andy Smith gewinnen mit dem einst von Tom Walkinshaws Team entwickelten V8-Schlachtschiff vor dem roten Capri von Pirro/Young und Stuart Graham in dessen Chevrolet Camaro Z28 von 1972, den er sich mit Besitzer Nigel Garrett teilt.

Ebenfalls in dem Tourenwagenrennen startet Jochen Mass. Der Tourenwagen-Europameister von 1972, damals Ford-Werksfahrer, bestreitet das Rennen zusammen mit dem Engländer Simon Diffey in einem BMW 2002 ti. "Diese Autos kenne ich ja aus der Anfangszeit meiner Karriere", meint Mass, der allerdings mit den vorgeschriebenen profilierten Reifen hadert: "Wenn sie kalt sind, funktionieren sie zwar ganz gut, aber im warmen Zustand rutscht das Auto sehr stark."

Jochen Mass ist begeistert

Doch letztlich zählt für den Le-Mans-Sieger von 1989 vor der Platzierung die gute Atmosphäre: "Genau so muss ein Clubrennwochenende sein", schwärmt Mass. Neben den Einsätzen in zwei Rennen war der in Frankreich lebende Deutsche von Lord March zu einem der vier Teamkapitäne auserkoren worden. Als äußeres Erkennungszeichen trägt er wie seine drei Kollegen Emanuele Pirro, Andy Priaulx und Anthony Reid ein Jackett mit hellblauen und weißen Längsstreifen.

Diese Spaßwertung entscheidet die Mannschaft von Anthony Reid vor der Truppe von Mass für sich. Der ehemalige Top-Pilot in der Britischen Tourenwagen- Meisterschaft ist wie kein zweiter Fahrer mit der Rennstrecke in Südengland verbunden: Als Nachwuchsfahrer arbeitete der heute 54-Jährige für ein Formel-Ford- Team, das direkt an der Strecke beheimatet war. "Ich nutzte damals jede sich bietende Gelegenheit, um auf der Strecke zu testen", erinnert er sich.

Bugatti-Markenrennen

Zum eigenen Charakter des 72. Members' Meetings von Goodwood gehört auch ein exklusives Bugatti-Markenrennen mit Autos aus den 20er- und 30er-Jahren. 25 Wagen mit Hufeisenkühler füllen das Starterfeld. Ein solches Gipfeltreffen für die überwiegend blauen Renner aus Molsheim hat es auf einer Rennstrecke wahrscheinlich noch nie gegeben. Als überlegen schnellstes Auto erweist sich der 35B von 1927 aus der Sammlung von Nick Mason - einer der ersten in Serie gebauten Rennwagen.

Der eindrucksvollste Bugatti ist allerdings ein mächtiger T57G "Tank", wie ihn Jean Pierre Wimille und Roger Benoist bei ihrem Gesamtsieg 1937 im 24-Stunden- Rennen von Le Mans fuhren. Insgesamt könnten sicherlich viele der rund 450 historischen Rennwagen auch beim Revival Meeting im September eingesetzt werden, für das Clubmeeting aber stellte die Mannschaft von Lord March andere Starterfelder als beim Revival zusammen.

So gesellen sich zum Beispiel Formel-3-Monoposto der Einliter-Ära zu den Formel-1- und Formel-2-Autos aus den Jahren 1960 bis 1965. In diesem Feld schlägt sich Max Blees mit seinem Brabham Formel 3 von 1965 prächtig. Der Aachener ist einer der wenigen deutschen Starter beim Meeting des GRRC. Mit dem ursprünglich von einem Schweizer bei Bergrennen eingesetzten 105 PS starken BT 15 kämpft Blees um den vierten Platz hinter dem Führungstrio mit den stärkeren 1,5-Liter-Einsitzern aus der Königsklasse. Blees muss sich aber nach einem Dreher mit dem fünften Platz begnügen.

Erfolg für Aston Martin

Wie Max Blees und Jochen Mass genießt auch Aston-Martin-Sammler Wolfgang Friedrichs die entspannte Stimmung und münzt die Lockerheit in einen erneuten Erfolg für die englische Sportwagenmarke um. Gemeinsam mit Simon Hadfield gewinnt der Deutsche in seinem DB4 GT von 1961 das Ein-Stunden-Rennen für geschlossene Sportwagen, die zwischen 1959 und 1962 in Goodwood eingesetzt wurden. Beim Revival 2013 hatte das schnelle deutsch-englische Team im prestigeträchtigen Tourist-Trophy- Rennen für den ersten Aston-Martin-Erfolg auf der südenglischen Strecke gesorgt.

Im Gegensatz zum Revival im vergangenen Jahr, als Simon Hadfield den Aston Martin im strömenden Regen souverän ins Ziel fuhr, muss das Team jetzt bis zur Zielflagge hart kämpfen. Ein skurril aussehender Lotus mit geschlossener "Breadvan"- Karosserie macht dem DB4 GT bis in die letzte Runde das Leben schwer. Aber letztlich rettet Hadfield einen Vorsprung von einer halben Sekunde über die Ziellinie. Auch beim Lotus-Team ist der Jubel groß: "Das Auto war seit 50 Jahren zum ersten Mal wieder auf einer Rennstrecke im Einsatz", erzählt Graham Capel, der Erbauer des zweitplatzierten Eleven GT, voller Begeisterung. Das ist der typische Stoff, aus dem Geschichten von Goodwood sind.

Ergebnis des 72. Goodwood Road Racing Club Members Meeting

ausgetragen am 28. bis 30. März 2014 auf dem Goodwood Circuit (3,81 km)

Tourenwagen 1972 bis 1981

  1. Ward/Smith (GB/GB) auf Rover 3500 SD1 (1980)

Formel Junior bis 1960

  1. Will Mitcham (GB) auf U2 Mk 2-Ford (1960)

Geschlossene Sportwagen bis 1962

  1. Friedrichs/Hadfield (D/GB) auf Aston Martin DB4 GT (1961)

Produktionssportwagen 50er-Jahre

  1. Andy Shepherd (GB) auf AC Ace Bristol (1957)

Tourenwagen 1959 bis 1963

  1. Nick Swift (GB) auf Mini Cooper S 1275 (1963)

Formel 1, 2 und 3 1960 bis 1965

  1. Sam Wilson (GB) auf Cooper-Ford T 71/73 (1964)

Bugatti-Markenlauf

  1. Charles Knill-Jones (GB) auf Bugatti T35B(1927)

Rennsportwagen 1948 bis 1955

  1. Geraint Owen (GB) auf Kurtis 500S (1954)

Sport-Prototypen 1963 bis 1966

  1. Chris Goodwin (GB) auf McLaren M1B Chevrolet (1966)

Formel 1 1954 bis 1960

  1. Gary Pearson (GB) auf BRM P25 (1958)

Rennsportwagen 1955 bis 1960

  1. Andrew Smith (GB) auf Lister "Knobbly"-Chevy (1958)

Alle Ergebnisse unter www.goodwood.co.uk