Opel Calibra 2.0i und Ford Probe 24V Fahrbericht

Flott vor Schrott

Opel Calibra und Ford Probe sind natürlich kein Fall für die Presse. Doch wenn die Vorfahren Manta und Capri heißen, müssen sich die beiden mächtig ins Zeug legen, um aufzufallen. Eine Annäherung.

Opel Calibra 2.0i, Ford Probe 24V, Michael Schröder Foto: Hardy Mutschler 12 Bilder

Opel Calibra und Ford Probe können einem fast schon leid tun. Niemand dreht sich nach ihnen um, nicht einmal ein anerkennendes Nicken zur Aufmunterung während des Fotoshootings auf dem Gelände eines gut besuchten Schrottplatzes. Anders als ihre etablierten Vorgänger Manta und Capri müssen sich der Calibra und der Probe ganz offensichtlich noch immer freischwimmen vom Ballast ihrer Vergangenheit: Der Opel vom Klischee einer Bastelbude für Tuning-Experimente, der Ford vom Stigma, kein waschechter Mustang- Enkel zu sein, sondern nur der Zwillingsbruder eines Mazda MX-6.


Ford Probe mit Mazda MX-6 nahezu baugleich

Solche Altlasten drücken natürlich auf den Preis. Degradieren Opel Calibra und Ford Probe, die einst angetreten waren, um das Image ihrer Hersteller weiter auf sportlich zu trimmen, fast schon automatisch zu kaum noch schützenswerten Kandidaten, zu günstig geschossenen Winterautos, zu Crash-Test-Dummies. Fahren und nach Gebrauch entsorgen, sozusagen die maximale Demütigung. Aber soweit wird es heute nicht kommen. Der Schrottplatz – in diesem Fall eine Kulisse mit eindeutiger Symbolik: zu schade für den Schredder!

Tatsächlich macht die Begegnung mit den beiden Großserien-Coupés Ford Probe und Opel Calibra weit mehr Laune als anfangs gedacht. Der zweite Aufguss des Ford Probe könnte zumindest optisch fast schon als geschrumpfter 8er-BMW durchgehen. Mit Klappscheinwerfern und schmalen Kühlluftnüstern in der flachen Front, hinter der in der angetretenen GT-Version wahrhaftig ein 2,5 Liter- Sechszylinder Platz gefunden hat. Dessen Eckdaten gefallen auf Anhieb: 163 PS, 24 Ventile und zwei obenliegende Nockenwellen.

Allerdings stammt die gesamte Antriebseinheit der Ford Probe inklusive Getriebe und Vorderachse komplett aus dem nahezu baugleichen Mazda MX-6. Selbst den Geburtsort teilen sich der Ford und sein japanischer Bruder: Flat Rock, Michigan, Standort des ersten Mazda-Werks in den USA. Waschechte Marken-Fans tröstet es da wenig, dass zumindest das Blechkleid im kalifornischen Ford-Designstudio entstanden ist. Aber selbst die modifizierte Form der zweiten Probe-Ausgabe (1993 bis 1998) kommt nicht wirklich gut an. Von beiden Versionen finden hierzulande nur rund 10.000 Exemplare einen Abnehmer.

Calibra schlägt fast ein wie eine Bombe

Der Opel Calibra hingegen trifft voll den Zeitgeschmack der Neunziger, verkauft sich über 100.000 Mal. Wohl auch, weil er technisch gesehen eben ein echter Opel ist: Der 2,0-Liter-Vierzylinder aus dem Fotomodell fand bereits in Kadett, Vectra und Omega Verwendung. Der Zweiventiler leistet 115 PS und markiert die Basis-Motorisierung der 1989 eingeführten Calibra- Baureihe.

Viel zu wenig Power, könnte man jetzt angesichts der sportlichen Coupé-Optik des Opel Calibra meinen. Die schlanke Hülle mit der flachen Schnauze und den schmalen Lichtschlitzen wartet offensichtlich nur darauf, hämisch grinsend unter dem Fahrtwind hindurchzuflutschen. Wer so aussieht, weckt ganz bestimmte Erwartungen und sollte demnach über ein Mindestmaß an Leistung verfügen. Dass jedoch selbst ein auf dem Papier schwächlich anmutender Basis-Calibra nicht zuletzt wegen des rekordverdächtigen cw-Wertes von 0,26 bereits echte 209 Sachen rennt, mussten selbst stärkere Konkurrenten erst einmal verdauen.

Calibra-Basismodell hat 70 % Verkaufsanteil

Den hauptsächlich jüngeren Opel Calibra-Fans scheint diese Performance vollauf zu genügen: Mit einem Verkaufsanteil von insgesamt rund 70 Prozent markiert der brave 2.0i den Bestseller im Calibra-Aufgebot. Das 34.850 Mark teure Basis-Modell verfügt zudem bereits über Leichtmetallräder, getönte Scheiben und elektrisch verstellbare Außenspiegel.

Für die 35 PS stärkere 16V-Version des Opel Calibra wäre hingegen ein Aufgeld von 5.900 Mark fällig gewesen, doch angesichts der bereits gebotenen Fahrleistungen erscheint diese zusätzliche Investition vielen ganz offensichtlich als nicht zwingend erforderlich.

Preislich spielt der knapp 50 PS stärkere Ford erwartungsgemäß in einer anderen Liga. 44.450 Mark fordern die Händler für das 220 km/h schnelle Sechszylinder-Coupé, das mit Colorverglasung, elektrisch bedienbaren Fensterhebern sowie einer Zentralverriegelung bereits serienmäßig recht komplett ausgestattet ist.

Calibra bietet reichlich Platz

Die Bilder sind im Kasten, somit endlich freie Fahrt für die beiden Coupés. Bedienungsanleitungen? Überflüssig. Die Instrumente des Opel Calibra stammen aus dem Vectra, sind demnach also allgemeinverständlich. Tacho und Drehzahlmesser liegen direkt im Blickfeld, die Sitzposition ist jedoch ein paar Millimeter tiefer als in der braven Limousine. Coupéhafte Enge herrscht jedoch weder vorne noch hinten.

Der Motor des Opel Calibra kommt recht schnell zur Sache, bereits bei 2.600 Touren liegt das maximale Drehmoment an. Oberhalb von 4.000 Umdrehungen legt der kernig klingende Vierzylinder noch einmal kurz nach, verführt mit seinem spritzigen Charakter geradezu zu häufigen Gangwechseln. Die fünfte Fahrstufe ist zudem als echter Fahr- und nicht als lang übersetzter Schongang ausgelegt. Dass der Calibra bei schneller Fahrt laut ist, die Lenkung in Kurven hohe Handkräfte erfordert und die Karosserie selbst im Neuzustand auf schlechter Strecke rappelte und schepperte, haben wir ihm natürlich längst verziehen. Weil er irgendwie noch immer großen Spaß bereitet.

Ford Probe mit ausgewogenem Fahrwerk

Der Ford Probe hingegen versprüht deutlich mehr Coupé-Feeling als der Opel. Das Cockpit und die Sitzposition wirken eine Nummer sportlicher, während die hintere Reihe bestenfalls für Kindersitze oder als Gepäckablage durchgeht. Der Sechszylinder schnurrt kaum hörbar, begeistert auf Anhieb durch seinen bärenstarken Antritt, obwohl das maximale Drehmoment laut Datenblatt erst bei 4.850 Umdrehungen anliegt. Die Lenkung des Ford Probe fühlt sich direkt und präzise an, und es scheint, als sei der Ford-Mannschaft bei der endgültigen Fahrwerksabstimmung einst ein recht guter Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichkeit gelungen.

Eigentlich schade, dass diesen beiden Burschen, Ford Probe und Opel Calibra inzwischen kaum noch jemand hinterher schaut. Sie hätten durchaus ein wenig mehr Anerkennung verdient.