Opel Speedster und Renault Sport Spider

Radikale Roadster auf dem Weg zum Klassiker

Die puristischen Roadster Opel Speedster und Renault Sport Spider sind seltene Juwele im Straßenbild – die nun erschwinglich werden: Mittlerweile haben beide das Youngtimer-Alter und moderate Gebrauchtwagen-Preise erreicht. Höchste Zeit, um alte Erinnerungen mit ihnen aufzufrischen.

Opel Speedster, Renault Sport Spider, Frontansicht Foto: Hans-Dieter Seufert 17 Bilder

Die paar Jahre haben ihr erfrischendes Temperament nicht geschwächt, im Gegenteil, nach einem kurzen Fauchen laufen die beiden Roadster warm, um kurz darauf munter den Pass hinaufzujagen. Mit Bergen und Serpentinen hatten Opel Speedster und Renault Sport Spider von jeher leichteres Spiel als mit Verkaufshitlisten.

Fahrbarer Purismus ohne Verkaufserfolg

Opel Speedster und Renault Sport Spider war unter dem Aspekt von Bilanzen kein Erfolg beschieden. Wenn nur die Hälfte von denen, die den flachen Zweisitzern damals nachgeschaut haben, einen Kaufvertrag unterschrieben hätten, sähe das heute anders aus. So sind die beiden Zweisitzer seltene automobile Juwele geblieben. Emotionale Lebenszeichen der beiden Marken.

Fahrbarer Purismus aus dem Roadster-Bilderbuch – mit Alu-Chassis, Mittelmotor, Heckantrieb, Go-Kart-Lenkung. Und das Beste: Opel Speedster und Renault Sport Spider sind nun im Youngtimer-Alter, Renault Spider werden im Internet ab 27.000 Euro angeboten, Opel Speedster gibt es sogar schon ab 14.000 Euro.

Renault Sport Spider als Rennwagen für die Sport Elf Trophy

Der Renault Sport Spider war zuerst auf der Straße. 1994 gab Renault den Startschuss für das Projekt, nur 15 Monate und 4,5 Millionen Euro später erlangte der Zweisitzer die Serienreife. Seine Väter kamen aus den Abteilungen Renault Sport, Renault Design, des Alpine-Werks in Dieppe (dort lief er von Band) sowie des norwegischen Leichtmetall-Spezialisten Hydro-Aluminium. Renault hatte es nicht ohne Grund so eilig mit der Entwicklung: Im März 1995 präsentierte die Marke auf dem Automobilsalon in Genf den Renault Sport Spider als puren Rennwagen.

Er sollte die Spider Renault Sport Elf Trophy begründen, die erstmals am 5. Mai 1996 im Rahmenprogramm der Formel 1 von San Marino in Imola startete. Für die Rennen wurden 90 Modelle aufgebaut, von der Straßenversion entstanden bis 1999 genau 1.690 Exemplare, der größte Teil davon mit Frontscheibe – ein paar wenige Mutige verzichteten darauf.

Auf Lotus Elise-Basis wird Opel Speedster auch als Vauxhall VX220 gebaut

Opel ging es mit dem Speedster kalkulierter an. Aus Kostengründen sollte der Roadster eine vorhandene Plattform nutzen. Und welche kommt da in Frage? Richtig, die des Lotus Elise.

Von Sommer 2000 an wurde der Opel Speedster im englischen Hethel zusammengebaut und trug werksintern die Bezeichnung Type 116. Auch die britische Opel-Schwester Vauxhall partizipierte und verkaufte den flachen Zweisitzer als VX 220. Um die Serienproduktion rentabel zu gestalten, waren 10.000 Autos geplant. Nach 7.996 Exemplaren ließ die Nachfrage jedoch so stark nach, dass die Fertigung am 21. Juli 2005 eingestellt wurde. Elise hatte gewonnen.

Fahrleistungen des Renault Sport Spider enttäuschen

Zeitsprung in die Gegenwart. Über den Alpen liegt der Altweibersommer, die vielen Kühe träumen das letzte Mal auf den Wiesen, die Straßen sind noch frei von Schnee. Nachdem der Renault Sport Spider und der Opel Speedster die ersten Pässe erklommen haben, pausieren sie knisternd vor einer Berghütte und genießen die Aussicht.

Wenn man genau hinhört, schnauft der Renault Sport Spider etwas lauter. Sein Motor stammt aus dem starken Clio Williams der Neunziger, ein Zweiliter-Vierzylinder mit 150 PS. Renault hatte den Motor überarbeitet, weshalb er im Spider bis zu 7.000 Umdrehungen hochjubelt. Was man dem Benziner nicht gesagt hatte ist, dass er die 965 Kilogramm Leergewicht auch aus niedrigen Touren sportlich anschieben soll. Genügen dafür 185 Nm?

965 Kilogramm? Die Franzosen waren beim Einsatz von Alu und Kunststoff rückblickend vielleicht etwas zu großzügig gewesen: Unter der 20 mm dicken Kunststoff-Karosserie aus Polypropylen versteckt sich ein Gitterrohrrahmen-Chassis aus drei Millimeter dicken Aluminiumprofilen. Angesicht dieser Fakten ist die Beschleunigung – Standardsprint: 6,9 Sekunden (mit Windschutzscheibe 7,1 Sekunden!) -, gegenüber der Brillanz des Auftritts geradezu lächerlich.

Denn wo der 1,25 Meter flache Keil auch auftaucht, er befindet sich im Sucher von Handykameras. Einige Zeitgenossen wollen in ihm sogar einen neuen Elektroroadster aus Kalifornien entdecken.

Opel Speedster mit heftigem Turbo-Bumms

Der Opel Speedster wird dagegen sogar auf dem Pass als solcher sofort erkannt, was an der deutlich höheren Stückzahl liegen muss. Im Vergleich zum Spider bot Opel den Zweisitzer mit zwei Motorisierungen an: einem 2,2-Liter-Vierzylinder-Sauger mit 147 PS sowie ab 2003 mit einem 2.0-Turbo (200 PS). Wir führen die aufgeladene Version aus, was den spürbaren Vorteil beim Beschleunigen erklärt.

Der ebenfalls nicht ganz leichte Opel Speedster Turbo – Karosserie aus GFK, Chassis aus Aluminium, Leergewicht 930 Kilogramm – knackt Tempo 100 in 4,9 Sekunden. Nachteil der Show: Sein Turboschub setzt spontan ein und stört die Harmonie beim Hochdrehen. Wer also nicht auf den klassischen Turbobumms steht, wird die Saugerversion schätzen – oder den Sport Spider von Renault.

Beide Roadster fühlen sich nach Go-Kart an

Thema Sitzkomfort: Das Erreichen der Fahrersitze von Renault Sport Spider und Opel Speedster kann mitunter zur schwerwiegenden Aufgabe werden, am besten funktioniert: In den Wagen hineingleiten und sich hinter dem Lenkrad möglichst elegant und Platz sparend hinkauern. Einmal angekommen, fühlt sich alles nach Go-Kart an. Lenkung und Bremsen reagieren äußerst direkt, Federung und Ausstattung sind so gut wie nicht vorhanden. Wer auf spontane Lenkbewegungen steht, sollte in beiden Modellen Vorsicht walten lassen, denn ab einem gewissen Punkt reagieren sie so, wie Mittelmotor-Sportler eben reagieren: schnippisch, launisch, unberechenbar.

Die Ausstattung ist schnell abgehandelt: Im Renault Sport Spider kann die Pedalerie verstellt werden, im Opel Speedster der Radiosender. Beide Modelle schützen serienmäßig mit einem Fahrerairbag, der Speedster besitzt ABS. Das war's im Groben. Die Innenraumtemperatur ist so lange konstant mit der Außentemperatur, bis die Motoren eine Weile gelaufen sind und dann schön von hinten wärmen wie ein Kachelofen – auch im Sommer. Um den Renault Sport Spider vor Regen zu schützen, gibt es nur eine Persenning zum Einklipsen auf Türhöhe. Opel spendierte dem Speedster serienmäßig ein leichtes Verdeck, das zu 99 Prozent wasserdicht ist – sowie gegen Aufpreis ein Hardtop aus GFK.

Zeit für den Kauf ist gekommen

Während unserer Tour huschten Renault Sport Spider und Opel Speedster über leere Sträßchen, wedelten durch Kurven und Kehren. Dabei spalten Spider wie Speedster die Fahrer in zwei Lager: Jene, die solche kargen Spielzeuge so lange cool finden, bis sie zum ersten Mal eingestiegen sind und einen Gullydeckel falsch getroffen haben – und jene, die die Ideallinie von selbst finden und Fahrspaß nicht mit Komfort verwechseln.

Sollten Sie zu letzterer Gruppe zählen und ein paar Euro übrig haben, ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, um so einen der beiden Radikal-Roadster zu erwerben. Der Opel Speedster ist nicht ganz so selten, dafür fast schon unverschämt preiswert. Der Renault Sport Spider ist seltener und auffälliger – und doppelt so teuer. Wertvoll sind sie beide, denn Spaß ist unbezahlbar.