Porsche 911-Typenberatung

Einstiegsklasse beim Elfer

Die erschwinglichen Porsche 911: Schnäppchenpreise sind bei Elfern in gutem Zustand längst passé, selbst Fehlfarben oder Sportomatic bringen wenig Nachlass. Doch es bleiben noch ein paar Modelle übrig, die nicht alle toll finden.

Porsche 911 S, Heck Foto: Hardy Mutschler 7 Bilder

Es gibt keine billigen Porsche 911 in gutem Zustand, dies einmal vorweg. Es gibt nur begehrte und weniger begehrte Modelle. Auf dieser Skala, die naturgemäß ein Carrera RS 2.7 anführt und ihre größte Dichte mit den F-Modellen so um die 50.000 bis 70.000 Euro hat, findet man weit unten die Geheimtipps: Die relativ schwachen 2,7er-911 und 911 S mit 150 bis 175 PS von 1974 bis 1977, die SC-Modelle und natürlich den 912 E.

In Elferkreisen ist alles möglich

Wollte man mit Gewalt den billigsten Elfer konfigurieren, sähe die fiktive Okkasion wohl so aus: Porsche 911 Coupé, Baujahr 1974, 2,7-Liter, 150 PS, Sportomatic in Cockneybraun oder Saharabeige mit ATS-Gussrädern (Cookie-Cutters) und beigem Kunstleder.

Preis in gutem Zustand, rostfrei, H-Zulassung, innen wohnlich, Motor sauber eingestellt und abgedichtet, maximal 20.000 Euro. Als unberührtes Ersthand-Original mit weit unter 100.000 deutschen kundendienst-behüteten Kilometern ruft selbst dieses Mauerblümchen wieder radikal-individualistisch veranlagte Porsche 911-Freaks auf den Plan, die auch dieses Kassengestell auf den Sammlerolymp heben. "Einmalig schöner Originalzustand in seltener Farbkombination" steht dann auf dem Preisschild mit der selbstbewussten Forderung von nun 40.000 Euro.

In Elferkreisen ist einfach alles möglich, vor allem bei den billigen, die ein hohes Risiko in Sachen Folgekosten bergen. Wer neuwagengewohnt auf Nummer Sicher gehen will, der greift am besten gleich zum späten 3,2-Liter-Carrera mit G-Kat und optimiertem G 50-Getriebe ab August 1986 und zahlt 40.000 Euro. Die Porsche 911-typische Stehbolzen-und Steuerkettenproblematik hat der 3,2-Liter-Motor am besten im Griff.

Vorsicht bei US-Importen

Wer es lieber phantasievoller möchte, für den ist ein schlankes, frühes 2,7-Liter-G-Modell mit feinem Chromzierrat um Scheinwerfer und Fensterrahmen oder mit gebürstetem Edelstahl-Targabügel die charmantere Alternative. Doch Vorsicht, gerade diese Porsche 911 tummeln sich gern in der Hochrisiko-Preisklasse bis 15.000 Euro.

In diesem Bereich lauern US-Spachtelhütten, geradegebogene Unfall-Elfer mit rauchenden, undichten Motoren, fiese G-Modell-Umbauten einst stolzer 2,4-Liter und marode Porsche 911 Targa mit sonnengegerbtem Interieur. Merke: US-Import bedeutet nur selten wirklich rostfrei, und selbst eine gebrauchte Innenausstattung kostet mindestens 5.000 Euro. Karosseriedichtungen etwa werden, wie andere Ersatzteile auch, am Porsche-Tresen mit Gold aufgewogen.

Ein guter Porsche 911, selbst ein 2,7-Liter der Sorte Mauerblümchen, kostet im Zustand 3 plus zwischen 25.000 und 30.000 Euro. Ulrich Fischer, Gründer und Inhaber von Fischer Oldtimer in Leverkusen, hat sich seit 1996 auf klassische Porsche spezialisiert. Stets offeriert er ein halbes Dutzend Exemplare in dieser Einstiegs-Preisklasse. Darunter vor allem die schwächeren 2,7-Liter-Modelle der frühen Faltenbalg-Jahre und die Dreiliter-SC-Typen mit 180 und 188 PS.

Magie des G-Modells

Ulrich Fischer räumt zwar ein, dass die 2,7-Liter wegen brüchiger Stehbolzen die problematischsten Elfer-Motoren sind, schätzt aber durchaus die frühe Epoche der G-Modelle bis 1976. „Die schlanke Karosserie mit verchromten Fensterrahmen und zeitgeistige 70er-Jahre-Farbkombinationen haben für mich einen speziellen Reiz. Ich finde die Autos schöner und ursprünglicher als den weniger charismatischen SC in der hinten breiteren Carrera-Form. Beim Rost muss man allerdings aufpassen, da lauern viele Fallen. Die Vollverzinkung gab es erst ab Modelljahr 1976, vorher waren nur wenige Karosseriepartien feuerverzinkt.“ Ulrich Fischer klärt auf, dass nicht alle 2,7-Liter-Faltenbalg-Modelle zu den günstigen Gelegenheiten im Elfer-Preissegment zählen. „Nehmen wir etwa den Carrera 2,7 als G-Modell, bis Baujahr 1976, der kostet in gutem Zustand bis zu 100 000 Euro, weil ihn der Hochleistungsmotor aus dem RS beflügelt. Der mit der mechanischen Stempel-Einspritzpumpe, keine K-Jetronic.“ Anders als viele Händlerkollegen, die sich auf klassische Porsche spezialisiert haben, kennt Fischer keine Berührungsängste beim Vierzylinder-Typ 912. „Die Autos sind nur halb so teuer wie ein vergleichbarer Sechszylinder. Wem die frühe Elfer-Form und das filigrane Interieur wichtiger sind als Leistung, kann viel Geld sparen. Der Höhenflug von Erstserien-Elfern wird künftig den 912 puschen.“ Der allzu angepasste 912 E findet bei ihm jedoch keine Gnade. „Ein VW-Bus-Motor in dieser überwältigenden Form, das geht gar nicht“, winkt er ab. Es gab den Boxer mit parallelen statt V-förmigen Ventilen immerhin auch im VW-Porsche 914 2.0. Ande Votteler, Porsche-Spezialist aus Balingen, mit seinem Sortiment eher bei gesuchten Sammler-Autos zu Hause, ist bei Elfer-Geheimtipps eher skeptisch. Er rät dazu, begehrte Modelle zu kaufen, statt Außenseiter: „Die Kosten für eine Motorrevison sind bei einem 911 T 2,2-Liter nicht höher als bei einem 75er 2,7-Liter mit 150 PS. Aber das Geld ist beim wertvolleren Modell weit besser angelegt.“ Vielleicht ist ein 911 SC der beste Kompromiss fürs kleine Budget – vollverzinkt, problemloser Dreiliter-Motor und trotzdem ein echter Elfer.
 

Der billigste Heckmotorporsche heisst 912 E
Passable Porsche 912 E im Zustand 3 kosten ab 12 000 Euro. Dafür gibt es einen Daily Driver mit H-Kennzeichen, frischer TÜV-Plakette und ohne Wartungsstau. Nun ist die Begehrlichkeit des 912 E noch gering. Er kann nicht wie der Vergaser-912 mit der hinreißenden Karosserie des Ur-Elfers punkten. Trotz wuchtiger Faltenbälge ist die zeitlos elegante Linie viel eher 912-E-Argument als der brave Stoßstangenmotor aus dem VW Porsche 914. Wenn Zustand und Preis stimmen, spricht nichts gegen das Experiment 912 E. Risiko, aber auch Spaß sind geringer als bei jedem 911.