Fussel-Tuner Peter Theobold im Porträt

Fussel-Alarm! Extrem-Tuning für Klassiker

Fusseln ist ein anderer Begriff für Tuning. Gefusselt sind Autos, die sich mit kleinen oder großen Veränderungen von der breiten Masse abheben. Ein Fürst des Fusselns ist Peter Theobold. Youngtimer zeigt seine Schätze.

Tuning-Busse, Peter Theobold Foto: Hardy Mutschler 34 Bilder

Peter Theobold alias Monsterbacke ist in VW-Kreisen ein bunter Hund und fast so schrill wie seine Autos. "Wenn ich nicht an meinen Autos basteln würde, dann würde ich mir heute die Seele aus dem Leib trommeln", sagt der Ex-Schlagzeuger. Das Fusseln von Autos ist sein Gleichgewicht zum Job, die Ergebnisse sind gelungene Werbeträger für seinen Sattlerei-Betrieb "Deco Haus". Deko ist Peters Stärke. Sogar der Seifenspender im Werkstatt-WC der etwa 160 Quadratmeter großen Halle ist mit einem karo-schwarzen Klebeband dekoriert. Gäste werden auf stylischen Kinostühlen platziert und mit Radler-Bier versorgt.

Buggy im Monsterbacken-Design

In den Schwerlastregalen sind automobile Zubehör-Köstlichkeiten verstaut, während zu Boden die Ergebnisse von Peters Kreativität auf eine Ausfahrt oder Fertigstellung warten. An der Wand lehnen Buggy-Bausätze, darunter steht ein noch geheimes Projekt. Dann erzählt Monsterbacke dem Gast, was dieser wissen möchte und blickt dabei verliebt auf seinen grünen Buggy. "Von dieser Karosserieform auf Käferbasis wurden nur drei Stück bei der Firma Bröcking in Remscheid gebaut", lernen wir. Für 1.100 "Mack" (DM) kaufte er die marode Kiste von einem Fähnchenhändler (zu Deutsch: Gebrauchtwagenverkäufer), nachdem sie jahrelang auf einer Tankstelle als Deko diente und schon damals Peters volle Aufmerksamkeit genoss.

Dass der Buggy nicht in restauriertem Originalzustand, sondern à la Monsterbacke in sein neues Dasein rollen würde, stand fest. Ein besonderes Gimmick des Oldies ist das mit Sky-Leder bezogene GFK-Hardtop. Wobei die richtige Bezeichnung "Carson Top" heißt. Dies steht für Dächer, die oben auseinandergehen. Einen Knalleffekt gibt es im Innenraum: Schrilles rotes Leder in Schlangen-Optik knallt dem Betrachter ins Auge. Peter mag es eben etwas deftiger. "Es ist doch egal, womit man sein Geld verdient, Hauptsache es macht Spaß", unterstreicht er seine Tätigkeit als Sattler.

Fusseln muss nicht immer was kosten

Gern pimpt er Innenräume in Baby-Strauß oder Metall-Flake. Bevor Tierschützer nun erbost zum Hörer greifen: Ist alles nur Plastik! Wem das nun etwas zu schrill, schräg und verspielt ist, sei beruhigt. Peter weiß Originalität durchaus zu schätzen. Den Beweis bringt ein blauer Simca 1000 - erste Hand, original Fahrzeughöhe. Es muss nicht immer radikal sein.

Peter vertritt die Meinung: Ein Auto muss so sein, dass es einem selbst am besten gefällt. Schließlich schlägt man sich nicht für optische Nutznießer die Nächte um die Ohren, verbrät Schweißnähte und Geld, nur um es anderen recht zu machen. Die Sache mit den Moneten spielt beim Fusseln übrigens eine enorm große Rolle. Der Leitfaden ist, dass das Endprodukt möglichst aus einer Hand stammt.

Dinge, die man selbst nicht kann, übernehmen Leute im Tausch gegen eine andere Dienstleistung. "Jeder hat was zu tauschen, und jeder kann was besonders gut", unterstreicht Monsterbacke. Dass er in besonders vielen Geschicklichkeitsgraden bewandert ist, basiert auf langer Erfahrung.

Fussel-Tuning im Rahmen der STVO

Das Hobby begann mit Minis, aber das wirkliche Schrauben mit Vespas. Mit wenig Kleingeld in der zerfetzten Jeans brachte er es schon als Auszubildender zu beachtlichen Zweirad-Projekten. Ständiges Probieren und der Mut zu Neuem helfen ja nicht nur in Sachen Schrauberei weiter. Doch an einem darf es motivierten Nachahmern nicht fehlen - an der Neigung, auch die schrillste Kreativität straßentauglich umzusetzen. "Wenn ich eine Idee und richtig Lust habe, kann ich echt flott sein. Doch natürlich muss das Endprodukt auch der STVO entsprechen", resümiert Peter.

Der Umbau seines T2a auf Hot Wheels Optik ging in nur wenigen Wochen über die Bühne. Dicke Schlappen vom Buggy füllen die Radläufe, die Front hängt tief, das Heck wirkt optisch höher. Darin bollert ein Subaru-Motor und bringt Peter zügig zu seinem Einsatz-Ort. Und falls er dort länger verweilen wird, gibt es noch den passenden Anhänger. Die Monsterbacke-Fuhre ist ein Unikat, das im Gegenteil zu einem klassisch restaurierten VW Bulli nicht überall auf positive Resonanz stößt. Original-Fans werden beim Anblick der skurrilen Kiste böse Worte unterdrücken müssen.

Trabi im Fussel-Tuning-Look

Doch dass es auch viele Nachahmer mit eigenen Ideen gibt, zeigt Kumpel Dennis mit seinem Trabant. Der ist so gar nicht original und trotz mattem Lack ein Hingucker. Über den Fusselblog (www.fusselblog.de), den Peter zusammen mit dem Kollegen Bernd Frank 2004 gründete, wurde der Remscheider auf die besondere Art des Tunings aufmerksam. "Ich habe immer fleißig mitgelesen und fand die Sache sehr spannend", resümiert der Mitsubishi-Schrauber, der eigentlich eher auf glänzende PS-Boliden als auf lahme Herzensbrecher-Modelle abfährt.

Die Besonderheiten an seinem Ost-Gefährt sind die vielen kleinen Gimmicks. Die Motorhaube ist mit alter Zeitung geschmückt und anschließend klarlackiert. "Das Blatt habe ich im Fußraum meines anderen Trabbi gefunden, damit haben sie seinerzeit den Boden gedämmt." Die Sonnenschute gab's geschenkt, und wenn mal etwas kaputt geht, bedient man sich aus dem vorhandenen Sammelsurium, anstatt Unmengen in Neuteile zu investieren.

Besonders wichtig ist Dennis, dass er TÜV-gerecht unterwegs ist – auf Nachfrage kann er drei Fahrzeugschein- Beiblätter vorzeigen. Nun ist der Einbau eines großen Sonnendaches geplant. Noch sind sich Peter und Dennis nicht ganz einig, wie sie das Twingo-Dach mit dem Wiechers-Überollkäfig kombinieren können. Geht nicht - gibt's nicht. Schließlich gelang es Monsterbacke, in seinen VW Golf 1 ein Käferinstrumentenbrett einzubauen - da dürfte ein Dach kein enormes Hindernis darstellen.

Fertig ist man mit Fusseln fast nie

Womit wir schon beim nächsten erwähnenswerten Fahrmobil aus Peters Fuhrpark wären. Das war ursprünglich ein Ausstellungsstück für den VW-Zubehörshop Volkswarenhaus und war "ab Werk" getunt. "Der Oldschool-Stil ist momentan total gefragt, aber so richtig durchgezogen hat so ein Projekt noch niemand", erklärt er. Fertig ist man mit dem Umbau eines Autos bekanntlich ja nie. Fertig zu werden ist auch die große Schwierigkeit bei diesem Text, denn neben unglaublichen Fahrzeugen kann Monsterbacke eines besonders gut: Seine Zuhörer unterhalten - schräg, schrill, bunt und kultig.