Ring-Taxi - BMW M3 (E30)

Das schnellste Taxi auf dem Nürburgring

Das erste BMW M3-Ring-Taxi galt lange als verschollen, nun hat es der Sammler Andreas Kempa entdeckt und behutsam in den Originalzustand versetzt. Die erste Ausfahrt führte natürlich auf die Nürburgring-Nordschleife.

Youngtimer 0409 Heftvorschau Foto: Youngtimer 18 Bilder

Als BMW-Fan Andreas Kempa den BMW M3 entdeckte, hatten die vergangenen rund zwei Jahrzehnte deutliche Spuren hinterlassen: Fahrertür und ein Kotflügel waren verbeult, der Frontspoiler gerissen, der Lack stumpf und stellenweise abgeschabt. Das Fahrwerk zeigte sich ausgeleiert, der Motor zahnlos – einzig das Interieur hatte die Jahre gut überstanden und präsentierte sich weitgehend fleckenfrei. Erstaunlich eigentlich.

Jeder kann das Rennfeeling erleben – in BMW M3 und M5

„Eines kann ich bestätigen – mir hat nie einer ins Auto gespuckt“, sagt Michael Martini und grinst: „Ich habe immer rechtzeitig angehalten.“ Das war mitunter schon nach wenigen hundert Metern Nordschleife nötig. Damals, 1987, befand sich die Einfahrt für die Touristenfahrten noch an der Tribüne T13, es folgt also nach wenigen Metern eine scharfe Linkskurve, dann geht es runter zur Einfahrt Hatzenbach. „Da hat es den meisten Mitfahrern schon gereicht“, erzählt Martini.

An der Einfahrt zum Kurvengeschlängel reicht es den meisten BMW Ring-Taxi-Passagieren wohl auch noch heute, die in aktuellen, 507 PS starken M5 um die 20,8 Kilometer lange Eifelbahn chauffiert werden. In den Achtzigern aber war die Idee etwas ganz Neues: Normale Menschen gegen eine vergleichsweise geringe Gebühr (damals 75 Mark für drei Mitfahrer, heute 195 Euro, Anmeldungen unter Telefon 0 26 91/93 20 20) im Beinahe-Renntempo über die schönste und gefährlichste Rennstrecke der Welt zu kacheln.

Ausgedacht hatte sich das Ganze Michael Martinis Vater, der Tuner und Rennfahrer Willi Martini, zusammen mit der Nürburgring GmbH und BMW. Zuerst kam ein M5 der Baureihe E28 zum Einsatz, nach einem halben Jahr wurde auf den M3 gewechselt. „Der war damals ganz neu und ließ sich besser vermarkten“, erklärt Michael Martini.

Paul Rosche entwickelt einen alltagstauglichen Rennmotor für den BMW M3

Tatsächlich war dieser erste M3 aus der Baureihe E30 von Haus aus ein ganz großer Wurf und sollte sich nicht ohne Grund in den folgenden Jahren zum erfolgreichsten Renntourenwagen aller Zeiten entwickeln. Für den Antrieb griff BMW-Motorenpapst Paul Rosche zum bewährten Vierzylinderblock – der im Prinzip auch im bis zu 1.500 PS starken Formel 1 verwendet wurde -, und setzte darauf den um zwei Einheiten gekürzten Vierventil-Zylinderkopf des M1/M635. Aus 2,3 Liter Hubraum holte er alltagstaugliche 195 PS (200 PS ohne Katalysator), die Rennversionen hatten später (mit 2,5 Litern) bis zu 365 PS.

Beeindruckend ist bis heute das nutzbare Drehzahlband des großen Vierventil-Vierzylinders, das knapp über Leerlaufdrehzahl beginnt und erst bei 7.000 Touren endet - im Alltag lässt sich ein M3 schaltfauler fahren als der Konkurrent aus dem eigenen Hause, der sechszylindrige 325i. An den Motor schraubte Rosche ein eng gestuftes Fünfgang-Sportgetriebe (erster Gang hinten links), das Fahrwerk wurde verfeinert, die Kotflügel leicht ausgestellt und die Heckscheibe flacher angestellt.

Mit rund 62.000 Mark kostete der M3 rund 20.000 Mark mehr als ein fast gleich schneller 325i - die Kunden griffen dennoch zu: Mit knapp 18.000 Einheiten bis 1991 war der M3 auch finanziell für die BMW Motorsport GmbH ein voller Erfolg.

Serien-M3 begeistert auf der Rennstrecke die Taxi-Mitfahrer

„Das war damals ein tolles Auto. Und für die Leute war es als Ring-Taxi auch deshalb so beeindruckend, weil es ein Serienauto war – das ist bis heute so“, erklärt Michael Martini, der als Werkstattmeister im BMW-Testzentrum am Ring tätig ist. Zu rund 80 Prozent würde man als Taxidriver das Potenzial des Wagens nutzen, meint der 55-Jährige, gut eine halbe Minute unter dem Limit bleiben: „Das reicht, um die ungeheuren Kräfte zu spüren, wenn es einen in der Fuchsröhre zusammendrückt oder an der Quiddelbacher Höhe aus dem Sitz hebt und in die Gurte presst.“

Wie sich das anfühlt, weiß Andreas Kempa nur zu gut, schließlich ist der 40-jährige Techniker jahrelang mit einem 2002 auf der Nordschleife Rennen gefahren und besitzt bis heute eine Jahreskarte für die Eifelbahn. Möglicherweise saß er sogar einst im Ring-Taxi neben Martini, weil er sich einmal eine Mitfahrt gegönnt hat: „Ich kann mich nur nicht erinnern, in welchem Jahr“, sagt er.

BMW M3 mit deutlichen Spuren vom Taxi-Leben

Die Mitfahrt hatte BMW-Sammler Kempa jedenfalls längst vergessen, als er jüngst nach einem M3 suchte, in einer Anzeige fündig wurde und sich über die seltsame schwarz-weiß-karierte Lackierung am Heck wunderte. „Nachts wachte ich dann auf, blätterte in einem Buch über M-BMW und entdeckte ein Bild vom ersten M3-Renn-Taxi“, erzählt Kempa.

Ein Blick in den Kfz-Brief mit der BMW Motorsport GmbH als erstem Halter sowie die Zulassung M-JP 6307 wischten schließlich letzte Zweifel beiseite. „Allerdings war der Wagen nach mehreren Besitzerwechseln in einem traurigen Zustand, hatte aber nur 114.000 Kilometer gelaufen“, sagt Kempa. Der vordere Bereich verlangte nach einigen Karosseriearbeiten und einer Neulackierung, die markante Flagge am Heck aber konnte der Rheinländer mit Lackstift und Ausbessern im Originalzustand retten. Mit frischem Öl und Service lief auch der Vierventiler bald wieder ordentlich, das Fahrwerk wurde im Prinzip runderneuert. Nun kann Nordschleifen-Kenner Kempa seinen Glückstreffer wieder auf dem Nürburgring fliegen lassen wie einst Michael Martini.

Eine Frage aber bleibt: „Nach meinem Exemplar gab es nochmals einen M3 als Ring-Taxi, doch von dem fehlt bis heute jede Spur“, sagt Andreas Kempa. Falls sich also ein M3-Besitzer über das seltsame Flaggendesign am Heck wundert, sollte er vielleicht mal die Historie seines Wagens ergründen.