So testet Porsche Klassiker-Reifen

Die besten Reifen für Ihren Porsche

Als einziger Autohersteller betreibt Porsche einen riesigen Aufwand, um für alle klassischen Modelle des Hauses Reifenempfehlungen geben zu können. Ein Blick hinter die Kulissen des Testprogramms legt nahe, diesen Empfehlungen zu folgen. Erst dann ist ein Porsche wirklich perfekt.

Reifentest Porsche in Motor Klassik 10/2014 Foto: Uli Jooß 28 Bilder

Die Besitzer klassischer Porsche genießen ein Privileg, von dem viele gar nichts wissen oder dessen Bedeutung vielen nicht bewusst ist. Die Rede ist von Reifenempfehlungen auf der Porsche-WeAdresse angeben?bsite (Menüpunkt Service), die nicht mal eben so am Schreibtisch zusammengestellt, sondern in aufwendigen Tests erarbeitet werden.

Und das geschieht immer wieder aufs Neue wie im Juli 2014, als Hunderte von Reifen diverser Hersteller, verschiedene Felgen und natürlich etliche historische Porsche ins Contidrom nördlich von Hannover gekarrt wurden. Schon allein die Beschaffung der Autos ist oft schwierig, denn nicht immer steht im Museums- oder Porsche-Classic-Fuhrpark gerade das passende Modell parat. Die benötigten Testwagen müssen in jedem Fall technisch in Ordnung sein, denn mit ihnen wird nicht spazieren gefahren.

Dieter Röscheisen, seit 1976 bei Porsche und seit rund 25 Jahren Reifentester, beginnt den Testtag mit einem 356 B Super 90. Er scheucht ihn drei Runden über den exakt 1835 Meter langen Nasshandlingkurs. Der Tester fährt einen sauberen Strich, kein Blockieren der Räder beim Anbremsen, kein Ausbrechen des Hecks in den Kurven – perfekt. „In diesem ersten Durchgang ist ein uns bekannter und von uns empfohlener Reifen montiert, der als Referenz dient und sozusagen die Höhe der Messlatte vorgibt“, erklärt Röscheisen.

Viele Bewertungskriterien

Die Höhe der Messlatte, das sind in diesem Fall die erzielten Rundenzeiten und die Bewertung zahlreicher Kriterien, die Rösch-
eisen längst alle im Blut hat, ohne darüber groß nachzudenken. Drei schnelle Runden werden gemessen. „Die versuche ich möglichst gleichmäßig mit zwei bis drei Zehntel Sekunden Abweichung zu fahren, die Einführungs- und Auslaufrunde dient für spezielle Manöver, um etwa Lastwechselreaktionen zu prüfen“, erklärt der Testfahrer.

Nach diesem Durchgang eilt er sofort an den Computer in seinem Büro und gibt neben der gemessenen Zeit die subjektiv ermittelten Noten zu Lenkpräzision, Seitenführung, Übersteuertendenz und etlichen anderen Kriterien ein.

„Haftungsabriss erfolgt abrupt“

In der Zwischenzeit hat ein Mechanikerteam Reifen eines anderen Herstellers aufgezogen. Röscheisen geht wieder auf die Strecke und kehrt unzufrieden von diesem Durchgang zurück. Die ermittelten Zeiten waren mehrere Sekunden schlechter, und in der in Worten gefassten Bewertung, die stets das Notenschema ergänzt, wird unter anderem zu lesen sein: „Sobald etwas mehr Wasser auf der Fahrbahn steht, schwimmt die Vorderachse auf.“ Und weiter: „Der Haftungsabriss an der Hinterachse erfolgt teilweise sehr abrupt, der Normalfahrer wird damit Probleme haben.“

Letzteres ist ein Killerkriterium. Porsche möchte seinen Kunden Reifen empfehlen, mit denen sie schnell und sicher fahren können. Zwar werden die benoteten Kriterien unterschiedlich gewichtet, doch manchmal erscheint am Ende trotzdem eine noch vertretbare Gesamtnote. Versagt aber der Reifen in einer für Porsche wichtigen Disziplin wie etwa dem Übergangsverhalten, sprich, kommt es zu einem völlig überraschenden Verlust der Haftung in der Kurve, wird dieser Reifen grundsätzlich als nicht empfehlenswert ausgewiesen.

Porsche adelt die Reifen mit einem „N“

Dann bleibt ihm der Buchstabe N auf der Flanke verwehrt, den alle von Porsche empfohlenen Reifen tragen. Die Zahl neben dem N signalisiert übrigens die jeweilige Entwicklungsstufe des Reifens. In diesem Jahr geht es bei etlichen Reifen um einen Zähler nach oben, „weil umfangreiche Änderungen aufgrund neuer, ab November gültiger gesetzlicher Mindestanforderungen bezüglich Rollwiderstand, Geräusch und Nässeverhalten nötig waren“, sagt Uwe Kachel, Manager Automotive Engineering bei Continental.

Doch die weiterentwickelten Reifen erhalten nicht automatisch eine neue Freigabe, sondern werden zuvor erst von Porsche getestet. Und das nicht nur auf dem Nasshandlingkurs. Auch ein Trockenhandlingkurs gehört zum Testprogramm, auf dem unter anderem so wichtige Manöver wie plötzliches Ausweichen vor einem Hindernis oder zu schnelles Einfahren in eine Autobahnausfahrt simuliert werden.

Sicherheit hat Vorrang

Genau bei diesem Spurwechsel bei hoher Geschwindigkeit trennt sich oft die Spreu vom Weizen. Röscheisen weiß von Winterreifen zu berichten, die in Tests diverser Fachmagazine glänzend abschnitten, aber keine Freigabe von Porsche für den 911 erhielten, weil sie bei dieser Übung versagten. „Der Wagen war in dieser Situation für den Normalfahrer nicht mehr zu beherrschen.“

Der 911 mit seiner hohen Achslast hinten und speziell, wenn er mit unterschiedlich breiten Reifen vorne und hinten ausgerüstet ist, taugt nicht für die übliche Regalware und verlangt Sonderlösungen. „Vorder- und Hinterachse müssen im Handling gut aufeinander abgestimmt sein“, erläutert Kachel die Herausforderung für den Reifenhersteller. Übrigens, hat ein Hersteller Reifen der gleichen Größe mit N- und ohne N-Kennung im Programm, so unterscheiden sich diese deutlich voneinander.

Bis das üppige Testprogramm mit allen Reifen und allen Fahrzeugen vorüber ist, dauert es oft mehrere Wochen. Anschließend erfolgt die Auswertung der Ergebnisse und die Aktualisierung der bisherigen Reifenempfehlungen. Für Besitzer klassischer Porsche ist diese Liste Gold wert, sie zu nutzen ist zudem kostenlos.

Von Porsche empfohlene Reifen

Im N auf der Reifenflanke steckt viel Entwicklungsaufwand der Reifenhersteller. Seit Aufhebung der Markenbindung darf ein Porsche auch auf anderen Reifen rollen. Wer weiß, wie schlecht manche davon mit einem Porsche harmonieren, orientiert sich lieber an den Empfehlungen – speziell wenn er schnell und sicher fahren will.

Porsche 911 bis 1968

  • 185/70 R15 89W Felgen 6Jx15, Pirelli P 6000 N2
  • vorne 185/70 R15 89W, hinten 215/60 R15 94W Felgen 6Jx15/7J x 15, Pirelli P 6000 N2,
  • 195/65 R15 91W Felgen 6Jx15, Pirelli P 6000 N2
  • vorne 195/65 R15 91W, hinten 215/60 R15 94W Felgen 6Jx15/7Jx15, Pirelli P 6000 N2

Porsche 911 ab 1969

  • vorne 205/55 ZR16, hinten 205/55 ZR16 Felgen 6Jx16/7Jx16, Continental Conti SportContact N2 oder Michelin Pilot Exalto PE2 N0
  • vorne 205/55 ZR16, hinten 225/50 ZR16 Felgen 6Jx16/7Jx16, vorne Continental Conti SportContact N2 oder Michelin Pilot Exalto PE2 N0 oder Pirelli P Zero Direzionale N3, hinten Continental Conti SportContact N2 oder Michelin Pilot Exalto PE2 N0 oder Pirelli P Zero Asimmetrico N3

Die komplette Liste mit allen von Porsche für sämtliche klassischen Porsche empfohlenen Reifen finden Sie auf www.motor-klassik.de/reifentest.