Toyota-Fan Martin Rammler

Schräger Japan-Vogel, selten wie ein Flügeltürer

Es gibt Autos, die es nicht ins kollektive Gedächtnis schaffen, weil sie einfach zu banal sind. Den Toyota Tercel haben wir vergessen. Schön, wenn sich trotzdem einer drum kümmert.

Garagen-Porträt Toyota Tercel Foto: Augustin 8 Bilder

Im Vergleich zum Toyota Tercel ist sogar ein Audi 80 spannend. Der zeitgenössische Konkurrent aus Ingolstadt brilliert immerhin mit einer von Giugiaro gezeichneten Karosserie, die vier Ringe sorgten schon damals für ein gehobenes Image, und wenn man wollte, konnte man es sich mit einem plüschigen GL innen so richtig gemütlich machen. Gemeinsam haben die beiden Endsiebziger außer der kompromisslos kantigen Karosserie im Stil der Zeit auch den Frontantrieb mit längs eingebauten Motor und die übliche McPherson-Vorderachse. Den Audi 80 Typ 81 gibt es dutzendfach bei mobile.de, ein Tercel erzielt keinen Treffer, nicht nur jetzt nicht, sondern nie. Ein Tercel ist selten wie ein Alu-Flügeltürer.

Reparaturen keine, Aufbereitung ja bitte!

Für Toyota-Freak Martin Rammler bedeutet die kleine Tercel-Zucht, bestehend aus dem facegelifteten 81er Urtyp L10 und seinem 84er-Schrägheck- Nachfolger L20, einen ungeheuren Glücksgriff. "Mir fehlt nur noch der Fourwheel-Lifestyle-Kombi Tercel Snow, aber den zu finden wird eine noch härtere Nuss", grinst Martin. Beide Autos, passenderweise in Silber und Gold, stammen aus behüteter Rentnerhand, Kilometerstand maximal so um die fünfzigtausend.

Reparaturen keine, Aufbereitung ja bitte! Martin, der Pflege-Fetischist, hat sie mit äußerster Hingabe gesupert. "Das mache ich gerne tagelang und mit allen Mitteln, erst wenn es dann glänzt wie eine Neulackierung, bin ich zufrieden." Das Falken-Pärchen Silber und Gold sieht aus wie im Toyota-Händler- Showroom von 1984. Selbst die Reifen zeigen tiefes, griffiges Profil.

Tercel ist englisch und heißt tatsächlich Wanderfalke. Der Wagen ist aus der Art geschlagen, weil er bei seinem Debüt 1978 der erste Frontantriebs-Toyota war. Vielleicht beginnt sein Name deshalb nicht mit dem weichen, weiblichen C wie Corolla, Carina, Celica, Cressida oder Crown. Oft gehen die Japaner eben seltsame Wege, nicht nur in Design und Technik.

Tercel mit aufwendiger Schräglenkerachse

Der spröde Tercel-Urtyp L10 hat nicht nur eine ungewöhnlich proportionierte "Rear Cab"-Karosserie mit überlanger Motorhaube und Stummelheck. Er bemüht an seiner Hinterhand eine aufwendige Schräglenkerachse, dagegen sieht der eingangs favorisierte Audi 80 plötzlich alt aus. Beim Motor herrscht wieder Einigkeit, ein OHC-Zahnriemen-Vierzylinder mit 1300 Kubik und 65 PS hat Ende der 70er längst Normcharakter.

Beide Triebwerke verzichten aber auf einen schlauen Querstromkopf, ein ungewöhnlicher Fehler. Hat da etwa Toyota von Audi abgeschrieben? Trotzdem waren beide in den Tests von auto motor und sport wahre Musterknaben. Der Tercel überzeugte auf der ganzen Linie, die typischen Schwachpunkte der Japaner, Komfort und Straßenlage, waren plötzlich keine mehr. Aber die konservative Form geriet zum Handicap, der Zweitürer kommt im Profil sogar echt gruselig.

Toyota MR2 war das erste Auto

Martin Rammler, der als Kind im Tercel seines Vaters mitfuhr, lässt sich aber nicht auf seine Falknerei reduzieren. Sein erstes eigenes Auto, den Mittelmotor-Sportwagen MR-2, hat er natürlich bis heute behalten. "MR-2 genügt nicht, das führt zu Missverständnissen. Es ist der Typ AW 11, Baujahr 86, Farbe Super Red 3E mit dem 16-Ventiler 4A-GE", sprüht es aus Martin ungebremst raus.

Er kennt die komplizierte interne Toyota-Nomenklatur so in- und auswendig wie normal verstrahlte Youngtimer- Freaks die Mercedes- oder BMW-Codes. "Vierzig Stunden Aufbereitung habe ich da reingesteckt, um ihn wieder wie neu hinzukriegen. Der Karosseriekit von Styleauto und die ARC-Aluräder sind Jugendsünden, aber von Toyota damals autorisiert."

Wer jetzt glaubt, Martin sei eindimensional, der irrt. "Auch andere Japaner haben schöne Töchter", findet er, etwa die feudale Mitsubishi- Sapporo-Limousine oder das 84er- Schlafaugen-Coupé Mazda 929, natürlich noch mit Hinterradantrieb. Beide passten perfekt in sein Beuteschema.

Ein Laurel wäre schön

Jetzt ist der goldene Tercel dran, der mit populärem Schrägheck und mit gefälliger Form, aber mit Längsmotor schwimmt er immer noch gegen den Strom. Die Hinterachse wich jetzt ohne Not, aber wohl aus konstruktivem Übermut, einer Doppel-Querlenker- Konstruktion wie beim ersten Frontantriebs- Escort.

"Light Topas heißt die Farbe, den habe ich aus der Südpfalz von einer betagten Oma, Automatikgetriebe, keine 40.000 auf der Uhr", kommentiert Martin nicht ganz ohne Stolz. Und wenn wir sagen, einer geht noch, was wäre es dann? "Ein Nissan Laurel 2.8 D SGL, Typ C32 in Dunkelblau". Und er sagt es so leidenschaftlich, als wünschte er sich einen Ferrari.