VW Käfer Última Edición im Fahrbericht

Der Letzte seiner Art

Im Jahr 2003 war Schluss mit der Krabbelei: VW stellte endgültig die Produktion des bis dahin noch in Mexiko gebauten Käfers ein – nicht ohne sich jedoch mit einer Sonderserie von den Fans zu verabschieden. Die letzten 3000 produzierten Fahrzeuge tragen stolz die Bezeichnung Última Edición und gelten in der Szene als geschätzte Sammlerstücke. Wir sind eines von ihnen gefahren.

VW Käfer Ultima Edicion, Frontansicht Foto: Arturo Rivas 16 Bilder

Jeder kennt ihn, und jeder liebt ihn. Weltweit gibt es kein Auto, welches auf gleiche Weise die Menschen bewegte und auf eine ähnlich beispiellose Geschichte zurückblicken kann wie der VW-Käfer. Mit der Sonderserie Última Edición endet im Jahr 2003 in Mexiko die Geschichte des kultigen Käfers endgültig und unwiderruflich. Er steht für Wirtschaftswunder, Aufstieg nach dem Fall und vor allem für die Verbreitung des Autofahrens.

Der Käfer – das statusfreie Automobil

Und natürlich wissen wir unzählige Geschichten über den VW Käfer, die uns von den Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten erzählt wurden. Das erste Auto, der erste Kuss, die erste große Urlaubsreise – für die einen steht der Käfer für eine Zeit, in der vieles anders und manches vielleicht sogar besser war.

Für die anderen mag der VW Käfer ein Nutzfahrzeug gewesen sein, ein mobiler Zeitgenosse für den Weg von A nach B. Doch am Ende kommen auch solche Besitzer nicht umhin, dem Käfer Respekt zu zollen: Kein Fahrzeug hat in der über 125-jährigen Geschichte des Automobils die Welt so nachhaltig beeinflusst wie dieses Modell. Es gilt als statusfreies Automobil für jedermann und entwickelte sich quasi über Nacht zum generationsübergreifenden Kultobjekt.

So jemanden lässt man nicht einfach sang- und klanglos sterben, mag man sich bei Volkswagen gedacht haben, als nach über 60 Jahren Produktionszeit und insgesamt 21.529.464 ausgelieferten Fahrzeugen eine letzte Sonderserie beschlossen wurde:
Im VW-Werk im mexikanischen Puebla entstehen 3.000 Käfer, die auf den Namen Última Edición (letzte Auflage) hören, erst danach ist dann endgültig Schluss. Das letzte Exemplar rollt am 30. Juli 2003 vom Band.

Spontane Kaufentscheidung in Puebla

Es mag ein Zufall gewesen sein, dass genau zu diesem Zeitpunkt der Besitzer des auf diesen Seiten vorgestellen Käfers, Kurt W. Liedtke, zu Gast im VW-Werk in Puebla ist und einen VW Käfer Última Edición erblickt. Erinnerungen an das erste Auto schießen dem Mann, damals Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH, durch den Kopf, und er beschließt noch an Ort und Stelle, sich wieder so ein Modell zuzulegen. Der Charme des Käfers – im Jahr 2003 so ungebrochen wie bei seiner Einführung 1938.

Eine VW-Werbung von 1962 bringt es schon damals treffend auf den Punkt: „Es gibt Formen, die man nicht verbessern kann.“ Die typischen, vertrauten Rundungen, die seit Generationen die käfertypische Formgebung prägen, lassen das Fahrzeug auf den ersten Blick vertraut erscheinen. Unterstützt wird dieser sympathische Auftritt von der freundlich wirkenden Lackierung in „Aquarius-Blue“, die exakt die Hälfte der letzten 3.000 Käfer aus der Última Edición ziert, während die andere Hälfte in „Harvest-Moonbeige“ lackiert ist.

Der letzte Käfer bekommt nochmals den ganz großen Chromschmuck spendiert

Weitere Erkennungsmerkmale gegenüber einem Käfer aus der Serienfertigung sind verchromte Außenspiegel, verchromte Zierleisten auf der Haube und der seitlichen Gürtellinie, verchromte Scheinwerferzierringe sowie verchromte Radkappen. Über dem Griff der Fronthaube prangt stolz ein emailliertes Wolfsburg-Wappen, und die Räder tragen schicke Weißwandreifen. Selbst das Reserverad ist mit einem solchen Reifen ausgestattet und kommt ebenfalls auf einer in Wagenfarbe lackierten Felge daher.

Beim Blick in den Innenraum des VW Käfers offenbaren sich im Vergleich zum Serienmodell einige weitere Modifikationen. Zuerst fällt das Zweispeichenlenkrad – ebenfalls mit Wolfsburg-Emblem – auf, das sehr an frühe Generationen des VW Golf erinnert. Die elegante Última-Edición-Plakette am Handschuhfachdeckel macht dem Fahrer dann aber wieder schnell bewusst, in welchem Fahrzeug er sich tatsächlich befindet.

Das Instrumentenbrett mit in Wagenfarbe lackierten Einlagen und einigen Sonderausstattungen wie beispielsweise der Radioanlage mit CD-Laufwerk runden den für heutige Verhältnisse sehr spartanisch wirkenden Innenraum des VW Käfers ab.

Setzt man sich rein, wird es eng

Der linke Arm nähert sich bedrohlich der Türverkleidung, und rechts lässt sich der Körperkontakt mit dem Beifahrer wohl kaum verhindern. Die hinteren Sitzplätze des VW Käfers eignen sich am besten für Kinder – Erwachsene würden dort heutzutage nur einen Kurztrip ertragen. Kaum zu glauben, dass vier- oder gar fünfköpfige Familien samt Gepäck mit diesem Auto einst auch in den Urlaub gefahren sind.

Doch trotz der vorherrschenden Enge und der vergleichsweise kargen Ausstattung gelingt es dem VW Käfer dennoch irgendwie, ein wohliges Ambiente zu schaffen. Gerade die Beschränkung auf das Wesentliche und der Verzicht auf moderne Elektronik, so versichert der Besitzer, ist Teil der Faszination an diesem Auto.

Kein OBD, keine Zulassung

Erworben bei VW de México, gelangte der hier gezeigte Käfer im Jahr 2003 aus privater Initiative nach Deutschland – eine Angelegenheit, die jedoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden war, weil die Käfer der Última Edición nicht über eine seit 2001 für benzinbetriebene Autos vorgeschriebene Onboard-Diagnose verfügen. Ohne dieses Diagnose-System, welches während des Fahrbetriebs alle abgasbeeinflussenden Systeme überwacht, war es unmöglich, eine Zulassung für das Fahrzeug zu erhalten.

Doch die Behörden hatten die Rechnung ohne den Durchhaltewillen der Käfer-Fans gemacht, die ihre Autos auch ohne Rote Nummer gerne im Alltag benutzen wollen: Die Mexiko-Käfer erhielten schließlich eine Ausnahmegenehmigung, und später konnten Besitzer sogar entsprechende Diagnose-Systeme nachrüsten.

Spielerisches Fahrgefühl im VW Käfer

Und wie fährt sich nun so ein VW Käfer, Baujahr 2003? Ein Dreh am Zündschlüssel genügt, und der Boxer fällt sofort in sein typisches Standgas-Schnattern. Erster Gang und raus auf die Straße.

Trotz fehlender Servounterstützung lässt sich der VW Käfer fast schon spielerisch durch den Verkehr dirigieren, die Schaltung ist präzise und der Sound einfach unverwechselbar. Es zirpt, es sirrt, es rasselt – alles wird dabei von einem beruhigenden Gebläserauschen überlagert: Der Käfer vermittelt seinem Fahrer auf Anhieb das Gefühl, ihn nie im Stich zu lassen.

So gesehen ist es vollkommen egal, dass der Boxer im Heck, gemessen an heutigen Verhältnissen, nur vergleichsweise bescheidene Fahrleistungen gestattet. Das luftgekühlte 1,6-Liter-Aggregat leistet 50 PS und beschleunigt den Wagen auf maximal 130 Sachen. Der Sprint von 0 auf 100 km/h geschieht dabei in rund 19 Sekunden – was man diesem Charakterdarsteller jedoch keinen Moment lang übel nimmt. Mit einem Benzinverbrauch von rund 7,5 Litern auf 100 Kilometer ist er andererseits so sparsam, wie es so mancher Vorgänger gern gewesen wäre.

Der VW Käfer reitet auf einer Welle der Sympathie

Doch trotz so manchem Unterschied trägt der VW Käfer der Última Edición die Gene seiner Vorfahren stolz zur Schau. Von ihm geht nach wie vor eine große Faszination aus auf alle, die ihn sehen. Die spontanen wie gleichermaßen ausschließlich positiven Reaktionen, die dem Fotofahrzeug während den Aufnahmen entgegengebracht wurden, sprechen Bände: Dem VW Käfer schlug eine große Welle der Sympathie entgegen. Generationen übergreifend und fernab von jedem Statusdünkel.

Auch fast zehn Jahre nach dem endgültigen Produktionsende steht fest: Die Legende lebt weiter.