4 Generationen VW Bus

Bulli-Parade vom T1 bis T4

Die Geschichte des VW Bus ist auch eine der aufstrebenden Bundesrepublik und des Volkswagen-Konzerns. Vom einfachen Lieferwagen entwickelt sich der Typ 2 zum Familienauto. Wie fahren sich die drei Heckmotor-Bulli und ihr moderner Nachfolger von 1990?

VW Bus, Generationen, T1-T4 Foto: Hardy Mutschler 36 Bilder

Da stehen sie nun, der Traum der Fernreisenden (VW T2), das Wunschfahrzeug der Familien (VW T4), das Objekt der Begierde vieler Spekulanten (VW T1) oder einfach "der beste Volkswagen überhaupt", wie in auto motor und sport 4/1983 über den VW T3 zu lesen war. Sie gehören zur Baureihe Typ 2, die mit 9,4 Millionen Exemplaren zum Erfolg von VW beitrug.

VW T1 bis T3 als Bulli erkennbar, VW T4 schlägt aus der Art

T1-Bulli und VW T2 gleichen sich wie Zwillinge nach 40 Jahren, der T3-Bulli ist als Bruder erkennbar, doch der VW T4 schlägt aus der Art. Das ist natürlich ebenso gewollt wie historisch nachvollziehbar. Denn schon der T3 sollte ganz anders werden. Doch beginnen wir von vorn: Das Urmodell entsteht vor dem Hintergrund der Nachkriegs-Mangelwirtschaft - es gibt nichts, vieles ist zerstört, physisch wie psychisch. Man braucht einen Kleintransporter, um den Wiederaufbau anzugehen. Gut, dass Ben Pon, niederländischer VW-Importeur, 1947 beim Anblick der Werks-Pritschenwagen einen Stift in die Hand nimmt und ein paar Striche aufs Papier zeichnet. Was heute wie eine naive Kinderzeichnung aussieht, legt 2 Jahre nach Kriegsende den Grundstein für eine einmalige Erfolgsgeschichte. Ab 1948 laufen die Planungen, schon 1950 wird der neue VW Typ 2 in Serie gebaut - ein mit Blechbahnen umbauter brikettförmiger Raum.

Das grundlegende Konzept und weite Teile der Technik können vom Käfer übernommen werden. Und so läuft genau das Automobil vom Band, das benötigt wird, ein günstiges Transportmittel, einfach konstruiert und leicht zu reparieren. Heute spürt man beim Entern des Fahrerhauses, dass Ergonomie bei der Entwicklung des ersten Bulli keine Rolle gespielt hat. Man wird im VW T1 in eine gebückte Haltung gezwungen - sofern man größer als 1,85 m ist. Hinter dem flachen Lenkrad kauert man vornübergebeugt, um durch die geteilte Frontscheibe die Straße sehen zu können. Jetzt das etwas widerspenstige Kupplungspedal durchtreten, den Motor starten und darauf warten, dass der Boxer im vier Meter entfernten, kaum gedämmten Heckabteil in ruhigen Leerlauf verfällt.

Die seilzugbetätigte Kupplung lässt sich leidlich dosieren, der 1,5-Liter-Motor reagiert etwas gleichgültig auf Änderungen der Gaspedalstellung. Dann setzt sich der VW T1 langsam in Bewegung.Viel schneller wird es auch nicht, wenn man alle 44 PS anfordert. Doch das ist nicht schlimm, denn am Steuer des ersten Bulli gibt es genug zu tun. Die Lenkung definiert die Mittellage recht großzügig, die schmalen Reifen folgen auch kleinsten Spurrillen, und das Getriebe mit seinen langen Schaltwegen will fleißig bedient werden, damit man nicht gänzlich zum Verkehrshindernis wird. Das Fahrwerk mit Kurbellenkerachse vorn und Pendelachse mit Vorgelege hinten ist freilich gewöhnungsbedürftig, oder, wie in "Das Auto, Motor und Sport" 1953 zu lesen ist: "Im leeren Zustand fordert das Urübel der nichtprogressiven Federung seinen natürlichen Tribut, daran ändert auch die raffinierteste Achslastverteilung nichts."

VW T2 ist deutlich wohnlicher

Der Umstieg in den VW T2b tut gut. Die deutlich vergrößerten Fensterflächen, vor allem aber die große Panorama-Frontscheibe vermitteln mit der wohnlicheren Einrichtung den Eindruck, als gehe die Sonne auf. Äußerlich sieht der T2-Bulli seinem Vorgänger noch ähnlich, doch zahlreiche Änderungen steigern den Nutzwert deutlich. Und um diesen geht es immer noch beim Typ 2, der 1967 präsentiert wird – als Volkswagen seine Produktpalette bereits auf 5 Modellreihen ausgebaut hat. Die um 50 kg erhöhte Nutzlast ist dabei zu vernachlässigen, denn VW-Busse wurden und werden oft hoffnungslos überladen – und halten das auch aus. Viel wichtiger ist die Vergrößerung des Innenraums.

Die Bulli-Karosserie wird vorn und hinten um 100 mm verlängert, der Einstieg um 70 mm verbreitert und die Einstiegshöhe um 73 mm gesenkt. Ab sofort kann man aufrechten Hauptes am Steuer sitzen. Armaturenbrett und Instrumente sind gefälliger gestaltet, die Sitze straffer und besser einstellbar – man muss sich nicht mehr so stark anpassen. Entspannt lässt sich der Zweiliter-Boxer (ab 1975) im Fotoauto von VW Nutzfahrzeuge starten. Die Handbremse wird per Krückstockhebel gelöst, und beim Anfahren stellt sich schnell das beruhigende Gefühl ein, dass im Heck noch Reserven schlummern. 143 Nm - 41 mehr als beim T1-Bulli - drückt der Zweiliter-Boxer auf die Kurbelwelle, was sich allerdings nach deutlich mehr anfühlt. Beim Gasgeben reckt der VW T2b seine Nase mit den hochliegenden Blinkern in den Himmel, der Fahrer reitet direkt über der Vorderachse auf einer leicht wippenden Welle des Wohlgefühls.

Modernste VW-Achskonstruktion

Den größten Fortschritt zeigt der VW T2 allerdings, sobald die Gerade verlassen wird. Die neue Schräglenker-Hinterachse ist die damals modernste Konstruktion des Konzerns - und ein großer Schritt. Die zweite Generation des Bulli bietet damit lässigen Komfort und lässt engagiertes Fahren ebenso zu wie strapaziöse Wüsten- und Urwalddurchquerungen. Er reagiert auf schnell gefahrene Kurven mit mildem Untersteuern, das durch behutsames Gasgeben ins Übersteuern übergeleitet werden kann. Sein Fahrwerk und die bessere Nutzbarkeit sind ein Grund dafür, dass der VW T2 Mitte der 70er-Jahre neue Zielgruppen gewinnt: Familien und Abenteurer. Ein anderer ist die Einführung des größeren VW LT, der mehr Nutzlast und mehr Laderaum für die gewerblichen Kunden bietet.

Doch wie soll es nun weitergehen mit dem VW Typ 2? Bei VW werden Szenarien durchgespielt, Konzepte ent- und verworfen - um doch wieder bei Frontlenker und Heckmotor zu landen. Auch weil die Konzernkassen durch die Umstellung auf die Frontmotor-Fahrzeugpalette belastet sind. Die Ingenieure treiben dennoch hohen Aufwand - und das bekannte Layout auf die Spitze.

VW T3 kommt mit Wasserboxer

In auto motor und sport ist 1983 über den VW T3 zu lesen: "Ein Lastwagen mit Formel-1-Technik" und "Der beste Volkswagen überhaupt" - allerdings ist das schon zu einem Zeitpunkt, als die vom T2-Bulli geerbten luftgekühlten Boxer aufs Altenteil gewandert sind. Denn 1982 beginnt die erfolgreiche Ära der Wasserboxer. Topmodell ist der 2,1-Liter-WBX-Motor, der 112 PS leistet. Er passt perfekt zu dem straff liegenden VW T3, der mit einem Radstand von 2.406 mm - nur 6 mm mehr als der Käfer - den Fahrkomfort einer Limousine der oberen Mittelklasse vermittelt. Er ist der PKW in Nutzfahrzeuggestalt - auch im Innenraum zeigt er in der noblen Multivan-Ausstattung kaum noch Hartplastik, das mit einem Hochdruckreiniger gesäubert werden kann.

Der VW T3 Multivan hat sich zum teuersten Modell im VW-Katalog gemausert. 1987 kostet er mit dem 112-PS-Boxer 31.481 Mark. Mit ein paar Sonderausstattungen ist schnell die 40.000- Mark-Grenze erreicht - etwa mit dem beliebten Aufstelldach für mehr als 4.600 Mark. Erreicht ist mit dem T3 allerdings auch das Ende der Fahnenstange. Eine komplette Neuentwicklung muss her. Das Geld ist nun dank den Bestsellern Polo, Golf und Passat vorhanden, und schon 1984 wird die Entscheidung getroffen: Der VW T4 kann kommen - und muss kommen. Denn Ford Transit, Mercedes MB 100 und auch die Konkurrenz aus Fernost mit Mitsubishi L300 und Nissan Vanette zeigen, dass das seit rund 35 Jahren verfolgte Konzept keine Zukunft mehr hat.

Dem VW T4 fehlt lange der passende Motor

Was dann ab 1990 beim VW-Händler steht, erfüllt die Erwartungen an einen modernen Transporter. Motor und Antrieb vorne, ein besser nutzbarer und größerer Laderaum mit niedriger Ladekante und die Option auf längere Radstände machen Handwerker und Familien glücklich. Das souveräne Fahrwerk überzeugt, der VW T4 lässt sich bis auf den weit oben sitzenden Schwerpunkt wie ein moderner Pkw fahren - nur mit viel besserer Übersicht. Mit stärkeren Stabilisatoren kann man die ausgeprägte Kurvenneigung des VW T4 übrigens sehr effektiv abmildern.

Einen Wermutstropfen gibt es aber: Es fehlt mal wieder der passende Motor zum Produktionsstart. Den Typ-2-Freunden fällt es schwer, sich von den vibrationsarmen Boxern zu verabschieden. Sie können sich nicht mit den laut nagelnden, schwächlichen Saugdieseln mit 60 und 78 PS anfreunden. Auch die trinkfesten Benziner mit 67 bis 110 PS überzeugen sie nicht. 5 lange Jahre gehen ins Land, bis der perfekte Antrieb für den Bulli nachgeschoben wird: Ab 1995 sorgen dann die kräftigen und sparsamen TDI-Reihenfünfzylinder mit ihren sanft pfeifenden Ladern für Tränen der Freude - endlich ist der VW Typ 2 angekommen, wo er sollte: In der Neuzeit.

In der Summe ihrer Eigenschaften sind die 88 bis 151 PS starken Zweieinhalbliter mit 195 bis 295 Nm noch heute unerreicht. Die kolportierten 2 Milliarden Mark Entwicklungskosten sind von VW sehr gut angelegt. Der VW T4 ist über Jahre hinweg konkurrenzlos.

Der nächste Schritt folgt 1996 mit der "Großen Produktaufwertung", bei der Caravelle und Multivan den um 80 mm verlängerten Vorderwagen bekommen und sich von den Nutzfahrzeug-T4 abheben. Unverständlicherweise bietet VW den Multivan allerdings nicht mit langem Radstand an. Die 40 Zentimeter mehr hätten auch ihm gutgetan. Doch erst der VW T5 Multivan erfüllt auch diesen Wunsch.

VW-Bulli-Fazit von Kai Klauder

Wer seinen Bulli lieber anhimmeln als fahren möchte, sollte einen VW T1 kaufen. Wer ihn auch noch regelmäßig bewegen will, den VW T2. Für alle, die maximalen Fahrspaß suchen, kommt nur der WBX-T3 in Frage. Und der moderne VW T4 ist der Richtige, wenn es um einen treuen Begleiter im Alltag geht.