Aston Martin MK II

100 Jahre Aston Martin - die Legende lebt!

Aston Martin wird 100. Noch immer produzieren die Briten schnelle Sportwagen und sonst nichts. Wir fahren in einem Aston Martin Mark II aus dem Jahr 1934 - und suchen nach der Erfolgsformel.

Aston Martin MK II, Frontansicht Foto: Achim Hartmann 45 Bilder

An diesem verdammt heißen Dienstagnachmittag treffen wir Alexander E. Klein am alten Bahnhof von Weinsberg. Er hat derzeit Urlaub und ist so angezogen, als sei er im neuen Golf Cabrio seiner Freundin unterwegs: weiche Lederslipper, hellblaue Shorts und ein weißes Poloshirt mit dezentem Aston Martin-Markenemblem auf der Brusttasche.

Wo ist der Maschinist im ölverschmierten Overall?

Heimliche Leidenschaft eines Oldtimer-Fans, möchte man denken, wenn Alexander E. Klein sich nicht lässig an die Motorhaube seines dunkelgrünen Aston Martin Mark II von 1934 lehnen würde. Ein klassischer Vorkriegs-Sportwagen also - für die meisten ein waschechter "Oldtimer", der besonders mitten in der Woche und zu dieser Tageszeit etwas Aufsehen erregt.

Man blickt, je nach Klassiker-Vorliebe, skeptisch oder beglückt auf die großen Speichenräder des Aston Martin Mark II mit ihren frei stehenden Kotflügeln und auf die gewaltigen, ebenso frei stehenden Scheinwerfer. Das schmucklose Vierspeichen-Lenkrad, der aus den Tiefen des Fußraums herauswachsende Schalthebel, die streng gezeichneten Instrumentenblätter und die auf dem nackten Blech montierten Sitze schreien geradezu nach einem Maschinisten im ölverschmierten Overall, in dessen Taschen eine Hand voll Gabelschlüssel klimpern. Und dann er, Aston Martin-Besitzer Klein, in Shorts und Polo-Shirt. Kann das gutgehen?

Ein dumpfes Röhren erklingt

Wir sind verabredet, um das Erfolgsgeheimnis der 100 Jahre alten Sportwagen-Marke Aston Martin am fahrenden Objekt zu ergründen. Wir nehmen deshalb die Einladung zur Mitfahrt im Aston Martin Mark II gerne an. Die niedrige Beifahrertür schwingt nach hinten auf, wodurch man bequem auf den etwa einen halben Meter über der Straße positionierten, gut gepolsterten Sitz rutschen kann. Mit einem hellen "Klack" fällt die Tür nach vorn ins Schloss. Die Beine dürfen sich im geräumigen Fußraum ganz bequem ausstrecken. Generell ist für zwei ausgewachsene Mannsbilder genügend Platz im Cockpit - ohne ständigen Schulterkontakt mit dem Fahrer, der locker und ungezwungen hinter seinem Lenkrad sitzt. Der Motor springt sofort an und meldet sich mit einem dumpfen Röhren von hinten und mit leichten Vibrationen von unten.

Es spricht schon einmal für die beiden Firmengründer Lionel Martin und Robert Bamford sowie deren Nachfolger, dass in ihren Sportwagen auch längeres Reisen zu zweit möglich war.

Im Januar 1913 gründeten die beiden in South Kensington, London, einen kleinen Handel mit Singer-Fahrzeugen. Lionel Martin nahm in modifizierten Singer-Sportwagen auch an Bergrennen teil. Die Firma hieß zunächst Bamford & Martin, wurde aber nach einem erfolgreichen Rennen beim Aston Hill Climb in Aston Martin umgetauft. Der erste unter dem Namen Aston Martin produzierte Sportwagen erhielt im März 1915 seine Straßenzulassung.

Seit 1975 im Familienbesitz

Knapp 100 Jahre später schwimmt unser Aston Martin Mark II auch bei allergrößter Nachmittagshitze problemlos im beginnenden Berufsverkehr von Weinsberg mit. Die umgeklappte Windschutzscheibe und die niedrige, im Heckbereich nur bis zu den Schulterblättern reichende Roadster-Karosserie ersetzen wirkungsvoll eine Klimaanlage.

Der 73 PS starke Vierzylinder des Aston Martin Mark II mit obenliegender Nockenwelle schöpft seine Leistung aus nur 1,5 Liter Hubraum, hat aber mit dem geringen Gewicht von 950 kg keine große Mühe. Schnell erreichen wir die erlaubten 100 Landstraßen-km/h und brüllen gegen den Fahrtwind, das Auspuffröhren und vor allem das Sirren des Getriebes an.

Alexander berichtet, dass sein Vater den Aston Martin Mark II 1975 in England gekauft hat, ein Jahr bevor er geboren wurde. Seither ist der Wagen in Familienbesitz. Außer einem Vergaserbrand im Jahr 1994, dem eine Grundrestaurierung inklusive Motor folgte, habe das Auto keine Probleme bereitet.

Und man ist viel mit dem Aston Martin Mark II gefahren: "Als ich acht Jahre alt wurde, bekam ich einen kleinen Overall; später durfte ich meinen Vater auch auf Rallyes begleiten." Da kam einiges zusammen: viermal die Mille Miglia, neunmal die Ennstal Classic und zweimal die "1.000 Kilometer durch Deutschland".

Aston Martin - schnell und unzerstörbar

Bereits in den Dreißigern erwarb Aston Martin den Ruf eines leistungsstarken, extrem haltbaren und dabei angenehm zu fahrenden Sportwagens. Obwohl Lionel Martin bei einem Konkurs 1925 aus dem Unternehmen schied, führten neue, stets Technik- und Rennsport-begeisterte Geldgeber die Firma weiter. Stellvertretend seien hier der amerikanische Millionärssohn Graf Louis Vorow Zborowski sowie Augustus Cesare Bertelli zusammen mit William Somerville Renwick genannt.

Bertelli und Renwick entwickelten die legendären SOHC-Modelle International, Le Mans und Ulster, zu denen auch unser Aston Martin Mark II zählt. Die Renntypen sind am aerodynamisch ausgeformen Spitzheck erkennbar. Sie erzielten in Le Mans viele Klassensiege und fuhren 1935 mit nur 1,5 Liter Hubraum sogar auf den dritten Gesamtrang.

Noch immer waren die Aston Martin primär Renn- und Sportwagen. Bis 1945 entstanden insgesamt nur etwa 700 Fahrzeuge. Vergleichbar mit Maserati begann erst nach dem Krieg unter der Regie von Traktoren-Hersteller David Brown die Produktion von alltagstauglicheren Coupés einschließlich des James-Bond-DB5.

Aston Martin Mark II fährt sich problemlos

Wir aber genießen das besondere Cabrio-Gefühl in unserem Aston Martin Mark II: Fast völlig offen von den Knien bis zu den Haarspitzen, und dennoch auf Augenhöhe mit den Fahrern in den modernen Autos. Die vier einstellbaren Reibungsstoßdämpfer haben die beiden blattgefederten Starrachsen gut im Griff. Obwohl wir an den auf- und abzuckenden Kotflügeln vor uns deutlich erkennen, was die Vorderachse zu schlucken hat, kommen Fahrkomfort und auch ein sicheres Handling nicht zu kurz.

Was macht also einen Aston Martin aus? Der Mark II von Alexander Klein hat es gezeigt: Er ist konsequent auf sportlich getrimmt, transportiert 13 Liter Öl im Bug und 50 Liter Benzin im Heck, hat Seilzugbremsen und das Gaspedal in der Mitte - fährt sich aber bei guter Pflege so problemlos wie ein neues Golf Cabriolet, ganz ohne Overall und Gabelschlüssel. Und falls mal wirklich etwas kaputt gehen sollte, dann hilft meistens der Dorfschmied, sagt Alexander. Und weiter: "Ein Vorkriegs-Aston Martin ist das klassische, unzerstörbare Erbstück. Bei uns schon bald in der dritten Generation."

Fazit von Motor Klassik-Redakteur Franz-Peter Hudek

Vorkriegs-Roadster aus England können Spaß machen und müssen nicht dauernd vom Spezialisten gehätschelt werden, das beweist dieser Aston Martin Mk II. Zudem kann man auf eine sehr diskrete Art diesen großen Namen spazieren fahren: Nur wenige erkennen auf Anhieb den Großvater des mondänen Bond-DB5. Einfach fabelhaft.

Top-Youngtimer zum kleinen Preis: DB7

Einen zwischen 1994 und 2003 gebauten Aston Martin DB7 gibt es schon für rund 20.000 Euro.

Unter der Regie von Ford stellte Aston Martin 1994 ein neues Einstiegs-Coupé vor, das parallel zum Virage angeboten wurde. Mit dem Namen DB7 knüpfte man an die viele Jahre unterbrochene, traditionsreiche DB-Modellbezeichnung an. Für die Konstruktion bediente man sich bewährter Jaguar-Technik. Jaguar gehörte ebenfalls zum Ford-Imperium. Die überarbeitete Bodengruppe kam vom zeitgleich noch gebauten XJS, der Vierventil-Sechszylinder-Reihenmotor mit 3,2 Liter Hubraum vom XJ. Durch einen Eaton-Kompressor produzierte der DB7 druckvolle 340 PS.

Das Karosserie-Design stammte von Ian Callum, der später auch den ab 1996 angebotenen Jaguar XJS-Nachfolger XK8 entwarf. Eine gewisse optische Verwandtschaft zwischen DB7 und XK8 ist daher kaum zu leugnen.

Die Ausstattung des relativ unscheinbaren Coupés, dem bereits 1995 das Cabriolet folgte, war mit Conolly-Leder und Walnussholz sehr luxuriös. Um sich von dem V8-Jaguar-Rivalen XK8 und XKR (mit Kompressor 395 PS) abzugrenzen, folgte 1999 der DB7 Vantage mit sechs Liter großem V12-Motor und 426 PS. Zagato baute auf DB7 Vantage-Basis ein ansprechendes Coupé und den wuchtigen Roadster DB AR 1, jeweils 99 Einheiten.

In Deutschland kostete 1995 der DB7 über 200.000 Mark. Heute werden in England Scheckheft-gewartete Exemplare ab 17.000 Euro angeboten.

Technischer Abriss: Sechszylinder-Reihenmotor, 3.239 cm³, 340 PS bei 5.000/min, Kopf und Block aus Leichtmetall, zwei obenliegende Nockenwellen (Kette), Kompressor, Vmax 266 km/h, 0 bis 100 km/h in 5,5 s.