Audi V8, BMW M 3, Mercedes 190 E 2.5-16 Evo II

Straßen-Feger und DTM-Helden

Aktuell liefern sich Audi, Mercedes und BMW in der DTM heiße Rennschlachten – wie schon einmal zu Beginn der Neunziger. Wir erinnern uns an diese grandiose Zeit am Steuer der potenten Straßenableger von damals: Audi V8, BMW M3 und Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II.

Audi V8, BMW M 3, Mercedes 190 E 2.5-16 Evo II, Seitenansicht Foto: Hans-Dieter Seufert 25 Bilder

Dieses Aufeinandertreffen schürt Emotionen. Mercedes gegen BMW gegen Audi, das war unter sportlichen Gesichtspunkten schon immer eine heiße Kiste, erst recht, wenn es sich um die potenten Basismodelle der DTM-Boliden von 1990 handelt. Da wird dem anderen nichts geschenkt, und als Pilot freut man sich natürlich, dass sich nach der frisch erfolgten Rückkehr von BMW in die DTM eine Neuauflage der Duelle von damals anbahnt.

Aus dem biederen 190er wird ein Flügelmonster

Der erste Turn gehört dem schwarzen Mercedes, der ursprünglich ein biederer Baby-Benz gewesen ist – in der angetretenen Version jedoch auf den Beinamen 190 E 2.5-16 Evolution II hört und einen der monumentalsten Heckflügel der Serien-Automobilgeschichte trägt. Selbst heute sorgt dieser Anblick für Aufsehen, erntet bisweilen recht verstörte Blicke, und vermutlich wissen nur die wenigsten, um was es sich hier handelt.

Dabei ist der 1990 in Genf präsentierte Macho mit den mächtig aufgeplusterten Kotflügelbacken bereits das zweite Evolutions-Modell, das die Schwaben auf Basis des 190 E zu Homologationszwecken in einer Mini-Auflage von 502 Stück auf die Räder gestellt haben. Doch der Evo I wirkt im direkten Vergleich trotz Spoilerset und Breitreifen so harmlos wie ein Segelflugzeug gegenüber einem Kampfjet.

Erst bei Nummer zwei, so scheint es, durften die Sindelfinger Stylisten und Techniker in Zusammenarbeit mit der britischen Motorenschmiede Cosworth sämtliche Register ziehen. Das Resultat der Feinarbeit: 235 PS und Tempo 250. Der Flügel mit verstellbarer Abrisskante war also alles andere als ein optischer Gag – sie generiert bei Tempo 200 beeindruckende 58,2 Kilogramm Abtrieb. Natürliche Feinde hatte dieser Mercedes damals nur wenige zu fürchten.

Wohlfühl-Ambiente im Evo II

Sitzprobe. Statt sportlicher Askese herrscht in der Evo-Kabine gediegener, aber funktionaler Luxus. Fahrer und Co-Pilot nehmen in bequemen Sesseln mit kariertem Stoff und stark betonten Seitenwangen aus Leder Platz, und selbst die hintere Bank mit ihren beiden tiefen Einzelsitzen wirkt keinesfalls wie ein Notlager. Klimaanlage und CD-Radio vervollkommnen das Wohlfühl-Ambiente.

Es sind Details, die das wirkliche Wesen des Autos verraten: Die Skala des Drehzahlmessers reicht bis 7.700 Umdrehungen, der erste Gang sitzt wie bei Rennwagen üblich links hinten, und über einen kleinen Schalter links neben dem Lenkrad lässt sich das Auto in drei Stufen tiefer legen, bis für einen ernsthaften Renneinsatz schließlich kaum noch Bodenfreiheit vorhanden ist.

Der von Vierzylinder mit Cosworth-Kopf giert nach Drehzahlen

Während der ersten Meter gibt sich der Mercedes-Benz 190 E 2.5-16 Evo II überraschend harmlos. Der kurzhubige Reihenvierzylinder mit seinem 16-Ventil-Zylinderkopf klingt ab 1.000 Touren zwar satt und kernig, doch das Aggregat verlangt eindeutig nach höheren Drehzahlen – es giert förmlich danach, um ab 5.000 Touren den kleinen Benz mit einem blechern metallischen Fauchen in die Liga ernst zu nehmender Sportwagen zu katapultieren.

Es dürfte heute vermutlich genauso schwer sein wie einst, auf Landstraßen einen gekonnt bewegten 190 E-16 Evolution II einzufangen – sofern man überhaupt noch einen dieser Sternenkrieger zu Gesicht bekommt.

BMW M3: verdammt gut in Form

Die Chance, heutzutage einem der 17.538 produzierten BMW M3 der E 30-Baureihe zu begegnen, ist da ungleich größer. Fairerweise muss gesagt werden, dass es sich bei dem Fotomodell nicht um eines der ebenfalls nur in einer Mini-Auflage von 600 Exemplaren gebauten M3 Sport Evolution mit dem 238 PS starken 2,5-Liter-Motor von 1990 handelt, sondern um einen UR-M3, Baujahr 1986.

Optisch sind die Unterschiede jedoch gering, weil bereits die erste scharfe Dreier-Auflage der Motorsport-GmbH ein sportliches Aerodynamik-Paket zur Schau trägt, das vermutlich nur sehr schwer zu optimieren war. Dazu zählen die voluminösen Kotflügelverbreiterungen, ein tief heruntergezogener Frontspoiler, Schürzen an den Schwellern sowie ein Heckflügel über dem um vier Zentimeter erhöhten Kofferraumdeckel des BMW M3.

Andere Modifikationen fallen beim BMW M3 erst auf den zweiten Blick auf: Um noch windschlüpfiger zu werden, geriet der Anstellwinkel der Heckscheibe flacher, die aus Gewichtsgründen aus Kunststoff gefertigte Kofferraumhaube entsprechend kürzer. Dass das perfekt proportionierte, kubistische Dreier-Design dabei dennoch nichts von seiner ursprünglichen Würde und Klasse verloren hat, muss man erst einmal hinbekommen.

Erfolgreichster Tourensportwagen der Welt

Unter der Haube sitzt ein 197 PS starkes 2,3-Liter-Vierzylinder-Aggregat, dessen Kopf im Prinzip von jenem Sechszylinder stammt, der bereits im legendären M1 für Schub gesorgt hatte. Für den neuen Sport-Dreier ließ BMW-Motoren-Papst Paul Rosche den Kopf um zwei Brennräume kürzen und eine Platte über das Loch der hinteren Stirnseite schrauben. Fertig war der Prototyp eines Autos, das zum erfolgreichsten Tourensportwagen der Welt werden sollte.

Innen ist der BMW M3 weiterhin ein ganz normaler Dreier geblieben. Brav, wohnlich und irgendwie zeitlos. Die einzigen Zugeständnisse an den Leistungssport sind ein Ölthermometer anstelle der Verbrauchsanzeige und ein Sportgetriebe, dessen ersten Gang ebenfalls rennwagentypisch links hinten sitzt.

Einmal in Fahrt, benimmt sich der BMW M3 wie ein guter Freund. Spielerisch die Lenkung, tadellos die Traktion, packend die Leistungscharakteristik: fast schon digital reagiert das Triebwerk auf das Öffnen der vier Drosselklappen. Die ersten Funken sprühen bereits ab 1.500 Touren, kurz darauf brennt die Hütte lichterloh. Schluss ist erst bei 7.000 Umdrehungen und Tempo 237.

Audi V8: Premium-Atmosphäre

Im Vergleich zu den beiden Kontrahenten wirkt der allradgetriebene Audi V8 optisch so brav wie ein Grundschüler – obwohl das Auto bereits das 1991 zu Homologationszwecken werksseitig angebotene Sportpaket trägt: einen Front- und Heckspoiler sowie Leichtmetallfelgen im 17-Zoll-Format. Mehr Feinschliff war allerdings auch nicht nötig, um mit der 420 PS starken Rennversion des V8 nach dem Titelgewinn im DTM-Premierenjahr 1990 auch gleich noch die zweite Saison gegen die Flügelmonster von Mercedes und BMW für sich zu entscheiden.

In der Kabine des Audi V8 herrscht erwartungsgemäß Premium-Atmosphäre. Audi will mit aller Macht in die Oberklasse und rüstet den 1988 vorgestellten V8 mit allem aus, was gut und teuer ist: Leder, Wurzelholz, die modernste Ausbaustufe des Quattro-Allradantriebs und natürlich das neu entwickelte, 250 PS starke V8-Triebwerk mit 3,6 Liter Hubraum – ein kultivierter Musterknabe, dem es gegenüber den beiden Konkurrenten allerdings etwas an Durchzugskraft fehlt. Das hohe Gewicht von 1.800 Kilo sowie die lange Übersetzung des Automatikgetriebes dämpfen spürbar die Dynamik.

Umso souveräner das Handling des 234 Kilometer schnellen Dickschiffs. Zielgenau und dank vier angetriebener Räder nie ernsthaft um Vortrieb verlegen, pfeilt der Audi den anderen hinterher.

Schwamm drüber, dass der große V8 aus sportlicher Sicht weniger Emotionen versprüht als seine beiden Rivalen. Audi gegen BMW gegen Mercedes wird dennoch immer eine heiße Kiste bleiben.


Der 190 E 2.5-16 in der DTM
1986 steigt Mercedes mit dem 190er in die DTM ein, doch erst 1989 stellen sich mit Klaus Ludwig und fünf Siegen die ersten Erfolge ein. 1991 wird Ludwig im neuen Evolution II hinter Audi DTM-Vizemeister, ein Jahr darauf dominiert der 190er mit insgesamt 16 Siegen in 24 Rennen und dem Titelgewinn durch Klaus Ludwig die Saison. Mit der Mercedes-Pilotin Ellen Lohr gewinnt 1992 in Hockenhheim zum ersten und bis heute einzigen Mal eine Frau ein DTM-Rennen.
 
Der BMW M3 in der DTM
Der BMW M3 (E 30) wurde von Teams wie Schnitzer oder Zackspeed im nationalen wie internationalen Motorsport eingesetzt und gilt als der erfolgreichste Tourenwagen der Welt. Bereits in seiner ersten DTM-Saison 1987 sichert sich Eric van de Poele am Steuer eines M3 den Titel, in der Saison 1989 gelingt es Roberto Ravaglia (Team Schnitzer) abermals, den Gesamtsieg einzufahren. Nach insgesamt 40 Siegen in der DTM zieht sich BMW 1992 aus dieser Serie zurück.
 
Der Audi V8 in der DTM
Im Jahr 1990 tritt Audi erstmals mit zwei Oberklasse-Limousinen in der DTM an. Trotz Mehrgewicht lassen Hans-Jochachim Stuck und Walter Röhrl der etablierten Konkurrenz von Mercedes und BMW keine Chance, und Stuck sichert sich die Meisterschaft. 1991 geht Audi mit vier V8-Evolutionsmodellen an den Start, die von Stuck, Hupert Haupt, Frank Biela und Frank Jelinski pilotiert werden. Das Resultat: Titel Nummer 2 (Biela). 1992 zieht Audi den V8 aus der DTM zurück.