BMW 732i (E23) im Fahrbericht

Harmonie ist anders - der erste 7er

Die Linie des ersten BMW 7er (E32) zeigt nicht die BMW-typische Eleganz. Aber in Sachen Komfort und Fahrdynamik erreichte er als erster das Niveau der S-Klasse - bei mäßigem Verkaufserfolg. Heute ist der Siebener in der Szene gerade wegen seiner Disharmonie sehr begehrt.

BMW 732i, Kühlergrill Foto: Hardy Mutschler 19 Bilder

Der von Mercedes zu BMW geholte Designer Paul Bracq zeichnete nur diesen ersten Siebener - der Vorstand war mit dem Ergebnis nicht zufrieden.

Hennarot steht ihm nicht. Saphirblau okay, auch Resedagrün geht oder Polaris. Irgendwas Helles, Schlichtes, das den Oberklasse-Status des großen BMW 7er dezent unterstreicht. Stattdessen betont dieses aggressive GTI-Knallrot, das auch noch so heißt wie eine billige Punk-Haartönung aus dem Supermarkt, die provokante Außenseiterstellung, die er in der Szene lange trotzig aussaß.

Erster BMW 7er ist optisch ein Dickschiff - mit cW 0,42

Der erste BMW Siebener, intern heißt er E23, tat sich schwer, die Herzen der BMW-Fans zu erobern. Aber er ist nicht der Typ, der sich anbiedert, er braucht keine Clacqueure, weil er vor Selbstbewusstsein nur so strotzt. Sein Design warb nicht mit dem kühlen Understatement und der leichtfüssigen Eleganz eines Dreier, Fünfer oder Sechser, die BMW-Chefdesigner Paul Bracq, von Mercedes abgeworben, viel besser hingekriegt hat.

Der BMW 7er wirkt seltsam unproportioniert, das rundliche Heck zu lang und zu sehr betont. Im Kontrast dazu das scharf geschnittene Gesicht, unverwechselbar BMW, aber mit cW 0,42 weit weg von jeder Aerodynamik.

Seltsame Details hat der 7er, den Tankverschluss trägt er unorthodox links, das 100-Liter-Faß unter dem Kofferraum mitten in der Aufprallzone, das Lenkrad steht wieder einmal eine Spur zu flach, und die großen planen, nur schwach gesickten Seitenflächen machen ihn optisch zum Dickschiff. Diese Opulenz setzt sich innen fort. In unserem BMW 732i werden die Passagiere von plüschigem Velours satt unterfüttert und von warmherzigem Nussbaum flankiert.

Groß genug, um eine Party zu feiern

Die Breite ist fürstlich, der Fond wird zur fläzigen Wohnlandschaft, sobald sich die breite Tür einladend öffnet. So ein alter BMW 7er macht sogar aus dem Stand in der Doppelgarage Spaß - als Partymobil im Siebziger-Jahre-Look, aus den gelochten Hecklautsprechern trällern Slade oder Genesis mit Phil Collins.

Genau deshalb mag man ihn heute, weil er nicht so leistungsorientiert- adrett daherkommt wie die anderen BMW, sondern so sinnenfroh wie eine teuer, aber etwas zu auffällig gekleidete Mittvierzigerin in Größe 42. Darum steht dem E23-Siebener Hennarot ausgezeichnet. Es beschleunigt den bis auf das aggressive Haifischmaul formal betulichen BMW in den roten Bereich erhöhter Aufmerksamkeit. Das gedeckte Business-Kostüm weicht plötzlich einem provokanten Vivienne Westwood-Fetzen in Hennarot.

Acht- und Zwölfzylinder für den ersten 7er wurden gestoppt

Da brennt die Überholspur, alte Klischees werden lebendig. Lassen Sie mich durch, ich bin ein BMW und will die S-Klasse packen. Es gelang nicht - weniger als die Hälfte vom W 116 waren es am Schluss. Vielleicht, weil es zu wenige Siebener in Hennarot gab, vielleicht auch weil zur Abrundung nach oben der ersehnte, prestigeträchtige Achtzylinder fehlte. Daimler hatte ihn, BMW stoppte das Projekt, weil es zwischen zwei Ölkrisen politisch nicht korrekt schien. Der Achtzylinder hieß M36 und bestand im Wesentlichen aus zwei gekoppelten aufgebohrten Vierzylindern aus dem Nullzwei, alimentiert von einer D-Jetronic - macht fünf Liter Hubraum und 275 PS.

Entwicklungschef Bernhard Osswald und die Motoren-Macher Alexander von Falkenhausen und Paul Rosche legten sogar zwei Zwölfzylinder-Prototypen auf Kiel, um in einer Art besessenem Audi-Ehrgeiz den Stern zu schlagen. Erst waren es im M33 zwei paarungsbereite M30 aus dem BMW 2500, aber das Duo geriet zu schwer, der 7er würde damit zu kopflastig. Später wurden die kleinen leichten Zahnriemen-Sechser M60 zum kongenialen Zwölfender M66 zusammengespannt, macht ebenfalls geschmeidige 275 PS aus 4,5 Litern.

Irrweg der Sprit fressenden Aufladung

Schade, dass im Topmodell BMW 745i der Irrweg der Sprit fressenden Aufladung für den 7er beschritten wurde, obwohl der Königs-Vierventiler aus dem M1 bereits zur Verfügung stand. Triebwerke können sie eben, die Bayern. Schon der Sechszylinder läuft in unserem BMW 732i vibrationsfrei, elastisch und drehfreudig. Es ist die wahre Freude am Fahren, untermalt vom dumpfen, satten Auspuffklang des wenig spektakulär, aber ungeheur effizient konstruierten Motors, dessen besondere Talente die optimierte Brennraumform und der sorgfältig ausgewuchtete Kurbeltrieb darstellen.

Besitzer Ulf Schlotterbeck genießt sie sichtlich im Licht eines endlosen Indian Summers. Der Youngtimer-Enthusiast aus Tübingen wechselt häufig Marken und Modelle, tendiert dabei zum Unkonventionellen. Seinen BMW 732i fand er letztes Jahr. Es war Liebe auf den ersten Blick: "Den musste ich haben, schon allein wegen der Farbe. Zudem mag ich den 7er sehr wegen seiner trotzigen Unangepasstheit." Aber der ewig Suchende schielt schon nach einem späten BMW 735i in der überbordenden Executive-Ausstattung aus Büffelleder.

Doch bereits der alte BMW 732i gibt sich im Einklang mit der weich schaltenden ZF-Dreigang- Automatik sehr souverän. Die sanfte Fahrwerksabstimmung mit langen Federwegen killte die Legende vom engen, harten und sportlichen BMW. Nur die genetisch bedingte Tendenz zum Übersteuern blieb ihm als kleines Laster erhalten. Einst Autobahn-Burner, heute angenehmer Cruiser. Artgerecht als Liebhaberstück gehalten, muss der BMW Siebener keine rufschädigende blaue Auspufffahne beim scharfen Runterbremsen mehr fürchten. Heute ruht der Dicke in sich.

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