BMW 735i im Fahrbericht

Die S-Klasse aus München

Die zweite Generation des 7er-BMW war ein großer Wurf. Design, Technik und Qualität der Luxus- Limousine erreichten erstmals das Niveau der S-Klasse. Mehr Fahrkultur für weniger Geld findet sich kaum.

BMW 735i, Heckansicht Foto: Archiv 5 Bilder

Der erste BMW 7er aus den Siebzigern war noch kein ernsthafter Gegner für den Stern. Der Federungskomfort schwebte noch nicht auf Mercedes-Niveau, der turbogedopte Sechszylinder des Topmodells 745i konnte es trotz 252 PS und 380 Nm bei 2.200/min nicht mit der lässig-souveränen Kraftentfaltung des V8 im 450 SE aufnehmen. In S-Klasse-Anzeigen hieß es mit selbstbewusstem Seitenhieb: „Auch 1977 war es nicht möglich, ein besseres Auto zu bauen“.

Erster deutscher Zwölfzylinder

Zehn Jahre später wendet sich das Blatt. Der 1986 präsentierte neue BMW 7er wird aus dem Stand ein großartiger Verkaufserfolg und nimmt den Stuttgartern den Hochmut. Der erste deutsche Nachkriegs-Zwölfzylinder im BMW 750i zwingt die Daimler-Ingenieure gar zur aufwendigen Nachbesserung des quasi serienreifen W126-Nachfolgers.

BMW hatte stets den Sechszylinder als Maß aller Dinge beworben, schließlich sei sein Massenausgleich optimal und der Verbrauchsvorteil gegenüber V8- und V12-Motoren eklatant. Der Turbolader sollte das Hubraummanko ausgleichen, bereits im Geheimen für den E 23 entwickelte V8- und V12-Motoren wurden deshalb verworfen. Erst das 300 PS starke Fünfliter-Triebwerk M70, das die gleichen Zylinderabmessungen (84 x 75 mm) aufweist wie der 2,5 Liter große Sechszylinder aus dem 525i, überzeugte den Vorstand, den V12 im BMW 7er zu wagen.

Doch schon die Sechszylinder-Modelle 730i und 735i machen dem ins siebte Modelljahr gehenden Mercedes 126er zu schaffen. Der BMW überzeugt dank gelungenen Designs mit ausgewogenen Proportionen und raffiniert gesetzten Akzenten wie den schön herausmodellierten Doppelscheinwerfern, der betont kantigen Niere und den L-förmigen Rückleuchten.

Hohe Funktionalität und dezenter Luxus

Das Design-Team um Ro 80-Schöpfer Claus Luthe und Ex-Zagato-Stilist Ercole Spada lieferte auch für das Interieur des BMW 7ers eine reife Leistung ab. Hohe Funktionalität gepaart mit dezentem Luxus gefällt noch heute, der arg konservative Mercedes-Stil wirkte dagegen gestrig. Auch qualitativ haben die Bayern enorm aufgeholt, die verwindungssteife Karosserie ist dank einer Vielzahl feuerverzinkter Blechen bestens rostgeschützt, die Türen schließen mit sattem Klang, Spaltmaße und Einpassungen liegen auf dem Niveau von Mercedes-Benz.

Obwohl die zweite Generation des BMW 7er wie ein völlig neues Auto wirkt, hat sich der E 32 technisch im Vergleich zum Vorgänger erstaunlicherweise kaum verändert. Die Fahrwerkskonzeption mit der McPherson-Doppelgelenkachse vorn und der Federbein-Schräglenkerachse hinten blieb unangetastet, der seit fast zwei Jahrzehnten bewährte kettengetriebene Sechszylinder erfuhr Detailverbesserungen in puncto Abgasentgiftung und Drehmomentoptimierung. Sogar die Elektronik, ein BMW-typisches Steckenpferd von ungewisser Lebensdauer, beschränkt sich bei den frühen Sechszylinder-Modellen auf das Erträgliche.

Die Wahl der Kenner – 735i

Aus heutiger Sicht definiert der BMW 735i die goldene Mitte des 7ers – der ebenso leistungsfähige wie elastische Sechszylinder kommt mit dem stattlichen Wagengewicht von 1.720 Kilo besser zurecht und harmoniert besser mit der ZF-Viergangautomatik als der Basis-730i. Auch innen verkörpert der veloursgepolsterte Dreieinhalbliter, den es auch als 735 iL mit einem um 11,4 Zentimeter verlängertem Radstand gab, mehr Luxus als das Basismodell.

Der neue Leichtmetall-V8-Motor M 60 löste in den Hubraumvarianten 730i (218 PS) und 740i (286 PS) ab September 1992 die Sechszylinder im BMW 7er ab. Das Vierventil-Triebwerk mit vier obenliegenden Nockenwellen ist sparsamer und leistungsfähiger als der betagte gusseiserne Sechszylinder, andererseits nicht ganz so robust und an seiner Peripherie viel stärker mit Elektronik ausgestattet.

Worauf ist zu achten, wenn man sich einen BMW 730i oder 735i zulegen will? Rost ist ein marginales Thema. Er nistet sich vor allem an den Türunterkanten, den Wagenheberaufnahmen und im Schwellerbereich der vorderen Kotflügel ein. Durchgerostete undichte Kraftstoffleitungen sind ebenfalls ein Malheur.

Heute ab 3.000 Euro zu haben

Viele BMW 7er jenseits der 200.000 Kilometer mit Rest-TÜV fahren sich schwammig und schaukelig, das liegt an verschlissenen Querlenkerlagern, Spurstangenköpfen und Traggelenken, eine Überholung der Vorderachse kostet rund 700 Euro, hinten sind die sogenannten Tonnenlager der Schräglenker oft ausgeschlagen. Motor und Getriebe sind robust, neigen aber zu Ölverlust an den Wellendichtringen.

Die einst 60.000 bis 80.000 Mark teuren Luxuslimousinen sind heutzutage in gutem Zustand schon für 3.000 Euro zu haben. Sie vermitteln mehr denn je das typische BMW-Gefühl souveränen Fahrens – und dies in zeitlos-eleganter Form. Sogar der Fahrkomfort ist auf Mercedes-Niveau.

Auf einen Blick: BMW 735 i (E 32)

  • Sechszylindermotor Typ M30, eine obenliegende Nockenwelle
  • Hubraum: 3.430 cm
  •  211 PS bei 5.700/min
  • Fahrwerk: vorn Querlenker, McPherson-Federbeine, hinten Schräglenkerachse mit Federbeinen
  • Radstand: 2.833 mm
  • Gebaut von 1986 bis 1992
  • Produktionszahlen – 735i/iL 133.825, alle E32 von 1986 bis 1994: 304.706
  • Preis in Zustand 3: 3.000 Euro

Fahrzeugmarkt