Cabrio-Kauf

Drei gebrauchte Charakter-Cabrios

Viel Sonne und milde Temperaturen – das war der Winter 2014. Schnee und Eis: Fehlanzeige. Warum in den Skiurlaub, wenn zu Hause günstige Cabriolets locken?

Mercedes-Benz SLK 200 Kompressor, Seitenansicht Foto: Arturo Rivas 16 Bilder

Die Idee kommt uns an einem sonnigen Freitagnachmittag Ende Januar. Meine Freundin Britta und ich machen einen Ausflug an den Bodensee, spazieren an der Uferpromenade eines kleinen Dorfs entlang. Auf unseren Köpfen Wollmützen, dazu Winterjacken, an den Händen Lederhandschuhe. Wir haben uns auf einen kalten Wintertag eingestellt. Doch beim Blick auf ein Thermometer am Ufer merken wir: Es ist schlicht viel zu warm für Winterklamotten. Ungewöhnliche zwölf Grad weist die Anzeige aus. Typisch Winter 2014.

Also: Mütze runter, Handschuhe aus. „Das ist ja schon fast Cabriowetter“, meint Britta und grinst. Ich nicke und denke: „Warum eigentlich nicht!“ Erst abends frage ich nach: „Du, Britta, hast du das ernst gemeint – mit dem Cabrio?“ Zuvor habe ich mich eilig durch ein paar Anzeigen im Internet geklickt und bin neugierig geworden. Ein günstiges Cabrio als Zweitwagen für den Sommer – das wäre schon was. Die Antwort: „Ach Michael, du und deine Autos ...“

Doch zwei Wochen später – Schnee noch immer nicht in Sicht – ist es so weit. Britta und ich stehen auf dem Platz eines Gebrauchtwagenhändlers in der Nähe von Stuttgart. Der Gedanke an einen Cabriokauf im Winter hat mich nicht losgelassen. Nach ein wenig Überzeugungsarbeit findet auch Britta, umschauen könne man sich ja mal. Unser Budget: 5.000 Euro. Mehr sollte der offene Spaß nicht kosten. Besser weniger, sonst herrscht Leere auf dem Sparkonto. Auf unserer Liste stehen drei Cabriolets mit unterschiedlichem Charakter: ein sportlicher Mercedes- Benz SLK (R170), ein solides Opel Astra F Cabrio und ein frecher Peugeot 205 CJ.

Mercedes-Benz SLK: Starker Motor, tolles Roadster-Fahrgefühl

Vor der Autogalerie Aichwald in Köngen südlich von Stuttgart streckt uns ein Mercedes-Benz SLK seine lange schwarze Roadster-Motorhaube entgegen. Nur 4.680 Euro soll der Zweithand- SLK aus dem Jahr 1999 kosten – viel günstiger kann man den offenen Beau nicht fahren. Händler Predrag Lukanovic begrü.t uns mit Handschlag. „Den will jeder haben. Das Interesse auf die Annonce im Internet ist riesig“, erzählt er. Ich schaue auf den Angebotszettel hinter der Windschutzscheibe und wundere mich: „Nur“ ein SLK 200, aber 192 PS? „Der Wagen kommt aus Italien, da ist er die ersten elf Jahre seines Autolebens gefahren“, klärt Lukanovic auf. Wegen anderer Steuergesetze gab es den Zweiliter-Motor dort und in einigen weiteren südlichen Ländern nicht mit 136 PS, sondern mit Kompressor und 192 PS.

Britta und ich nehmen Platz auf den schwarzen Ledersitzen. Eine Sitzheizung gibt es leider nicht. Dafür stimmt die restliche Ausstattung: Klimaanlage, USB-Radio, Lederlenkrad und sportliche 17-Zoll-Alufelgen. Doch der wichtigste Test steht noch bevor: Klappt das Vario-Dach? Das elektrohydraulische Klappdach faszinierte beim Debüt 1996 sämtliche Autofans, lange Wartezeiten nach der Bestellung waren die Folge. Aber hier schwächelt unser Testwagen ein wenig. Normalerweise öffnet sich das Dach in 22 Sekunden. Doch am schwarzen SLK ist ein Seilzug ausgeleiert. Nur wenn man die Heckablage ein wenig anhebt, faltet sich das Dach korrekt zusammen. „Das zu beheben, kostet aber nicht die Welt“, sagt der Händler. Ein typisches SLK-Leiden zeigt sich im Innenraum: Der Kunststofflack blättert an vielen Stellen ab.

Ich starte den Motor, Aufbruch zur Probefahrt. Die Sonne scheint, wir fahren trotz acht Grad offen. Der Motor läuft rund und zieht nach 123.000 gelaufenen Kilometern kräftig durch, auch aus dem Drehzahlkeller. Die Tachonadel nähert sich hinter dem Ortsausgang viel zu schnell der 100er-Markierung, der Doppelrohrauspuff klingt dabei sonor. Leider steht das Lenkrad nicht ganz gerade, und der Wagen zieht leicht nach rechts. Das kann an den alten Reifen liegen oder an einer leicht verstellten Spur. Außerdem fehlt die Automatik, das Fünfgang-Schaltgetriebe hakelt ziemlich. Wir notieren in unser Testtagebuch: Starker Motor, tolles Roadster-Fahrgefühl. Uns ist der SLK-Kauf aber zu heikel. Für unter 5.000 Euro kann man keinen Top-Zustand erwarten. Mögliche Reparaturen an Dach und Fahrwerk könnten ins Geld gehen. Mercedes bleibt eben Mercedes. Und für einen solchen sind wir mit Mitte zwanzig vielleicht noch etwas zu jung.

Opel Astra F Cabriolet mit Sitzheizung

Deutlich hipper finden wir unser nächstes Cabrio. Hip, aber eher im 90er-Jahre-Sinn. Denn das Opel Astra F Cabrio Bertone Edition hört auf den Farbcode 366, glänzt in ungewöhnlichem Bermudagrün-Metallic. Händler Uwe Sayer aus Herrenberg kennt die tragisch-komische Geschichte des offenen Opel. „Der Astra sollte eigentlich ein Weihnachtsgeschenk sein. Doch der beschenkten Ehefrau gefiel der Wagen nicht“, erzählt Sayer schmunzelnd. Dabei stehe der im September 1999 erstzugelassene Astra in einem Top-Zustand da. Der Vorbesitzer habe sich das geplante Geschenk einiges kosten lassen: So wurden die Seitenwände des Fahrzeugs saniert und neu lackiert, der Zahnriemen wurde gewechselt, die Bremsen erneuert und sämtliche Dichtgummis ausgetauscht. Auf über 2.000 Euro summiert sich allein die letzte Rechnung aus dem Jahr 2013. Doch es half alles nichts. Zwar fuhr der Ehemann das Cabrio einige Monate, dann aber stand es zum Verkauf und gelangte so zu Uwe Sayer.

Nachdem Britta und ich uns an die Außenfarbe gewöhnt haben (ja, das geht), finden wir den Opel immer interessanter. ABS, schwarze Lederausstattung, Sportsitze mit Sitzheizung, 15-Zoll-Alufelgen von Aluett und vor allem das elektrische Verdeck mit Glasheckscheibe und Windschott – die Bertone Edition präsentiert sich erfreulich komplett und luxuriös. Die Laufleistung mit 151.000 Kilometern – in Ordnung. Wir montieren schnell unsere roten Nummern und starten zu einer kleinen offenen Spritztour – noch ist es trocken. Die Witterung erweist sich als launig, mal schauert es, mal lugt die Sonne hinter den Wolken hervor. Klassisches Aprilwetter eben – nur im Februar.

Auch in Bewegung macht der Astra eine gute Figur. Zwar ist die 75-PS-Maschine keine Rennsemmel, aber für gemütliches Cruisen im leicht hügeligen Umland von Herrenberg reicht es allemal. Britta lächelt, dank Sitzheizung ist es mollig warm im Opel. Auch unser Fotograf freut sich, er findet genügend Platz auf der Rückbank. Der Astra beweist, dass er ein nahezu vollwertiger Viersitzer ist. Wir nehmen ihn in den Kreis potenzieller neuer Sommerautos auf. Sein Preis: akzeptable 3.490 Euro.

Peugeot 205: Solides aber technisch nicht perfektes Cabriolet

Ein weiterer Kandidat wartet in Urbach bei Automobile Schabel auf uns. Er ist der älteste, kleinste und schwächste auf unserer Liste: ein Peugeot 205 Cabrio CJ, Baujahr 06/1992. Gleich auf den ersten Blick ist uns der Franzose sympathisch. „Der ist aber putzig“, lautet Brittas erster Kommentar zum kleinen Viersitzer-Cabrio. Ich finde, er wirkt eher sportlich-kompakt. Denn die 15-Zoll-Atiwe-Felgen mit neuen Sommerreifen sehen nicht nur herrlich aus, sie lassen den 205er vor allem satt auf der Straße stehen. Der umlaufende mehrfarbige Zierstreifen des CJ-Sondermodells harmoniert perfekt mit dem Blaumetallic- Farbton. CJ, das steht für Cabrio und Jeans: Die Sitze im Innenraum sind mit Jeansstoff bezogen.

Im Gegensatz zu den anderen beiden Cabrios ist beim 205 Handarbeit angesagt: Einen Knopf drücken, rechts und links einen Hebel umlegen, erst dann faltet sich das Verdeck auf leichten Druck zusammen. Mit wenigen Handgriffen noch die Persenning montieren, und los geht die Testfahrt. Youngtimer-Feeling macht sich breit: Eine Servolenkung, die gibt es nicht. Doch auch so lässt sich der 205 ohne allzu großen Kraftaufwand navigieren.
Dank schnell ansprechender Heizung bleibt es im Innern recht warm. Der 60-PS-Motor hat mit den rund 800 Kilo Gewicht leichtes Spiel, es geht flott um die Kurven. Nur Bordsteine oder Gullideckel versetzen den 205 in leichtes Zittern: Trotz Überrollbügel, wirklich verwindungssteif war und ist er nicht. Eine typische Cabrio-Krankheit, auch der Astra kennt sie.

Der Peugeot ist fast 22 Jahre alt, hatte drei Vorbesitzer. Ein Blick ins Handschuhfach beruhigt. Das Scheckheft ist durchgestempelt, der Zahnriemen wurde bereits dreimal samt Wasserpumpe und Spannrollen gewechselt, zuletzt vor rund 10.000 Kilometern. Bis auf zwei kleine Bläschen an den Radhäusern sucht man Rost vergebens, am Verdeck gibt es hinten links nur einen Mini-Riss. Das Dach sei aber dicht, betont Händler Bernhard Schabel. Ein wackelnder Fahrersitz und eine kleine Delle am Kotflügel vorne rechts, mehr Mängel finde ich auf den ersten Blick nicht. Eine solide Leistung für den 205, der selbst als Neuwagen technisch nicht unbedingt perfekt war. 1.990 Euro ruft Schabel für den Peugeot auf.

Eine Summe, die es wert wäre, den Versuch „Sommer-Cabrio“ zu wagen, finde ich. Die Unterhaltskosten halten sich im Rahmen, auch Britta gibt ihr Okay. Nur eine Frage bleibt: Ab wann soll ich das Saisonkennzeichen für den Peugeot anmelden? Schon ab März? Oder doch erst ab April? Wer weiß, ob der Winter es sich nicht doch noch einmal anders überlegt.