Fiat 850 Spider Fahrbericht

Günstiges Cabrio für den Alltag

Der Fiat 850 Spider zeigt, dass er sich in der Riege der italienischen Sportwagen neben Ferrari und Lamborghini nicht zu schämen braucht – und zugleich eine eine preiswerte Alternative zu diesen bietet.

Fiat 850 Spider, Fahrt, Draufsicht Foto: Arturo Rivas 10 Bilder

Wer an Italien denkt, dem kommen Sonne, Weinberge, gutes Essen und alte Dörfer in den Sinn: Man sieht vor dem inneren Auge, wie sich Häuser mit kleinen Fenstern an steile Berghänge drängen und enge Straßen sich mit vielen Kurven hindurchschlängeln. Wer hier ein zu großes Auto fährt, bekommt schnell Probleme – selbst ohne Gegenverkehr. Kein Wunder also, dass die 1899 gegründete italienische Marke Fiat schon immer eine große Auswahl an kleinen Fahrzeugen herstellt: Mit einem Fiat 850 Spider etwa hat man in den engen Gassen weitaus mehr Spaß als mit einem großen Mercedes – der läuft Gefahr, stecken zu bleiben.

Italien ist für Tagesausflüge leider zu weit, doch auch am Schwäbischen Meer lässt sich ein Italiener gut fahren: Zwischen unzähligen Apfelplantagen am Bodensee gibt es genügend Landstraßen, die für dieser 1967er Fiat 850 Spider perfekt geeignet sind. Fachwerkhäuser und Segelboote im Hintergrund erschaffen eine wahre Puppenhauslandschaft, in die sich der – wie es sich für einen italienischen Sportwagen gehört – knallrote Fiat 850 Spider ohne Probleme einfügen kann.

Fiat Spider für enge Gassen

Auf den kleinen Straßen der Bodenseelandschaft zeigt der Fiat 850 Spider, wie wendig er ist. Durch seinen extrem niedrigen Schwerpunkt – der Wagen misst in der Höhe nur 1,2 m – kommt man in ihm auch mit hohen Geschwindigkeiten gut um die Kurven. Die vermeintlich geringen 49 PS, die von vier Zylindern mit insgesamt 850 cm3 Hubraum – daher der Name der 850er- Baureihe – erreicht werden, genügen, um den 720 kg leichten Fiat 850 Spider auf 150 km/h Höchstgeschwindigkeit zu bringen.

Immerhin hatte er schon zwölf PS mehr als der erste Fiat 850, der im Prinzip nur eine größere Version des 600 war und ab 1964 gebaut wurde: eine Limousine, die keine 130 km/h erreichte. Ihr sportliches Pendant, der Fiat 850 Special, schaffte schon etwas mehr. Doch auf dasselbe Konzept und Fahrgestell der Limousinen setzte Fiat noch acht weitere, unterschiedlichste Karosserien. Der Entwurf und die Herstellung des Fiat Spider und seines späteren Nachfolgers wurden komplett zu Bertone ausgelagert. Daher könnte man ein 850er-Coupé und einen Spider nebeneinander stellen, und die meisten Betrachter würden sie für zwei komplett unterschiedliche Wagen halten. Die verschiedenen Firmenlogos tragen zu dieser Täuschung bei: Für den Fiat Spider ließ die Marke das alte, von einem Lorbeerkranz umkreiste Emblem wiederauferstehen, welches an die erfolgreiche Renngeschichte des Autobauers erinnert.

Spider und Coupé wurden beide im Jahre 1965 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt und waren deutlich stärker und schneller als die Limousine. Drei Jahre darauf wurde für beide ein Nachfolgemodell produziert: das Sport Coupé und der Sport Spider. Diese unterschieden sich vor allem äußerlich von ihren Vorgängern – das Coupé erhielt Doppelscheinwerfer und die des Spider wurden senkrecht gestellt –, doch leistungsfähiger waren sie auch geworden.

Großer Vielfalt in der 850er-Pallette

Zu den Typen Limousine, Coupé und Sportwagen gesellte sich Mitte der Sechziger noch ein weiterer 850-Karosserietyp: der T. Wie bei Volkswagen steht das „T“ auch bei Fiat für den Nutzfahrzeugtyp. Es gab den Fiat 850 T als Lieferwagen, welcher „Furgonetta“ (wörtlich: kleiner Kleintransporter) genannt wurde, oder als Kleinbus unter dem Namen „Familiare“. Doch auch bei anderen Karosseriewerken war der 850 sehr beliebt, weswegen viele dessen Grundlage nutzten. So brachten die Turiner Carrozzeria Ellena einen Spyder, Vignale eigene Coupés und Cabriolets und Francis Lombardi den Fiat Lombardi Grand Prix 850 auf den Markt.

Doch das alles waren keine Massenprodukte und daher weitaus teurer als die Originale. Neu hat der Fiat 850 Spider in den Sechzigern nur 7150 Mark gekostet und war damit im Vergleich zu anderen aktuellen Sportwagen wie dem Austin-Healey Sprite Mark III und dem VW 1300 Karmann-Ghia Cabrio im Preis-Leistungs-Verhältnis ganz oben mit dabei, auch der Durchschnittsverdiener konnte ihn sich leisten.

Günstige Reparaturkosten im Fiat 850 Spider

Die Instandhaltung des Fiat 850 Spider war ebenfalls ein geringer Kostenpunkt: Lediglich eine Handvoll Schrauben muss man lösen, um das hintere Blech samt Stoßstange abzunehmen, wodurch man den Heckmotor geschickt erreichen kann. Mit einem Hocker davor kann sich der Mecha niker die Hebebühne sparen, denn unter dem kleinen Italiener ist nicht viel. Elektrik, Bremsund Kupplungszüge finden Platz in einem niedrigen Mittelbau zwischen den beiden Sitzen. Durch die große Auflage des Spider waren Ersatzteile gut verfügbar und günstig – das sind sie auch heute noch. „Außer den Scheinwerfern. Die sind teuer“, sagt Fiat-850-Spider- Besitzer Ralf Steck. „Und den Türgriffen. Beide wurden auch im Lamborghini Miura verbaut.“

Ein weiteres Highlight des Fiat 850 Spider ist das sportlich gestaltete Armaturenbrett: Ein steil stehendes Sportlenkrad bietet genügend Sicht auf die dahinterliegenden Instrumente. Runde mattschwarze Anzeigen geben Auskunft über Geschwindigkeit und Drehzahl, ein Öldruckmesser hat auch noch Platz gefunden. Unter den Wasser- und Tankanzeigen findet man vier Kippschalter für Licht, Armaturenbrettbeleuchtung, Innenbeleuchtung und Scheibenwischer.

Die serienmäßig in Holzimitat gefassten Instrumente sind durch die Neigung des Armaturenbretts auch während der Fahrt gut lesbar. All dies steigert das Gefühl, in einem richtigen Sportwagen zu sitzen: Der Motor ist direkt hinter den Passagieren platziert, natürlich nicht verkapselt und erzeugt bei hohen Drehzahlen die schönsten Klänge. Zusammen mit dem doppelten Auspuff und dem Fahrtwind – auf den breiten Sitzen ist man zwar tief positioniert, aber wenn die Fenster heruntergekurbelt sind, weht es dennoch ordentlich – hört sich der Spider fast wie einer seiner größeren Cousins an.

Und so muss das bei einem offenen Sportwagen nun mal sein: Windig und laut macht das Fahren am meisten Spaß. Am Fiat 850 Spider ist einiges klein: der Preis, der Motor und der Fußraum. Aber das Fahrgefühl ist überragend.