Fiberfab Bonito im Fahrbericht

Plastik-Flundern mit Käfer-Antrieb

Bonito? Schon mal gehört? Vielleicht. Gesehen? Eher nicht. Die Kitcars auf Volkswagen Käfer-Basis sind mangels Fürsorge fast ausgestorben. Wir haben drei Bonitos zu einer herbstlichen Ausfahrt eingeladen.

Fiberfab Bonito, Verschiedene Modelle Foto: Arturo Rivas 39 Bilder

"Der Bonito ist ein windschnittiger Sportwagen besonderen Formats. Seine geduckte, flache Stromlinienform mit tief liegender Gürtellinie entspricht dem Temperament einer Raubkatze." So steht es in einer Pressemitteilung. Raubkatze? Temperament? Alles Stichworte, die auf die gute alte Käfertechnik so gar nicht passen wollen, diese stellt nämlich die Basis für jenen Bausatz dar.

"Verwandeln Sie Ihren Käfer in einen rassigen Bonito!"

Oder doch? Die Firma Fiberfab, die noch heute mit Sitz in Ilsfeld bei Heilbronn produziert, stellte 1969 auf der IAA den Bonito vor - beziehungsweise einen Bausatz. "Verwandeln Sie Ihren Käfer in einen rassigen Bonito!", hieß es. Alles klar. Man nimmt also eine 240-Kilogramm-Fiberglaskarosserie im GT 40-Look, tausche diese gegen das solide Blechhaus der glubschigen Knutschkugel - und fertig ist er: der schnittige Sportwagen. Ja, so einfach war es damals. In etwa 150 Arbeitsstunden könnte
sogar der Laie seinen ganz eigenen Wagen herstellen.

Zwischen 1.000 und 1.500 Bonito-Bausätze, die allesamt aus zwei Negativform entstanden, wurden verkauft. Heute sollen davon noch 200 bis 300 übrig sein. Die Recherche nach genauen Stückzahlen fällt nicht nur schwer, sie ist gar unmöglich. Denn im Fahrzeugschein steht, wie üblich bei Eigenbauautos, der Name desjenigen, der das Auto damals bei der Prüfstelle vorgeführt hat. Mayer, Becker, Huber und Co. haben sich aber größtenteils und altersbedingt von ihren Eigenbauten getrennt. Mittlerweile haben die Autos neue Besitzer gefunden.

Wilder Mix aus Ferrari Testarossa, Opel GT - und 44 PS-Boxer

Während Passanten allesamt fragen: Was ist das für ein Auto? und die Kollegen mit: Bonito? Der geht mal gar nicht!, ihren Beitrag zum selten gesehenen Käferbausatz beitragen, sind sich Brigitte, Eike und Joschua einig: Meiner ist der Schönste. Ja, während mancher Freund automobiler Klassiker noch nie solch einen Bonito gesehen hat, tummeln sie sich andernorts. Gleich vier bündeln sich in einer Garage in Tübingen. Mit dreien hatten wir an einem Sonntag im Spätherbst das Vergnügen.

Nach dem Grundsatz Ladies first beleuchten wir zum Ersten Brigittes rote Flunder. "Wenn ich mit dem vorfahre, denken alle, da hockt son junger Typ drin. Und dann wundern sie sich, dass so eine alte Kugel aussteigt", lacht sie und streichelt verliebt über den mit Testarossa-Lufteinlässen verfeinerten Wagen.

Die Rückleuchten stammen vom Opel GT, der Spoiler-Hersteller ist ihr unbekannt. Aber: "Der ist perfekt zum Rückwärtseinparken, da weiß man, wo das Auto vorbei ist", lobt sie die prollige Lippe auf der Motorhaube, unter der ein 1,6-Liter-Vierzylinder-Boxermotor luftgekühlt den "Sportwagen" vorantreibt. Unter den Radläufen protzt der 4,35 Meter Kurze mit zweifarbig lackierten Felgen mit Mooneyes-Radkappen, verchromt natürlich.

Im Innenraum geht es im "Porno-Stil" weiter. Roter Teppich und weiße Schalensitze vom Porsche 914, passend zum leicht verlebten Cockpit in Weiß, und alles riecht nach Käfer. Kein Wunder, Türkurbeln, Öffner - und natürlich die Bodenplatte kommen aus dem VW-Konzern. Brigitte ist keine Schrauberin, sie ist Sekretärin und hat sich sofort in genau diesen Bonito verliebt.

Statt Ferrari wurde es ein Bonito

Letztendlich verbindet die Fahrzeuge ein Mann, der dem Bausatzwagen schon seit Jahren verfallen ist. Eike Landthaler stöberte bei der uns bekannten 3, 2, 1 - Börse nach einem Ferrari. Doch anstatt eines günstigen Mondial oder 308 wurde er auf einen Bonito aufmerksam. Günstiger, leichter zu reparieren - und vor allem dank Käferbasis auch für Normalverdiener zu unterhalten.

Eigentlich gehörte seine ganze Motivation der alten Mini-Generation, doch dieser Herausforderung konnte er sich nicht entziehen. "Leider war der Erste nix", erinnert sich der 29-jährige Dekra-Prüfer an sein Höchstgebot. Letztendlich ist der Bonito sowieso nicht für ihn gemacht. Trotz angepasster Lenksäule biegt sich der 1,90-Meter-Mann nur schwer in die kleine Karosse.

"Das Schiebedach - war das schon?" - lautete meine Frage bei der Begutachtung. "Das war schon drin, aber ohne kann ich die Ampeln nicht sehen", seine Antwort. Von den drei vorgestellten ist Eikes Bonito, Erstzulassung laut Schein 1977, und der Einzige, der die Firma Fiberfab als Hersteller eingetragen hat, der sportlichste Typ.

"Nicht so richtig toll - aber nett sehen sie aus"

Die weiße Kofferraumhaube des Bonito vorn, unter der sich der Tank befindet, fällt auf. Zudem ist er im Dreigestirn der ins Deutsche übersetzt "Schönen" der Einzige, der mit einem VW Typ 4-Motor ausgestattet ist. Knapp 85 PS sind drin. Eine Leistungsangabe, die bei einem Leergewicht von etwa 785 Kilogramm im Ansatz der eines Sportwagens aus der damaligen Zeit entspricht. Dazu passt das Instrumentenbrett, eigentlich aus dem Buggy, mit Nippel-Porsche-Tacho und Drehzahlmesser hervorragend - vorausgesetzt, Optik steht vor Nutzwert.

"So richtig toll sind die zwar nicht", sagt der Bonito-Fan. "Aber nett sehen sie ja schon aus." Diese Information trifft auf die gesamte Konstruktion zu. Die Hülle mit den fiberglastypischen Schwächen wie Rissen oder spröden Stellen ist im Übrigen nicht einfach nur auf die Käfer-Bodenplatte aufgeschraubt, sondern muss mit einem Hilfsrahmen an der Vorderachse und weiteren Verstrebungen versteift werden.

"Original" gibt es beim Bonito nicht

Ganz so einfach wie im Bonito-Prospekt ist es also doch nicht - auch wenn keine Schweiß-, sondern nur Schraub- und Bohrarbeiten notwendig waren. Zudem enthielt der Bausatz auch nicht alle Teile, sondern nur die Karosse, Seitenscheiben, ein spärliches Instrumentenbrett. Front- und Heckscheibe galt es neben der Bodenplatte inklusive Fahrwerk und Motor selbst zu beschaffen.

Es gab zwar Tipps, welche hauptsächlich auf das Ford- und Opelregal als Teilespender für Glas, Scheinwerfer und Rückleuchten verwiesen, generell hatte der Bonito-Erbauer aber freie Wahl bei der Teilebeschaffung. "Original gibt es bei dem Auto eigentlich nicht", weiß Eike, schließlich konnte jeder sein eigenes Auto bauen, wie es ihm gefällt.

Brigittes Bonito wurde zehn Jahre vom Erstbesitzer aufgebaut und kam über den Umweg über Holland schließlich in Eikes Besitz. Allerdings war ihm der Testarossa-Bonito ein bisschen zu heftig. "Ich kann doch sowieso nicht alle meine Autos fahren, Brigitte hat ihn als ewige Leihgabe gekauft. Sie darf ihn aber nicht weggeben", erklärt er die Umstände.

18 Jahre in der Scheune gelagert

Unter dem gleichen Vorwand hat er einen weiteren Bonito in fachgerechte Fürsorge entlassen, Erstzulassung 1968. Nochmal zur Erinnerung: Den Bonito gab es erst ab 1969. "Manche Prüfer haben die Fahrgestellnummer und die Erstzulassung von der Käferbodengruppe übernommen", weiß Übergangsbesitzer Joschua Schwörzer.
Im echten Leben baut er Lösungen für Krankenfahrstühle, in der knappen Freizeit kümmert er sich neben seiner Tochter auch um die "Ratte" der Bonito-Dreierreihe.

18 Jahre kauerte diese in einer Scheune und musste sich das unfachmännische Ausprobieren diverser Jugendlicher gefallen lassen - bis ihn Eike vom Sohn des Erbauers abkaufte und seinem Kumpel aufschwatzte. So richtig hin und weg war der nämlich gar nicht vom Bonito-Bastelbausatz, ließ sich schließlich aber doch anstecken.

Und heute? Heute liegt eine lange To-Do-List auf der Werkbank der gemeinschaftlichen Schrauberhalle. Hauptsächlich geht es um Rückrüstung. Denn so, wie die Opel-Uhr in das abgerockte Instrumentenbrett "fies reinlaminiert" ist, sieht es in vielen kleinen Ecken aus. Bastelauto hin oder her, ein bisschen ordentlich soll es schon aussehen. Vorrang hatte für den 29-Jährigen jedoch die Technik seines Bonito. Alles, was man nicht sieht, ist frisch aufbereitet. Von der Pendelachse bis zur Empi-Schaltwegsverkürzung.

Ein Sportwagen, der überall Aufsehen erregt

Joschi lässt den Käfer im Sportwagentrimm gerne mal quer kommen und amüsiert sich bei gelegentlichen Pausen über die Unterhaltungen der Passanten über den Bonito. "Es ist so dreist, wie manche Leute lügen können. Die denken sich echt was aus, um die anderen zu belehren - köstlich", lobt er das Geschwätz um die unbekannte Karosse außerhalb von idealerweise stark geschwungenen Landsträßchen.

"Nicht gesucht und dennoch gefunden", passt zu diesem Team ebenso gut wie zu den anderen Verpaarungen. Brigitte, die Sekretärin im Testarossa-Bonito, Eike mit seinem Sportwagen und Joschua im Mad-Max-Mobil. Beinahe könnte man glauben, sie selbst hätten ihr Traumauto kreiert, wie es die letzte Zeile einer Pressemitteilung verspricht, die da heißt: "Mit besonderer Befriedigung können Sie sich nun diesen Wagen schaffen, dem Sie jede persönliche Note geben können, den Sie durch eigene Leistung erschaffen haben, einen Sportwagen, der überall Aufsehen erregt."