Ford Granada 2.8i GLS im Fahrbericht

Unser Ford war damals schneller als die 323 i

Den großen Ford Granada bewegt Bernhard Gerhauser nur zu besonderen Anlässen. Sobald der V6 gesunde 90 Grad hat, gibt er ihm lustvoll die Sporen. Kaum einer ahnt, was in dem schlichten Wagen steckt.

Ford Granada 2.8i GLS,  Frontansicht Foto: Arturo Rivas, Frank Herzog 9 Bilder

So ein Ford Granada ist auch immer eine Zeitmaschine in die eigene Vergangenheit. Väter und Verwandte fuhren so einen, meist war er Signalgrün, Geminiblau oder Spanischrot. Der Zwei-Liter-V6 war im Spießbürgertum der Vorstadtsiedlungen das höchste der Temperamentsgefühle, und ein Kofferraum groß wie ein Swimmingpool schien wie geschaffen zu sein für die große Fahrt nach Rimini.

Es gibt kaum noch gute Ford Granada

Wirklich geliebt haben wir den Ford Granada erst später, als es fast schon keine guten mehr gab. Zumindest keine der ersten Serie mit ihrem schwülstigen Straßenkreuzer-Charme. Auf einmal fanden wir die Spießerkarre der Siebziger cool. Oh nein, pardon, diesen herrlichen Familienwagen für die große Reise. Der Name Granada scheint Programm. Eine Fahrt nach Andalusien wäre heute spontan vorstellbar, wenn sich nicht gerade ein 1700er-V4-Motor vorn unter der Haube quält.

Leistungsprobleme kennt Robert Gerhauser nicht, er schöpft aus dem Vollen. Sein stratossilberner Ford Granada 2.8i GLS der sachlichen zweiten Serie, die aussieht, als hätte Pininfarina sie gestaltet, gebietet über satte 160 PS Leistung. Das ist mehr, als zwei V4-Motoren Richtung Kardanwelle schicken würden. Sein Vater hat sich den Wagen allen Daimlern und BMW zum Trotz 1978 neu gegönnt, den Lebenslauf des großen Ford füllt eine üppige Akte. Mit ein paar Extras kam die sportlich angehauchte Limousine mit S-Paket fast auf den Listenpreis eines Mercedes 280 E, W 123.

Fahrwerk auf Augenhöhe mit Mercedes W 123

Gerade heute, in diesen bewegten, emotional aufgeladenen Youngtimer-Zeiten, ist der solide, zuverlässige Ford Granada eine Alternative zum allseits gefeierten W 123. Seine Türen fallen genauso satt ins Schloss, und sein Interieur ist zumindest ab GL ebenso gediegen. Sein Fahrwerk ist mit der aufwendigen Schräglenkerachse hinten und der massiven Doppelquerlenker-Konstruktion vorn eine Kopie der Strichacht-Bodengruppe. Einzig die primitive Haltestange für die schwere Motorhaube wird von Detail-Fetischisten als Zumutung empfunden.

Darunter sieht es sehr aufgeräumt aus, der kompakte V6 des Ford Granada 2.8 i lässt trotz üppigem Einspritzgeweih ringsrum viel Raum. Wer gern selbst schraubt, ist herzlich eingeladen. Die vehemente Kraft traut man dem unscheinbaren Motor gar nicht zu. Er kann beides, kräftig aus dem Keller eines zu großen Gangs beschleunigen oder freudig bis auf 5.500 Touren hochtrompeten. Bis 3.000 entfaltet er sein schönstes Klangbild, mal wummernd, mal grollend, stets satt und bassig. Das macht bei offenem Fenster Laune, das kann ein 280 E eben nicht.

Straffes S-Fahrwerk mit breiter Spur

Die K-Jetronic zügelt vor allem im mittleren Drehzahlbereich, der ja der freudvollste ist, den Verbrauch. Mehr als zwölf Liter laufen dann nicht durch, auch wenn Bernhard Gerhauser seinem Silberling ab und zu die Sporen gibt, um neue 5er-BMW zu ärgern. Das Vierganggetriebe des Ford Granada 2.8i lässt sich leicht und präzise schalten. Nur die Wege sind recht lang, und ein Fünfter wäre nicht schlecht, um auf dem weiten Weg nach Andalusien seltener zu tanken.

Dank breiter Spur und straff abgestimmtem S-Fahrwerk liegt der Ford Granada satt auf der Straße, Motorrad-Racer Gerhauser demonstriert auch dies eindrucksvoll auf der bergigen Hausstrecke am Fuße der Zugspitze.

Ist denn wirklich alles paletti beim Ford Granada? Na ja, der Rost nagt gern an den Vorderkotflügeln, den hinteren Radläufen und granadaspezifisch am Querträger im Kofferraum. Und die Metallic-Lacke werden bei Ford gerne matt, doch diese feine Patina steht dem rostfreien Ford Granada 2.8i GLS im Familienbesitz ausgezeichnet.