Monteverdi Safari im Fahrbericht

Muddyverdi - Schweizer Zugmaschine

Monteverdi Safari – schon mal gehört? Neben hochkarätigen Sportwagen baute Peter Monteverdi im schweizerischen Binningen auch luxuriöse Geländewagen – perfekt für den guten Überblick auf dem Boulevard, dennoch einer ordentlichen Schlammpackung nicht abgeneigt. 

Foto: Frank Herzog 10 Bilder

Der Monteverdi Safari gehört zur Gattung der Automobile, denen Kenner üblicherweise mit einem „Ach ja, den gab's ja auch mal“ begegnen. Wer sich nicht auskennt, fragt erstaunt: „Ach – den gab's auch mal?“ Das liegt natürlich an der geringen Verbreitung: Statistisch sollten sich von einem Fahrzeug rund 50.000 Exemplare auf Deutschlands Straßen tummeln, damit es als Bestandteil des Verkehrs wahrgenommen wird.

Da tut sich der Schweizer Luxus-Geländewagen mit einer gerade vierstelligen Produktionszahl naturgemäß schwer. Zumal ein guter Teil von seinen Erstbesitzern in ferne Garagen mit viel Wüste drumherum gestellt wurde. Oder tatsächlich einen bestimmungsgemäßen Einsatz erfuhr: Unser Monteverdi Safari etwa wurde von dessen landadligem Käufer fast ausschließlich als Jagdwagen genutzt und über 60.000 Kilometer durch Feld und Wald getrieben. 

Monteverdi Safari mit amerikanischer Offroad-Technik

Dort machte der Monteverdi Safari sicherlich keine schlechte Figur, schließlich hatte Peter Monteverdi beim Bau seines ersten Geländewagens auf bewährte amerikanische Offroad-Technik zurückgegriffen: Der Rahmen mit blattgefederten Starrachsen vorn und hinten stammte ebenso wie der Allradantrieb samt Reduktionsgetriebe vom International Harvester Scout – einem etwas grobschlächtigen frühen SUV, der im Prinzip seit 1961 in Fort Wayne, Indiana, gebaut wurde.

Bei den Motoren favorisierte Monteverdi Safari wie schon bei seinen Sportwagen verschiedene Chrysler-V8 und bot zunächst eine 5,2-Liter-Version und eine mit 5,9 Litern an. In der Regel kam aber zumeist der technisch weit gehend baugleiche 5,7-Liter-V8 mit 165 PS aus dem Scout zum Einsatz – doch einige Exemplare sollen tatsächlich den King-Size-7,2-Liter mit 305 PS erhalten haben. Über die als ausgesprochen robust geltende Technik formte der Schweizer italienischer Abstammung sodann eine schnörkellose Karosserie, die mit bester britischer Zurückhaltung glänzte.

Top ausgestattet steht der Monteverdi Safari1976 auf dem Genfer Salon

Eine großflächige, kaum gekrümmte Frontscheibe und tief heruntergezogene, klar unterteilte Seitenscheiben des Monteverdi Safari sorgten für einen luftigen Aufbau, der Kühlergrill mit den beiden Doppelscheinwerfern demonstrierte deutlich die Verwandtschaft zu den Sportwagen.

Sportlich-luxuriös präsentierte sich auch der Innenraum des Monteverdi Safari: Tacho- und Drehzahlmesser sowie eine Reihe Zusatzinstrumente lagen direkt im Blickfeld des Safari-Fahrers, die Hände ruhten auf einem lederbezogenen Dreispeichen- Sportlenkrad. Aus praktischen Gründen – Jäger tragen gern feuchte Barbour-Jacken – waren die Sitze mit Kunstleder bezogen, dafür gab es weiche Teppiche. Außerdem serienmäßig: Servolenkung, elektrische Fensterheber, elektrisch verstellbare Außenspiegel, Zentralverriegelung, getönte Scheiben und natürlich eine Klimaanlage. Dagegen wirkte die zeitgenössische Konkurrenz bestenfalls rustikal, mitunter auch ärmlich. 

Lackiert in gedeckten Farben, stand der geballte Luxus auf vier grobstolligen Reifen im März 1976 auf dem Genfer Salon – und sorgte zunächst für Befremden: Wie kam Peter Monteverdi, der ehemalige Rennfahrer, Ferrari-Importeur und ab 1967 Erschaffer exklusiver Sportwagen, die es leistungsmäßig mühelos mit den Größen ihrer Zeit aufnehmen konnten, wie also kam dieser ausgewiesene Vertreter der gehobenen Lebensund Gangart auf einmal auf die Idee, Geländewagen zu bauen?

Nur auf Wunsch gab es ein Schaltgetriebe

Er hätte schon immer gern einen Range Rover gehabt, erklärte Monteverdi damals verschmitzt, der sei aber leider nicht mit Automatikgetriebe lieferbar. Wohingegen sein Monteverdi Safari selbstverständlich serienmäßig über diese Komfortausstattung verfüge.

Nur auf ausdrücklichen Wunsch gab es im Monteverdi Safari optional eine manuelle Viergang-Schaltbox. Gute Geschichte – allerdings weit an der Wahrheit vorbei. Zum einen nämlich besaß Monteverdi einen Range Rover, wenn auch eher als Anschauungsmaterial. Vor allem aber benötigte der Schweizer dringend eine alternative Produktlinie in seinem Fahrzeugangebot, denn die solvente Kundschaft hielt sich nach Geschwindigkeitsbeschränkung und Erdölschock ab Mitte der Siebziger merklich zurück und wollte von sündteuren handgefertigten Luxus-Sportwagen nicht mehr viel wissen.

Mehr Luxus geht kaum in einem Geländewagen

Da bot sich der wachsende Markt der luxuriösen Geländewagen geradezu an – zumal British Leyland mit der Produktion des Range Rover kaum hinterherkam. Außerdem hatte Peter Monteverdi gewissermaßen schon geübt: 1974 hatte er für den Wiener International-Importeur einen Scout mit elegant abgeänderter Karosserie gebaut. Branchenkenner lobten daher nach kurzer Befremdungsphase auf dem Genfer Salon 1976 die Weitsicht des winzigen Automobilherstellers, und auch die Tester fanden den Monteverdi Safari gelungen.

Götz Leyrer hob in auto motor und sport neben dem Komfort besonders den Allradantrieb mit selbstsperrendem Differenzial an der Hinterachse und manuell blockierbarem Differenzial vorn lobend hervor und meinte: „Wenn ein dieserartig ausgerüstetes Auto einmal nicht mehr weiter kommt, tun sich auch Maultiere schon schwer.“ Auch die Kunden zeigten sich vom Monteverdi Safari überaus angetan und sorgten für volle Auftragsbücher – als selbstverstärkender Effekt stieg in der Folge auch der Absatz der Sportwagen wieder an. 

Monteverdi baut schnell mehr Geländewagen als Sportler

Allerdings konnte Monteverdi nicht, wie geplant, die Lastwagenwerke Saurer in Arbon als Hersteller für sein selbst entwickeltes Chassis nebst Karosserie gewinnen und musste daher auf das Original-Chassis des Scout zurückgreifen, um der Bestellungen Herr zu werden.

Bald übertraf der Geländewagen-Ausstoß in Binningen bei Basel die Zahl der gefertigten Sportwagen und Limousinen bei Weitem, zumal Monteverdi mit dem Sahara, einem abgespeckten Safari, einen weiteren Geländewagen nachschob. Das blieb im Prinzip so bis 1982, als Peter Monteverdi aus verschiedenen Gründen (verschärfte Bestimmungen, Einstellung der Scout-Baureihe, Kostendruck) die Automobilfertigung aufgab. Insgesamt aber kamen die Monteverdi Safari nur in homöopathischen Dosen auf den deutschen Markt, und die wenigsten haben bis heute überlebt – nicht zuletzt auf Grund mangelnder Rostvorsorge.

Mit H-Kennzeichen ist der Monteverdi wirtschaftlich

Heute haben die Monteverdi Safari die magische H-Kennzeichen-Schwelle überschritten, ab der ein Betrieb wirtschaftlich sinnvoll ist. Entsprechend freudig wird unser Wagen begrüßt, wenn er unterwegs ist: „Die Daumen gehen eigentlich immer nach oben“, meint Besitzer Oliver Maierhofer. Der 41-Jährige hat den Monteverdi Safari vor einigen Jahren in seiner Heimatstadt Düsseldorf entdeckt und dem Besitzer abgeschwatzt.

Seither nutzt er das kräftige Gefährt vor allem als Zugfahrzeug, um seinen Anhänger samt historischem Rennauto zum Nürburgring zu ziehen. Auch dort erregt der Monteverdi Safari unter Kennern Aufsehen: Das englische Magazin Classic & Sportscar etwa würdigte den silbernen Geländewagen in einer Reportage zum Oldtimer-Grand Prix 2006 mit Bild und der Anmerkung „Die Trumpfkarte unter den Zugmaschinen!“ Tatsächlich lässt es sich kaum entspannter mit Anhänger reisen als mit dem Monteverdi Safari, schließlich liefert der 5,7-Liter-V8 stolze 400 Newtonmeter Drehmoment – und das schon bei 2.000 Touren. 

Gelassenes Grollen, akzeptables Fahrwerk

Falls der Chauffeur des Monteverdi Safari die Anhängelast unterwegs verliert, wird er es möglicherweise kaum bemerken. Dazu kommen ein gelassenes Grollen aus den beiden Endrohren, nicht aufdringlich, aber deutlich, eine nicht zu ruckelig schaltende Dreigang-Automatik und eine leichtgängige Servolenkung.

In der Stadt und auf der Landstraße sind auch Fahrwerk und Bremsen akzeptabel; viel schneller als die mit Anhänger erlaubte Höchstgeschwindigkeit probiert man allerdings nicht allzu oft. Hingegen genießt die Besatzung einen außerordentlichen Sitzkomfort und ein überragendes Raumgefühl; zwischen der klappbaren Rücksitzbank und der horizontal geteilten Heckklappe findet zudem bei Bedarf der halbe Hausrat Platz.

Nur eines sollte der Fahrer des Monteverdi Safari nicht sein: kontaktscheu. Bei fast jedem Stopp nämlich fragt jemand, was das für ein Auto sei, und wo man es aufgetrieben habe.