Nissan 300 ZX im Fahrbericht

Luxus-Coupé mit Japan-Flair

Der Nissan 300 ZX kann amerikanische Einflüsse in Design und Handling nicht leugnen. Aber er ist keine billige Corvette-Kopie, sondern ein aufwendig konstruiertes Luxus-Coupé mit dem hochdosiertem Japan-Flair der Achtziger.

Nissan 300 ZX, Typ Z31, Baujahr 1986 Foto: Hardy Mutschler 18 Bilder

Die Frage „Gefällt der meiner Frau?“ sollte man sich lieber nicht stellen. Dann wird nichts aus dem Nissan 300 ZX. Solche Autos sind in der Regel nicht frauenkompatibel. Kantig, exotisch und ein bisschen amimäßig-machohaft kommt nicht gut. Frauen lieben mainstreamige Eleganz und Premium-Markenlabels.

Nissan ist für sie nichts anderes als ein süßer, kleiner Micra. Wenn man einen Nissan 300 ZX durchsetzen will, was als einziges Auto unmöglich sein dürfte, muss man dies sehr diplomatisch anstellen. Vielleicht sollte im Handschuhfach der Gutschein für ein Wellness-Wochenende liegen und die erste Fahrt „in diesem komischen Ding“ zum Sterne-Restaurant führen. Schon für 4.000 gibt es ein Topexemplar.

Das ist kein schlechter Kurs für 170 PS, 1.440 Kilo Leergewicht und, wenn man will, 220 km/h Spitze. Damals, 1986, kostete er 40.000 Mark. Aber in Deutschland mochten den Nissan 300 ZX nur ausgesprochene Individualisten. Japaner hatten Mitte der Achtziger noch kein Image, V6-Motor hin, Schräglenkerachse her. Ein schlichter Porsche 924 mit V.A.G.-Regaltechnik und hinteren Trommelbremsen zum ausstattungsbereinigt fast gleichen Preis hat auch heute noch eine weit größere Fangemeinde.

Nissan 300 ZX wird nicht erst genommen

Auch BMW- und Mercedes-Fahrer nehmen den Nissan nicht ernst. Für sie spielt er in der populären Liga eines Opel Monza GSE oder eines Audi Coupé GT 5E, weit entfernt vom Nimbus ihrer Herrenfahrer-Mobile.

So ein seriös-eleganter BMW 628 CSi oder ein edel aus staffierter Mercedes 280 CE rangiert einige Klassen über dem Japan-Sportler mit der Muscle-Car-Attitüde, da hilft auch die glorreiche Fairlady-Z-Vergangenheit nicht viel. Auto-Freaks können beim Nissan 300 ZX nicht so herrlich in Sonderausstattungs-Codes und fantasievollen Farbnamen schwelgen. Auch die Prospekte sind viel spärlicher, und die Preislisten haben nicht das gewohnte Taschenbuchformat.

Beim Nissan 300 ZX gibt es nur drei Extras, Automatik, Klima und Metallic, der Rest ist serienmäßig bis auf Lederpolsterung, die gibt es erst gar nicht. Auch die Farbpalette ist sehr übersichtlich, zwei Uni- und fünf Metallic-Töne machen die Entscheidung leicht. Doch der Reiz des Fahrzeugs liegt in der Verkörperung einer anderen Automobilkultur, die sich im Innenraum in fast allen Details offenbart.

Sein Besitzer sagt, dass es ihm auch nach längerer Einfahrzeit immer noch gelänge, eine neue Funktion zu finden. Präzise Beschriftung in Englisch, orangefarbene Instrumentengrafik, skurrile Bedienungselemente, verchromte Taschenrechnertasten und die obligatorische Fernentriegelung für die gläserne Heckklappe und den Tankdeckel des Nissan 300 ZX, der – seltsam für einen Linksverkehr-Japaner – auf der rechten Seite sitzt.

Nissan 300 ZX brabbelt bullig

Es herrscht eine seltsame Innenarchitektur, der Gestaltung von HiFi-Türmen aus der Zeit nicht ganz unähnlich. Das Kenwood-Kassettenradio ist schon voll in die Mittelkonsole integriert, die Fingerhebel, vor allem der für den Tempomat, pardon die Cruise-Control, wirken mit Schrift und Funktion überfrachtet. Hat man sich in diesem schrägen, aber großzügigen Nissan 300 ZX-Ambiente, das ziemlich modisch und auch ein bisschen billig wirkt, erst eingelebt, geht es ans eigentliche Fahren.

Das versöhnt sogar sternbebrillte Skeptiker. Schon der Auspuffklang nach dem Start erfreut, bullig brabbelnd wartet der Wagen auf den Ausritt und macht keinen Hehl daraus, dass er für Amerika, den wichtigsten Nissan-Exportmarkt, konzipiert wurde. Trotz der Zusatzinstrumente für Öldruck und Öltemperatur, trotz Differenzialöl-Kühlung samt Kontrollleuchte im Cockpit, die vor fatalem Fieber im Achsantrieb warnt, kennt der Nissan 300 ZX selbst in der 228 PS starken Turboversion kaum sportliche Ambitionen.

Nissan 300 ZX ist ein Reise-Coupé

Dafür ist der Nissan 300 ZX ein nervenschonendes, schnelles und leises Reise-Coupé. Tempo 160 bei 4.000 Touren, das ist sein Ding. Er könnte, wenn er wollte, spurstabil 220 km/h fahren und knapp unter neun Sekunden von null auf 100 beschleunigen. Sein aufwendiges Fahrwerk mit in der Härte verstellbaren Gasdruckdämpfern, Scheibenbremsen rundum und sorgfältig abgestimmter Schräglenker-Hinterachse verträgt auch einen forcierten Fahrstil. Nur das ABS und leider auch den G-Kat haben die Japaner vergessen.

Der Nissan nimmt bei Stoßdämpfer-Kennung F wie „firm“ auch beherzt angegangene Kurven ohne ausgeprägte Seitenneigung. Charakterlich spricht die kantige Fairlady vor allem Mercedes-Fahrer an. Sie ist selbst für ein sportliches Luxus-Coupé enorm geräumig, komfortabel und dazu noch solide verarbeitet. Sie ist ein Geheimtipp, ansehen allein genügt nicht. Bitte Probe fahren, am besten einen ganzen Tag lang.

Auto mit Überholprestige

Wird die Betriebstemperatur der Begeisterung unterwegs zügig erreicht, will man nicht mehr aussteigen, außer zum Tanken. Stramme 77 Liter gehen rein, mehr als 12 Liter auf 100 km laufen aber kaum durch. Nein, das Z vornedran steht nicht für Zagato. Meistens passiert die Verwechslung an der Tankstelle. Zeitgenossen mit vorlautem Auto-Halbwissen deuten die schwarze Medaille vorn zwischen den bösen Schlitzaugen der Klappscheinwerfer spontan falsch.

Der 300 ZX war zwar schon immer ein Exot im Straßenbild, aber mit dem exzentrischen Karosserie-Couturier aus Milano hat das imposante japanische Luxuscoupé mit dem Corvette-Appeal nichts zu tun. Den Nissan-Designern Kazumasi Tagaki und Tatsuo Maeda gelang bei ihrem Entwurf für die dritte Fairlady-Generation zwar eine markante jaguareske Frontpartie mit bösem Blick, endloser Motorhaube und eindrucksvollem Überholprestige.

Sexy T-Roof macht den Nissan zum Blickfang

Trotzdem erinnert das ZX-Styling an eine frisch und gefällig arrangierte Mixtur aus Corvette, Camaro und dem wohlgeratenen Vorgänger Datsun 280 ZX. Von schräg oben wirkt der große Nissan 300 ZX am besten, dann wird das sexy T-Roof offen zum echten Blickfang. So appetitlich zeigt es der Prospekt von 1986. Schon ein Jahr später rundete ein fragwürdiges Facelift den kantigen japanischen Kraftsportler ab.

Sicken, Stoßleisten, Kanten und damit eine gewisse Klobigkeit bestimmen doch den postmodernen Achtziger-Jahre-Reiz der luftigen T-Roof-Form, die sich deutlich von anderen abhebt. Vor allem von den Rivalen Alfa Romeo GTV 6, besagtem BMW 628 CSi, Toyota Celica Supra und Mitsubishi Starion, um nur eine Handvoll eigenständiger Coupés zu nennen, die stilistisch nicht einfach vom Viertürer abgeleitet wurden.

Er erinnert an eine biedere Limousine

Trotzdem erinnert der Nissan 300 ZX an eine biedere Limousine, freilich nur in den Kriterien Fahrkomfort und Motorsound. Man glaubt, einen Ford Granada V6 herauszuhören. Was nicht überrascht; der moderne, zahnriemengetriebene Nissan-V6 hat den gleichen Hubzapfenversatz von 120 Grad wie der alte Ford-Motor, auch die Zylinderbänke sind versetzt wie bei einem Boxer angeordnet.

Der leise, geschmeidige Lauf des kompakten V6 bestimmt ebenso wie sein kräftiges Durchzugsvermögen ab 1.500 Touren den angenehm-bulligen Charakter, der alles andere als ein brachiales Machomobil ist. Ab 3.000 U/min kommt zwar eine fette Drehmoment-Druckwelle, mehr als 5.000 U/min mag der OHC-Motor mit dem Kipphebel-Ventiltrieb aber nicht so gerne, dann klingt er laut und hell.

Exaktes Schaltgetriebe

Knackig und kurzwegig operiert das superexakte Fünfgang-Schaltgetriebe des Nissan 300 ZX mit dem ewigen japanischen Einheits-Schaltknauf. Wer auch das klobige, klebrige Plastiklenkrad stoisch erträgt, freut sich ganz besonders über das exakte Handling des schweren Wagens. Die Sitzposition erlaubt eine lässige Haltung, ein kühlendes Spätsommerlüftchen weht durchs taillierte Dach, der Sechszylinder da vorn brabbelt zufrieden vor sich hin. Siehe da, auch ein Nissan kann glücklich machen.