Porsche 911 Carrera 3.2 im Fahrbericht

Das Multitalent - Carrera 3.2

Der Porsche 911 Carrera 3.2 meistert alle Aufgaben, die ihm gestellt werden: Ob Leistungssport, Urlaubsreise oder Fahrt zum Supermarkt - er schafft den Spagat zwischen Vernunft und Lust wie kein ein anderer Sportwagen seiner Klasse.

Porsche 911 Carrera Foto: Arturo Rivas 24 Bilder

Der Porsche 911 Carrera. Natürlich. Für nicht wenige in der Summe seiner Eigenschaften der beste Sportwagen aller Zeiten. Ein Auto, das jedes Rennen, bei dem es an den Start ging, mindestens einmal gewonnen hat. Und nebenbei so unverschämt alltagstauglich ist, dass dessen Besitzer mit ihm getrost den Einkauf erledigen oder die Kinder zur Schule bringen, bevor sie zum nächsten Renntraining aufbrechen.

Jeder Porsche 911 kann als Alltagsauto brillieren

Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um einen raren Entenbürzel-Carrera von 1973 oder um - wie in diesem Fall - eines der letzten G-Modelle von 1989 handelt. Kenner schätzen besonders den hohen Reifegrad dieser späten Faltenbalg-Versionen sowie deren Preis-Leistungsverhältnis. Weil für ein gutes Exemplar des Porsche 911 Carrera 3.2 nicht gleich zwangsläufig Haus und Hof verpfändet werden müssen.

Porsche-Chef Peter W. Schutz ist es, der 1983 die letzte Ausbaustufe des bereits 1974 vorgestellten G-Modells zündet. Der Mann aus den Staaten ist dabei schlau genug, keine größeren optischen Retuschen an der einst von Ferdinand Alexander Porsche gezeichneten, unverwechselbaren Linie vorzunehmen, die auf jegliche Effekthascherei verzichtet. So ist dieses Auto vor allem eines geblieben - zeitlos. Unsterblich ist es sowieso, seit 1963 gibt es den Porsche 911, aktuell rollt er als 991 in der siebten Generation über die Straßen.

Genug Power für über 250 km/h

Zurück zu unserem roten G-Modell. Gegenüber seinem Vorgänger sorgt eine langhubigere Kurbelwelle aus dem Turbo für einen Zuwachs an Hubraum von 3,0 auf 3,2 Liter, gleichzeitig wurde die Verdichtung erhöht. Der Sechszylinder des Porsche 911 Carrera 3.2 mit seinen beiden obenliegenden Nockenwellen leistet nach dieser Kur 231 PS - genug Kraft für über 250 Sachen. Der erstarke Elfer erhält zudem eine neue Bezeichnung: Statt auf das schlichte Kürzel SC hört er fortan auf den wesentlich klangvolleren Namen Carrera. Damit will Porsche von nun an wieder an seine legendären Erfolge beim mexikanischen Straßenrennen erinnern. Keine schlechte Idee.

Piloten der früheren Porsche 911-Generationen empfinden den neuen Carrera dennoch als zu zahm, zu wohlerzogen. Ein Softie sei er geworden, hieß es im Kreis der Gusseisernen. Heute wissen wir es besser: Der alte Geist ist geblieben. Porsche hat es verstanden, dem Elfer Manieren beizubringen, ohne dabei den Charakter des Autos anzurühren. Die Unberechenbarkeit der Haken schlagenden Vorgänger - nahezu vollständig eliminiert. Herausgekommen ist eine Fahrmaschine. Pur, unverfälscht und voller Energie.

Porsche 911 Carrera 3.2 - Ein Auto ohne Filter

Ein kurzer Dreh am links neben dem Lenkrad positionierten Zündschlüssel genügt. Im Heck des Porsche 911 Carrera 3.2 beginnt es zu grummeln, ein sattes, selbstbewusstes Geräusch. Unverkennbar Porsche Boxer. Tausendmal gehört. Und immer wieder eine Offenbarung.

Geschmeidig ordnet sich der rote Porsche 911 Carrera 3.2 im nächsten Moment in den Stadtverkehr ein, benimmt sich dabei so unspektakulär wie ein Käfer, mit dem er die stehenden Pedale, den langen Schalthebel und vermutlich auch die überraschend aufrechten Sessel gemein hat. Der Blick streift weiter durch die lichtdurchflutete Kabine. Ein aufgeräumter Ort. Funktional und wohnlich zugleich. Doch spätestens jetzt weiß ein Fahrer, dass er in einem waschechten Sportwagen sitzt: Über einen mittig platzierten Drehzahlmesser verfügen sonst nur Autos, deren Revier ausschließlich die Rennstrecke ist.

Die letzten Meter in der Stadt. Die Betriebstemperatur stimmt, und Auto und Pilot wollen es endlich wissen. Wie es ist, wenn die Nadel des Drehzahlmesser im Porsche 911 Carrera 3.2 senkrecht nach oben zeigt, gleich darauf die Vier überschreitet und haltlos weiter steigt, untermalt von einem unnachahmlichen, heißeren Kreischen, wie es nur dieser nach Drehzahl gierende Boxer hervorzubringen vermag.

"Dann findet nämlich, unterstützt von der Schwingrohr-Aufladung des neuen Resonanz-Ansaugsystems, eine förmliche Leistungsexplosion statt, die ähnlich wie bei einem Turbo-Motor zu beachtlichem Vortrieb führt", notierte ein sichtlich beeindruckter Gerd Hack nach seiner ersten Porsche 911 Carrera 3.2-Probefahrt in auto, motor und sport (19/1983). Selbst 28 Jahre später ist diesen Worten nichts hinzuzufügen.

Der Porsche 911 Carrera 3.2 ist für viele der letzte echte Elfer. Luftgekühlt und voll verzinkt. Ein Auto ohne Filter, welches Vernunft und Lust gleichermaßen perfekt beherrscht. Dieses macht ihm kein anderer Sportwagen dieser Leistungsklasse auch nur annähernd nach.

Alternativen bis 30.000 Euro

Ein Porsche 911 Carrera ist für Sie uninteressant, weil er quasi an jeder Ecke zu sehen ist? Kein Problem, denn in dieser Preisklasse herrscht wahrlich kein Mangel an Alternativen, wie die drei folgenden Exemplare beweisen.

Mercedes-Benz 500 SL (R 129)

Fast schien es, als würde der SL der fünften Generation am Ruhm des Vorgängermodells (R 107) zerbrechen. Doch die von Bruno Sacco geschaffene, glatte wie markante Form traf den Geschmack der Zeit. Der SL der Baureihe R 129 vereint Luxus und technische Innovation auf perfekte Art und Weise. Als 326 PS starker 500er gilt er zusätzlich als ausgewiesener Sportwagen - trotz eines recht hohen Gewichts von über 1.700 Kilo.

Alfa Romeo Montreal

Extravagant und begehrenswert - beides trifft auf den extra für die Weltausstellung in Kanada entworfenen Montreal zu. In der Basis eine Giulia, die allerdings von jenem grandiosen Rennmotor des Typs 33 angetrieben wird: eine 2,6 Liter große und 200 PS starke V8-Konstruktion mit vier obenliegenden Nockenwellen. Die Karriere dieses Sportwagens - leider glücklos. Heute verzeihen wir ihm, dass er den Motor vorn und nicht in der Mitte trägt.

Motor Klassik-Geheimtipp: Renault 5 Turbo

Vorgestellt als Homologationsauto für die Rallye-WM 1980 traf der R5 Turbo mit seinen fetten Kotflügelverbreiterungen jeden Sportwagenfan mitten ins Herz - der Konzern hatte ganze Arbeit geleistet, als er die Rücksitzbank gegen einen 160 PS starken Turbo-Motor austauschte, der den Wagen 200 Sachen schnell machte. Viele Piloten waren diesem R5 jedoch nicht gewachsen, der Bestand von einst 4.000 Exemplaren gilt als stark reduziert.

Interesse am Motorsport - aber kein passendes Auto?

Kein Problem, denn inzwischen lassen sich selbst klassische Sport- und Rennwagen mieten. Porsche-Spezialist Michael Küke aus Essen bietet einen Porsche 924 (Gruppe 4) für diverse Einsätze inklusive Transport und Betreuung an. Infos: 0201 - 623380; www.kueke.com . Weitere Anbieter vermittelt die FHR (Fahrergemeinschaft historischer Rennsport e. V.). Infos unter Telefon: 06172 - 285910 sowie unter www.fhr-online.de.