auto motor und sport im Februar 1976 beim ersten Test des neuen Porsche 924. "Nein!", meinen viele Porsche-Anhänger bis heute. Aber das Image der Transaxle-Vierzylinder wandelt sich gerade.

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Porsche 924 Turbo und Porsche 944 im Fahrbericht

Einstieg in die Porsche-Welt

"Ein richtiger Porsche?", fragte auto motor und sport im Februar 1976 beim ersten Test des neuen Porsche 924. "Nein!", meinen viele Porsche-Anhänger bis heute. Aber das Image der Transaxle-Vierzylinder wandelt sich gerade.

Porsche 924 Turbo, Porsche 944, Seitenansicht Foto: Hardy Mutschler 20 Bilder

Reiner Telkamp wundert sich: "Das hatten wir noch nie." Üblicherweise rollten in den Wintermonaten regelmäßig Porsche-Sportwagen der Typen 924, 944 oder 968 zur Wartung auf Telkamps Hof im Ludwigsburger Norden. Doch jetzt herrscht Ebbe in der Werkstatt im Gewerbegebiet. Zum ersten Mal. "Die Autos werden mehr und mehr zu Sammlerobjekten", meint der 49-jährige Experte.

Falsches Sparen kann sehr teuer werden

Als Folge bleiben die Autos in der kalten Jahreszeit in der Garage. Ein weiteres Indiz für den Wertewandel der Transaxle-Autos mit den wassergekühlten Vierzylindern im Bug: Die Preise ziehen deutlich an. Besonders preisbewusste Einsteiger in die Porsche-Welt sollten sich beeilen. "Für einen akzeptablen Porsche 924 mit Saugmotor muss man mit einem Einstandspreis von 3.500 Euro rechnen", schätzt Telkamp. Ein entscheidendes Kriterium sollte die intakte Technik der Sportwagen sein.

Wer schon beim Kauf eine Porsche 924 oder 944 sparen will, zahlt für die erforderlichen Reparaturen nachher doppelt und dreifach drauf. Die Enttäuschungen beginnen dann schon, bevor es richtig losgehen kann.

Dass der Porsche 924 und seine jüngeren Transaxle-Brüder es recht schwer haben, sich in der Porsche-Familie zu behaupten, liegt an deren unglücklicher Kindheit mit Entwicklungsstörungen. Als der Prototyp fertig war, beendete der damalige VW-Chef Rudolf Leiding die Entwicklungskooperation mit Porsche und zog VW aus der gemeinsamen Vertriebsgesellschaft zurück: Die Weissacher Sportwagen-Entwicklung wollte er aber für die Marke VW behalten.

Wolfsburger Geheimplan

Unter dem internen Kürzel EA 425 hatte n die Porsche-Ingenieure im Auftrag des Wolfsburger Autobauers einen neuen Serien-Sportwagen mit einer 2+2-Sitzer-Coupé-Karosserie und wassergekühltem Vierzylinder entwickelt. Im Gegensatz zum 914 entschied diesmal auch der Vertrieb beim Lastenheft: Der Innenraum sollte 911-Format haben, der Kofferraum alltagstauglich sein und der Sportwagen insgesamt einen besseren Komfort bieten.

Diesen "Wolfsburger Geheimplan" enthüllte auto motor und sport im März 1975. Das Preisziel war mit 15.000 bis 19.000 Mark ehrgeizig kalkuliert. Die Grundlage für den vorn eingebauten Motor stammt vom Audi 100: Porsche entwickelte dafür einen neuen Zylinderkopf mit einer obenliegenden Nockenwelle und Benzineinspritzung.

Viele Komponenten aus dem Konzern-Regal - von Golf, Käfer und Audi 100

Viele Teile für die Radaufhängungen des Porsche 924 wurden aus der Konzern-Großserie übernommen. An der Vorderachse stammen Querlenker und Lenkung aus dem VW Golf, die Federbeine vom VW 1303 und die Bremssättel vom Audi 100. Der Teilemix an der Hinterachse: Schräglenker und Federstreben vom 1303, Drehstäbe und Antriebswellen vom VW 181 und die Bremsen vom 1303/K 70.

Einen wesentlichen Charakterzug steuerten aber die Antriebsspezialisten in Weissach bei: Sie schufen eine 20 Millimeter dicke Antriebswelle ohne Gelenke, die in einem zwei Meter langen, starren Tragrohr läuft. Diese Konstruktion besaß zusätzliche Eigenschaften: "Sie erlaubte eine sehr korrekte Führung des Schaltgestänges und eine solide Befestigung der Auspuffanlage", fasste ams-Autor Clauspeter Becker in der detaillierten Entwicklungsgeschichte von EA 425 zusammen. So verknüpften die Weissacher Technikgurus die Vorteile der Transaxle-Bauweise, die vor allem in der ausgeglichenen Gewichtsbalance liegt, mit weiteren Vorzügen.

Porsche 924 als "Notlösung"

Aber nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung erster Fakten und Zeichnungen vom EA 425 stand der Sportwagen wieder ohne Vater da: Der am 10. Februar 1975 als Volkswagen-Chef angetretene Rheinstahl-Sanierer Toni Schmücker setzte den Transaxle vor die Tür: Ein Sportwagen in kleiner Stückzahl passte ihm nicht ins Konzept. Porsche holte die Konstruktion zurück, stand aber ohne Produktionsanlagen für ein neues Modell da.

VW wiederum haderte mit dem Schicksal des Werks in Neckarsulm, das nicht ausgelastet war. Daraus wurde ein Geschäft: VW baute das jetzt Porsche 924 getauften 2+2-Coupé für die Zuffenhausener.

Doch kaum rollte der neue Porsche 924 vom Band, wurde der Mief des Großserienprodukts bemängelt: "Zu wenig Originalität und durch das hochgezogene hintere Seitenfenster fehlende Harmonie in der Seitenansicht", fasste der Tester von auto motor und sport die am lautesten geäußerten Kritikpunkte zusammen.

Hoher Preis hält Käufer ab

Die vom jungen Harm Lagaay unter Porsche-Designchef Anatole Lapine gezeichnete Karosserie des 924 wies zwar einen günstigen Luftwiderstandsbeiwert von 0,36 auf. Das verhalf dem Transaxle-Sportler zu einer Höchstgeschwindigkeit von 206,9 km/h sowie einem vergleichsweise moderaten Testverbrauch von 12,3 Liter auf 100 Kilometern.

Doch nach den Entbehrungen der Ölkrise wünschten sich Sportwagenfans mehr Eigenständigkeit und Faszination. Und trotz der vielen biederen Großserienteile fiel der Kaufpreis mit 23.240 Mark recht hoch aus. Zum Vergleich: Für 8.000 Mark weniger gab es einen Ford Capri GT mit Dreiliter-Sechszylindermotor. Der Preis für den nicht mehr angebotenen VW-Porsche 914 2.0 wurde um fast 5.000 Mark überboten.

"Sein großer Bruder ist ein Turbo"

Eher bescheiden fiel die Leistung aus: Der ursprüngliche Porsche 924 mit Saugmotor leistete 125 PS, zu wenig für einen echten Porsche. In Zuffenhausen spürte man das Fremdeln des Juniors und stellte die Werbekampagne darauf ab: "Sein großer Bruder ist ein Turbo", lautete der Slogan, und der Text endete mit der Feststellung: "Denn beide sind echte Porsche".

Die Zwangsbeatmung per Turbolader, ein Import aus dem Rennmotorenbau von Porsche, nutzten die Entwickler auch für den Vierzylinder-Reihenmotor des 924. Drei Jahre nach der Premiere des Saugers begann die Produktion des 170 PS starken Porsche 924 Turbo, der intern mit Typ 931 bezeichnet wird. Optisch unterscheidet er sich vor allem durch vier Lufteinlässe vorn und den "NACA"-Einlass auf der Motorhaube.

Der mit einer KKK-Abgasturbine bestückte Transaxle-Porsche erfüllt zwar mit seinen Fahrleistungen die Erwartungen an einen Sportwagen. Aber wegen der vergleichsweise kleinen Stückzahl von 12.385 Exemplaren steigen die Preise heute kontinuierlich an. Unser Porsche 924 Turbo ist ein 1981 gebautes Italien-Modell, das vor rund zwei Jahren noch für 4.500 Euro zu bekommen war. Mittlerweile wäre der Preis etwa doppelt so hoch. Die nicht originalen Fuchs-Felgen, der Heckspoiler vom 944, die Sportspiegel aus dem Zubehör wie auch die Veränderungen am Fahrwerk senken den Preis nicht: Sie sind alle zurückrüstbar.

Mehr Hubraum im Porsche 944

Im gleichen Jahr, in dem der weiße Porsche 924 Turbo in Neckarsulm vom Band lief, feierte die Weiterentwicklung des Transaxle-Vierzylinders von Porsche ihre Premiere. Der 944 verfügt über einen von Porsche entwickelten Aluminium-Vierzylinder mit 2,5 Litern Hubraum mit 163 PS Leistung. Damit war er ohne Turboaufladung nicht nur fast so schnell wie der 924 Turbo, sondern im Benzinverbrauch sparsamer und vom Anschaffungspreis günstiger.

Beliebt ist der Porsche 944 bis heute, weil der neue Motor wesentlich kultivierter wirkt und sich das Auto angenehmer fahren lässt. Außerdem bringt er neben der Sportlichkeit eine wichtige Porsche-Tugend mit: Er ist selbst mit hohen Laufleistungen bei sachgerechter Pflege zuverlässig.

Selbst über 700.000 km sind möglich

Unser roter Porsche 944 hat bereits über 400.000 Kilometer absolviert. "Selbst 700.000 Kilometer und sogar mehr sind möglich", weiß Transaxle-Spezialist Reiner Telkamp aus Erfahrung. Die höchste Priorität beim Kauf eines klassischen 944 gilt einem guten technischen Zustand, der weit wichtiger als die optische Erscheinung ist. "Ich habe mir bestimmt 20 Autos angeschaut, bis ich diesen gefunden habe", beschreibt Telkamp-Mitarbeiter Matthias Veyhle die Geduldsprobe.

Heute ist er mit dem täglich genutzten 2+2-Sitzer so glücklich wie die Autotester 1981. Gert Hack urteilte in auto motor und sport über den neuen Transaxle-Spross: "Der neue Motor hat aus dem 944 etwas gemacht, was Turbolader und sämtliche anderen technischen und optischen Retuschen beim 924 bisher nicht vermochten: einen echten Porsche." Im Windschatten des Porsche 944 fährt sich als Klassiker jetzt auch der 924 in die Herzen der Fans.