Triumph TR, Mercedes SL, Citroën DS, Alfa Romeo GTV

Wollen wir Tauschen?

Ist es eigentlich eine Sünde, das Auto des anderen zu begehren? Eine gute Frage, der vier Vertreter von vier Markenclubs auf den Grund gehen wollen – indem sie ihre Klassiker für einen Tag tauschen. Die Kandidaten: Ein Triumph TR 4A, ein Mercedes 280 SL, ein Citroën D Super 5 sowie ein Alfa Romeo 1750 GTV.

Triumph TR 4A, Mercedes 280 SL, Citroen D Super 5, Alfa Romeo 1750 GTV Foto: Arturo Rivas 32 Bilder

Der Tag beginnt zäh. Dichter Nebel hat sich über das Land gelegt, die Sicht reicht bestenfalls 100 Meter weit. Ein Alfa Bertone schält sich aus der grauen Suppe, gefolgt von einem 280 SL. Minuten später treffen ein Citroën D Super 5 sowie ein Triumph TR 4A am verabredeten Treffpunkt ein. Die Gruppe entscheidet sich, eine Weile auf den angekündigten Sonnenschein zu warten. Kaffee und Brezeln machen so lange die Runde – man nutzt die Zeit, um sich vor der Ausfahrt kennenzulernen.

Harte Prüfung für die Marken-Fans

Genau genommen keine schlechte Idee, nicht zuletzt, weil allein schon die Mischung der Fahrzeuge zumindest auf den ersten Blick Fragen aufwirft. Wer jedoch genauer hinsieht, erahnt den Grund der Auswahl. Erkennt, dass es sich um vier automobile Glanzlichter aus vier Nationen handelt, quasi die Stars eines jeden Landes, sofern man die Liga der Exoten für einen Moment ausblendet.

Die Fahrer begegnen sich zum ersten Mal, jeder für sich ein aktives Mitglied in einem jeweiligen Markenclub. Männer wie sie gelten als Überzeugungstäter, die die Historie oder die technischen Daten ihres Modells auch noch im Schlaf herunterbeten. Sie kennen jedes Ausstattungsdetail und wissen immer wo gerade ein dringend benötigtes Ersatzteil oder ein gutes Auto angeboten wird. So jemand geht für seine Marke durchs Feuer. Mindestens.

Doch die heutige Ausfahrt wird jeden der Anwesenden vor eine mehr oder weniger harte Prüfung stellen: Er muss sein Auto hergeben und sich gleichzeitig für ein anderes aus dieser Formation entscheiden. Aus dem Bauch heraus, aus purer Neugier oder weil er immer schon einmal dieses bestimmte Modell fahren wollte. Leid oder Freud? Genau das soll sich nun zeigen.

Jahrhundertform des Alfa Bertone

Wie versprochen präsentiert sich nach einer Weile wahrhaftig die Sonne, sind am Himmel erste blaue Flecken auszumachen. Zeit zu handeln – Mercedes SL-Besitzer Thomas Heim greift ohne lange zu überlegen nach dem Schlüssel des weißen Alfa Romeo 1750 GT Veloce, Baujahr 1969, von Oliver Solbach. Warum? Weil dieses Coupé bis heute nichts von seiner Faszination verloren habe, erklärt Heim: „Eine Jahrhundertform, egal aus welcher Perspektive man einen Bertone auch betrachtet.“

Thomas Heim nimmt auf dem flachen, knapp über den Boden montierten Fahrersitz des Alfa Platz, seine Hände greifen nach dem dreispeichigen Holzlenkrad, während sein Blick freudig über das schlicht gehaltenen Cockpit mit den beiden großen Veglia-Instrumenten wandert. „Ich fühle mich um 30 Jahre jünger.“ Damals habe er ebenfalls einen Bertone gefahren, und es sei eine richtig gute Zeit gewesen.

Einmaliger Alfa-Sound. Der Alfa rollt an, Thomas Heim kann es offensichtlich kaum erwarten, wieder einmal den Sound des 115 PS starken 1750er-Aggregats mit seinen zwei obenliegenden Nockenwellen und den beiden Weber-Doppelvergasern zu hören. Zwischen 4000 und 5700 Touren, erinnert er sich, würde dieses Auto so angriffslustig klingen wie manch wesentlich stärkerer Sportwagen. Und: „Kurven machen in einem Bertone erst richtig Spaß.“ Mit dieser Leichtigkeit könne seine vergleichsweise schwere Pagode leider nicht ganz mithalten. Nicht ausgeschlossen, dass sich Thomas Heim demnächst nach einem Bertone umschaut.


„Man muss die DS von Citroën fahren, um sie zu verstehen“

Marco Zelano hat sich in der Zwischenzeit dem Citroën genähert – eine D Super 5 von 1973. „Mit diesem Modell verbindet mich bisher noch nichts“, erklärt der TR 4A-Besitzer. Er sei jedoch neugierig auf die komplexe Technik der Französin. In Eigner Michael Stoll findet Zelano einen eloquenten und zugleich technisch versierten Gesprächspartner, der haarfein erklärt, wie diese raffinierte Hydraulik auf stickstoffgefüllte Federkugeln wirkt, damit ein herkömmliches Fahrwerk ersetzt und gleichzeitig auch Lenkung, Bremsen und Schaltung mit Servo-Kraft versorgt.

Zelano, simple Roadster-Technik gewöhnt, zeigt sich angemessen beeindruckt, staunt ferner über die Fernlichtscheinwerfer, die nachts dem Kurvenverlauf folgen, und über die Tatsache, dass diese aerodynamisch ausgefeilte Limousine auch dann nicht in die Knie geht, wenn sie mit fünf Personen und Gepäck beladen ist: „Man muss eine DS fahren, um wirklich zu verstehen, wie weit dieses Auto seiner Zeit voraus war.“

Diesen Tipp lässt sich Marco Zelano nicht zweimal geben und gleitet davon. „Der Motor ist vermutlich das unspektakulärste Bauteil an diesem Auto“, resümiert der Mann bereits nach wenigen Kilometern. Viel beeindruckender seien der gebotene Komfort und dieses einmalige Raumgefühl. Ob eine D Super 5 etwas für ihn sei? Marco Zelano muss nicht lange überlegen: „Der TR 4A bleibt mein Lieblingsklassiker.“ Aber er würde diesen Citroën jetzt mit vollkommen anderen Augen sehen.

Eleganz und Leistung

Bertone-Mann Oliver Solbach findet derweil Gefallen an der Qualitätsanmutung des 280 SL (W 113), einem Exemplar aus dem Jahr 1970: „Allein schon dieses satte Geräusch, wenn die Tür ins Schloss fällt, ist eine Klasse für sich.“ Überhaupt sei bei so einer Pagode vermutlich alles aus dem Vollen gefertigt. Beim Blick in den Maschinenraum fühlt sich Solbach in seiner Ansicht zusätzlich bestätigt: „Dieser Sechszylinder sieht doch wie ein Lkw-Triebwerk aus.“

Der Eindruck von Wertigkeit setzt sich wie selbstverständlich im Innenraum des Autos fort. Solbach fühlt über das Leder der Sitze, über das Instrumentenbrett, über den gepolsterten Prallkopf im Lenkrad: „In jeder Beziehung ein echter Mercedes.“ Dem Alfa-Fan gefällt zudem die Verwandlungskunst einer Pagode, die Coupé und Roadster in einem ist und in seinen Augen in beiden Versionen gleichermaßen elegant sei.

Der 170 PS starke Reihen-Sechszylinder des einstigen SL-Spitzenmodells lässt sich erwartungsgemäß nicht lange bitten. Solbach ist schon lange gespannt auf dieses Fahrerlebnis, zeigt sich im ersten Moment vom seidigen Lauf des 2,8-Liter-Motors positiv beeindruckt. Doch am Ende vermisst der Mann mit der roten Alfa Romeo-Jacke eben jenes Temperament, das er von seinem Bertone gewöhnt ist. Sein Fazit: „Ein wirklich schönes Auto – für den Boulevard.“ Aber sein Herz würde mehr für einen Sportwagen schlagen.

Jedes Auto hat seinen Reiz

DS-Mann Michael Stoll fiel es am schwersten, sich auf der Stelle für eines der anwesenden Modelle zu entscheiden: „Für mich hat jedes Auto seinen Reiz.“ Am Ende pilotiert der Mann mit dem Hang zu feiner französischer Lebensart mit dem TR 4A den unbestrittenen Macho des Quartetts. Der Triumph sei schon eng und hart, aber dabei durchaus gewinnend – Stoll zeigt sich von den charakterlichen Eigenschaften des britischen Raubeins aus dem Jahr 1967 auf jeden Fall sehr angetan.

Es ist jedoch die von Michelotti entworfene Karosserieform, in der für Stoll eindeutig der Reiz des Autos verborgen liegt: „Mit der langen Haube, dem kurzen Heck und den großen Rädern entspricht so ein TR 4A dem Idealbild eines Roadsters.“ Puristischer geht es seiner Meinung nach kaum.

Knorriger Briten-Roadster. Umso überraschter zeigt sich Michael Stoll, als er erfährt, dass es sich bei dem TR 4A in der IRS-Version quasi um die gezähmte Ausgabe des knorrigen Britten handelt. „Independend Rear Suspension“ lautet das Zauberwort. Das Auto habe bereits eine Hinterachse mit Einzelradaufhängung, erklärt Zelano: „Im Vergleich zu einem herkömmlichen TR 4A oder TR 4 haben sich Straßenlage und Komfort spürbar verbessert.“

Michael Stoll dreht rasch noch eine letzte Runde in dem 104 PS starken Triumph. Auch die anderen drei Club- Kollegen starten noch einmal kurz mit ihren Tauschobjekten durch, bevor sie wieder in ihre eigenen Autos steigen. Man will in Kontakt bleiben, in Zukunft verstärkt markenübergreifend handeln und denken. Kein schlechter Plan.