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Classic Days 2013

Von Hängern und Zugwagen

Bei der "Nostalgic Journey“-Ausstellung der Classic Days waren zahlreiche Oldtimer-Gespanne und historische Wohnmobile zu sehen. Wir porträtieren ein besonderes Gespann und einen speziellen Zugwagen.

Foto: Michael Rassinger 30 Bilder

Ende der fünfziger Jahre war es mit der Wirtschaft in Deutschland bereits sehr gut bestellt, sodass die Leute Geld für Autos und Reisen erübrigen konnten. Wer gut verdiente, nutzte das Auto auch als Statussymbol. Camping mit Wohnwagen hatte sich noch nicht als breite und kostengünstige Reiseform durchgesetzt, weshalb Hängern zu dieser Zeit eine gewisse Exklusivität beschieden war. Die Austermann "Knospe" aus dem Jahr 1959 war so ein Wohnwagen, wie Besitzer Martin Klinke erzählt.

Austermann Knospe im ausgezeichneten Zustand

"Der Erstbesitzer war ein promovierter Oberrat, der zweite Besitzer auch ein höheres Tier, bis wir den Wagen nach längerem Stillstand übernahmen." Da sich die "Knospe" seit 1966 zur Lagerung in einer Scheune befand, sind die originalen Gummidichtungen immer noch sehr gut in Schuss. Lediglich einige Lampen und Kleinteile fehlten, die beim Einmotten wegen des begrenzten Platzes entfernt worden waren.

Die Austermann "Knospe" trägt ihren Namen, weil sie sich beim Auseinanderkurbeln wie eine Blume öffnet. Zwei Zahnräder links und rechts befördern die Wände der Knospe nach außen, die Gesamtbreite vergrößert sich dabei von 1,50 Meter auf 2,10 Meter. Zusätzlich lässt sich das Dach ausstellen, um den Sternenhimmel hereinzulassen. Im Gegensatz zu späteren Modellen bestehen bei der Knospe von Martin Klinke die Wände komplett aus Holz.

Mercedes-Benz 219 als Zugwagen der Knospe

Zur Erbauungszeit kostete eine Knospe so viel wie ein kompletter VW Käfer. Durch die gute Einlagerung des Wohnwagens musste nicht viel restauriert werden. Neue Lackierung und neue Räder sowie das Ersetzen alter Schrauben, damit war es schon getan. Anders als bei der originalen Knospe lackierte Klinge sein Modell aber komplett in Grau. Es sehe einfach besser aus als das originale Weiß.

Als Zugwagen verwendet Martin Klinke, der eine Restaurationswerkstatt für Oldtimer betreibt, eine Ponton Mercedes-Benz 219 (W 105) Limousine. Der heute eher seltene Klassiker sollte ab 1956 eine preisgünstigere Alternative zum 220 S sein, aber über dem 190er stehen. Da viele Käufer jedoch den größeren Innenraum im 220 S (bedingt durch den längeren Radstand) bevorzugten, wurde der 219 kein Verkaufsschlager. Mehr als die Hälfte der produzierten Autos gingen in den Export.

Amerikaner auf Schloss Dyck

Wenige Meter vom 219er-Knospen-Gespann entfernt steht ein äußerst sehenswerter Zugwagen. Der Buick Super Estate Wagon von 1952 zieht einen Constructam Comet 6 aus dem Jahr 1966. Der Besitzer Thomas Davidi-Hansen, Vorsitzender des Buick-Clubs Deutschland, und seine Frau Hildegard wollten bei mehrtägigen US-Car-Treffen nicht immer im Zelt nächtigen. Da viele Bekannte auch historische Wohnwagen besitzen, machte sich Davidi-Hansen auf die Suche nach einem passenden Objekt. Nach kurzer Zeit konnte für wenig Geld der Comet 6 angeschafft werden. Allerdings stecken mehr als 700 Arbeitsstunden in dem Hänger, da Stahlgestell und Aluplatten viel Restaurierungsarbeit erforderten.

Das Auto vor dem Wohnwagen verlangte jedoch nahezu die vierfache Arbeitsleistung, denn hier war sehr viel zu machen. Hildegard Davidi-Hansen hatte sich in den Wagen verliebt und wollte ihn unbedingt haben. Nach zähen Verhandlungen mit einem Buick-Ersatzteilhändler im kalifornischen Sacramento konnte der Super Estate Wagon im Zustand 5 schließlich seine Reise nach Deutschland antreten. Das Holz war gut, auch der Motor drehte noch und die Karosserie war relativ beulenfrei. Allerdings fingen die Hauptarbeiten erst an.

Buick Super Estate Wagon oft als reine Arbeitsmittel eingesetzt

Die Erstbesitzer solcher Modelle waren meist Großgrundbesitzer und Landwirte, die ihre Autos als Arbeitsmittel ansahen. Daher sind im Innenraum aus praktischen Gründen Gummimatten im Fußraum. Feuchtigkeit kann also leicht und unbemerkt einziehen und ihr Zerstörungswerk verrichten. Die gesamte Bodengruppe des Buick war bei näherer Inspektion durchgerostet. Thomas Davidi-Hansen und seine Familie investierten daher über 2.500 Arbeitsstunden, um den Super Estate Wagon wieder in einen Top-Zustand zu bringen.

Dabei wurde auch die Farbe geändert: "Die originale Farbe mit Namen Barton Gray ist mehr ein Zustand als eine schöne Lackierung. Wir entschieden uns daher für ein sattes Rot, das gut zum Holz und Chrom passt." Das Holz stammt von der kanadischen Esche und ist jahrelang abgelagert, wodurch sich auch der gute Zustand erklären lässt. Normalerweise muss der Holzkorpus einmal jährlich gefirnisst werden, um ihn vor Nässe und Regen zu schätzen. Davidi-Hansen legte auch hier Perfektionismus an den Tag und trug in rund 350 Arbeitsstunden mehrere Schichten Bootslack auf: "Es ist eine sehr aufwendige Arbeit. Schleifen, Lackieren, und das immer wieder. Nach zehn Schichten hatte ich aber genug."

Aufwendige Restaurierung hat sich gelohnt

Motor und Getriebe waren ebenfalls zu revidieren, da der Wagen sehr lange stand. Bei der Hinterachse stellte sich noch ein überraschendes Problem heraus: Der Buick war fahrfertig, mit rotem Kennzeichen versehen und bereit für die Fahrt zum Lackierer. Allerdings gab die Hinterachse nach wenigen Kilometern beängstigende Geräusche von sich. Beim Öffnen sah Thomas Davidi-Hansen die Bescherung: Gereinigt und revidiert war die Achse, aber der Vorbesitzer hatte sein Werk nicht vollendet und kein Öl eingefüllt. Auch diese Reiberei überstand der Buick aber klagenlos und zieht heute den Construcam Comet 6 über die Straßen und erntet mit seiner außergewöhnlich Optik aus Holz, Chrom und Blech viel Bewunderung.