Classic Days Schloss Dyck

Drei Höhepunkte auf Schloss Dyck

Die Classic Days auf Schloss Dyck sind ein Motor-Festival der Extra-Klasse, die nächste Ausgabe steigt vom 2. bis 4. August. Wir präsentieren drei Autos, die zu den Höhepunkten zählen werden: den Bentley Pacey-Hassan, ein Fulda-Mobil und einen Maybach SW38 mit Erdmann & Rossi-Aufbau.

Classic Days Schloss Dyck 2013 Foto: Hans-Dieter Seufert 23 Bilder

Es gehört zu den Erfolgsgeheimnissen der Classic Days auf Schloss Dyck, dass auf dem weitläufigen Gelände rund um das mehr als 900 Jahre alte Wasserschloss im Rheinland jeder nach seiner Façon glücklich werden kann: Wer es lieber laut, rasant und fiebrig mag, wendet sich den Racing Legends zu, die auf einem 2,6 km langen Dreieckskurs vor dem Schloss herumtoben. Wem der Sinn eher nach angenehmer Atmosphäre, schönen Karosserieformen und gepflegter Unterhaltung steht, der hält sich vorzugsweise beim Concours d‘Elégance hinter der Orangerie auf. Last but not least gibt es den dritten, sehr bunten Teil, gewissermaßen das Familienprogramm - bestehend unter anderem aus einer Ausstellung von Kleinwagen der Wirtschaftswunderzeit, diversen Sondershows, Treffen verschiedener Clubs, jeder Menge Verkaufsständen etc. Und dazwischen wird im Park gepicknickt.

Drei Höhepunkte der Classic Days 2013

Entsprechend unterschiedlich sind auch die Fahrzeuge, die dem Besucher an den verschiedenen Bestandteilen des Motor-Festivals begegnen; drei Höhepunkte haben sich zu einem Vorabtermin vier Wochen vor den Classic Days am Schloss eingefunden: Der berühmte Pacey-Hassan, einer von vier für Brooklands gebauten Bentley-Monoposti, der im August auf dem Dreieckskurs an den Start gehen wird, ein Maybach SW 38 mit einer Karosserie von Erdmann & Rossi, der auf der Orangerie-Halbinsel zu sehen sein wird, und ein seltenes Fulda-Mobil, das die mitunter skurrilen Kleinwagen der Wirtschaftswunderzeit repräsentiert.

Im Video ein paar bewegte Eindrücke von den Classic Days 2012:

Beginnen wir mit dem Bentley, dessen Fahrer William Medcalf eigens aus England angereist ist; noch am vergangenen Wochenende hat er der langen Renngeschichte des Single-Seaters einen weiteren Siegerpokal hinzugefügt. "Der Bentley war immer ein Rennauto", sagt Medcalf, der zwischen Goodwood und Brooklands eine Werkstatt ausschließlich für Vintage-Bentley betreibt: "Und wir schauen, dass es auch so bleibt", grinst der 37-Jährige.

Der Pacey-Hassan von 1936

Gebaut wurde der schlanke schwarze Einsitzer mit dem klassischen, per Königswelle angetriebenen 4,5-Liter-Vierzylinder erst 1936, fünf Jahre, nachdem W.O. Bentleys Firma an Rolls-Royce verkauft worden war. Der Ingenieur Wally Hassan arbeitete damals für den dreifachen Le Mans-Sieger Woolf Barnato und baute diesem speziell für Brooklands ei-
nen Einsitzer mit dem 6,5 Liter großen Sechszylinder. Der wiederum gefiel dem Bentley- Fahrer Bill Pacey so gut, dass er Hassan und Wally Saunders überredete, ihm ebenfalls einen Single-Seater zu bauen, aber mit einem 4,5-Liter-Motor - der zudem speziell präpariert war.

Die Handicap-Regel von Brooklands

"In Brooklands gab es damals eine Handicap-Regel: Sobald man bei einem neuen Auto erkannte, wie schnell es ist, bekam es ein Handicap verpasst, mit dem es kaum noch gewinnen konnte", erläutert Medcalf. Weshalb Wally Hassan den Vierzylinder zunächst mit Plättchen unter dem Zylinderblock versah, die die Verdichtung auf 6:1 reduzierten. Als das Handicap festgelegt war, vergaß Hassan die Plättchen bei der routinemäßigen Motorinspektion, die Verdichtung stieg auf 12:1 - und plötzlich umrundete der Pacey-Hassan Brooklands mit einem Schnitt von 129,03 mph (208 km/h).

Auch nach den Krieg erlebte der Bentley Special eine nahezu lückenlose Renngeschichte, bis ihn Julian Majzub, einer der erfolgreichsten Fahrer auf dem Auto, vor fünf Jahren in eine Sammlung nach Japan gab. Seit ein paar Monaten aber gehört der Pacey-Hassan einem Deutschen, der dafür Sorge trägt, dass das Auto wieder Rennen fährt. Derzeit leistet der 4,5-Liter rund 300 PS und wiegt schlanke 1.200 Kilogramm. Was man damit anstellen kann, demonstriert Medcalf auf den Kieswegen rund ums Schloss - sehr zur Freude der Gärtner.

Das Fulda-Mobil von 1955

Für einen Bentley geriet der Pacey-Hassan recht zierlich, weshalb das danebenstehende Fuldamobil auf einmal fast stattlich wirkt. Gebaut wurden die eiförmigen Rollermobile von 1950 bis in die sechziger Jahre von der Elektromaschinenbau Fulda GmbH, unser Exemplar entstand 1955 lizenzweise in Wilhelmshaven bei der Nordwestdeutschen Fahrzeugbau GmbH. Als Antrieb des einen Hinterrads dient ein 200er-Ilo-Zweitakter mit 9,5 PS, der das 375 Kilo leichte Vehikel auf 80 km/h beschleunigen soll.

"Das habe ich aber noch nie probiert - ich traue mich kaum, 60 zu fahren", sagt Herbert Wilden, der das Fulda-Mobil zusammen mit seinem Schwiegersohn restauriert hat. Eigentlich hatten die beiden einen Fiat 500 erwerben wollen, bei dessen Besitzer aber stand noch das Rollermobil in einem Hochregal. "Das bekommen wir leicht wieder hin, haben wir gedacht. Am Ende hat es zwei Jahre gedauert und 10.000 Euro gekostet", erzählt Wilden.

Und wie fährt es? "Furchtbar! Es ist furchtbar laut und furchtbar heiß - ich weiß nicht, wie man damals damit in den Urlaub fahren konnte", lacht der 58-Jährige. "Aber wenn man schlechte Laune hat, fährt man einfach eine Runde, danach ist die Laune wieder besser", ergänzt er. Tatsächlich ist es im Cockpit des Fulda-Mobil recht eng und laut, andererseits ist das Dreirad weich gefedert. Bis zum Lido nach Venedig wäre es aber sicherlich eine Herausforderung.

Maybach SW 38 von 1937

Mit dem dritten Auto wäre eine solche Reise bestimmt überhaupt kein Problem: Der sogenannte kleine Maybach - "klein", weil er gegenüber dem legendären Maybach Zeppelin die Hälfte der Zylinder eingebüßt hat - schwelgt im Luxus der späten 30er Jahre.

Sein 3,8 Liter großer Reihensechszylinder mit obenliegender, stirnradgetriebener Nockenwelle läuft seidenweich und erhebt zum Produzieren seiner 140 PS kaum die Stimme. Fahrer und Beifahrer ruhen in weichen Lederpolstern, umgeben von edlem Holz in verschwenderischer Menge.

In guten Händen beim Erdmann & Rossi-Sammler

Der repräsentative Wagen stammt aus dem Fundus des litauischen Erdmann & Rossi-Sammlers Saulius Karosas, der kürzlich mit einer Ausstellung in Berlin für Aufsehen gesorgt hat. "Ursprünglich besaß der Maybach einen Aufbau von Spohn in Ravensburg, nach einiger Zeit hat es sich der Besitzer anders überlegt und die Berliner Firma Erdmann & Rossi mit einem Umbau in die heutige Form beauftragt", sagt Emmanuel Bacquet, Berater der Sammlung.

Im Gepäck hat der 47-Jährige sogar den Originalauftrag von 1937 mit allen anstehenden Arbeiten. Dabei legte der Besitzer offenbar unter anderem Wert darauf, dass alle Schlösser an dem Maybach mit demselben Schlüssel zu öffnen sind. Leider ging der Maybach wie viele Autos nach dem Zweiten Weltkrieg in den Osten, eigentlich hätte er von Riga nach St. Petersburg verschifft werden sollen.

Maybach und weitere 5.000 Autos bei Classic Days

Stattdessen blieb er in Lettland und wurde in den 50ern in einer Scheune abgestellt, weil es keine Ersatzteile gab - entsprechend desolat war der Zustand, als das Auto in den 80ern von Karosas gefunden und anschließend restauriert wurde. Auf Schloss Dyck wird der Maybach im Verein mit weiteren elf Erdmann & Rossi-Autos zu sehen sein, ein Fest für E & R-Fans. Insgesamt aber werden zu den Classic Days rund 5.000 Oldtimer und Youngtimer erwartet - da sollte für jeden etwas dabei sein.