Mercedes SL (R/C107) in der Service-Station

Tipps und Tricks zur 107er-Baureihe

Die Mercedes R/C 107-Modelle mit Achtzylinder-Motor waren zu ihrer Bauzeit keine Sonderangebote - das lässt hohe Wartungskosten befürchten. Doch zum Glück erweisen sich diese Fahrzeuge nicht als übermäßig pflegebedürftig.

Mercedes-Benz 350 SL/SLC, Mercedes-Benz 450 SL/SLC Foto: Fact 8 Bilder

Der Mercedes-Benz 350 SL zählte Anfang der 70er Jahre mit einem Preis von rund 30.000 Mark eindeutig zu den exklusiveren Transportmitteln. Immerhin gab es für dieses Geld fünf VW Käfer 1302 S. In der Bedienungsanleitung wünschte die Daimler-Benz Aktiengesellschaft dem neuen SL-Besitzer "Gute Fahrt". "Und wenn je etwas mit ihrem Wagen nicht stimmen sollte", hieß es weiter, "dann kommen sie bitte zu uns." Mittlerweile haben sich die Zeiten geändert.

Viele freie Werkstätten haben sich auf den Mercedes SL (R107) spezialisiert

Die Verfasser jener Zeilen sind längst aus den Diensten der Firma mit dem Stern ausgeschieden, genau wie die meisten der damaligen Werkstattmeister. Aber auch die SL-Fahrer sind nicht mehr die Gleichen wie früher. Immerhin besteht ein Drittel der Kundschaft von Siegfried Knoch aus Hobbyschraubern. Und die kommen erst zu ihm, "wenn sie beim Reparieren an ihre Grenzen gestoßen sind", sagt der ehemalige Mercedes-Mitarbeiter, der sich mit einer Werkstatt in Büchenbach bei Nürnberg selbständig gemacht hat.

Wer bei der Wartung oder bei Reparaturen für seinen R/C 107 auf Werksunterstützung hofft, findet diese immerhin beim Mercedes-Benz Classic Center, das übrigens auch die Ersatzteilversorgung sichert. Zum Classic Center gehören zudem eine Reihe von Partner-Werkstätten, die in einer Liste im Internet zusammengefasst sind (www.mercedes-benz-oldtimerservice.com).

Es macht wenig Sinn, einfach eine nahegelegene Mercedes-Niederlassung anzufahren, weil dort meist das nötige Fachwissen nicht mehr vorhanden ist. Etliche freie Werkstätten haben sich aber auf die Baureihe R/C 107 spezialisiert oder kennen sich gut damit aus, und pflegen oder reparieren die Wagen vorwiegend mit Originalteilen. Diese sind allerdings nicht immer günstig, so dass Reparaturen mit einem großen Bedarf an Ersatzteilen schon mal recht teuer werden können.

Doch für einen Achtzylinderwagen wie die 350 SL/SLC und 450 SL/SLC, auf die wir uns hier konzentrieren, halten sich die Wartungskosten grundsätzlich im Rahmen. Übrigens sind viele erwähnte Servicearbeiten auch auf andere R 107-Modelle übertragbar.

Ein Buch mit sieben Siegeln: D-Jetronic  im Mercedes SL (R/C107)

Meist fehlt es an Kenntnissen über die Funktionsweise, außerdem gehören die nötigen Testgeräte längst nicht mehr zur aktuellen Werkstattausrüstung. "So wissen viele überhaupt nicht, dass sich unter dem Zündverteiler noch weitere Kontakte befinden, die für die D-Jetronic zuständig sind", erklärt Heinrich Großjung, der sich seit Jahren in seiner Werkstatt in Hilden vorwiegend mit dem 107er befasst. Die Kontakte sitzen in einem Einschub, der wegen seiner Form im Fachjargon Gebiss genannt wird. Sie nutzen sich mit der Zeit ab oder aber sie verölen. Unter Umständen läuft der Motor überhaupt nicht mehr, was dann oft für Ratlosigkeit sorgt.

Mercedes SL (R107) - Kurze Ölwechsel-Intervalle und anfällige Kerzenstecker

Eine andere Fehlerquelle, die nicht jeder sofort entdeckt, stellen die Kerzenstecker dar. Diese erreichen bei den Achtzylindermotoren sehr hohe Temperaturen - was ihnen nicht gut bekommt. Mit der Zeit wirken sie wie Spannungsunterbrecher, was aber erst beim Durchmessen ans Tageslicht kommt. Apropos Kerzenstecker: Wer sich wundert, warum ein Wechsel der Zündkerzen bei den Achtzylindern relativ teuer ist, muss nur einen Blick in den Motorraum werfen. Nicht alle Kerzen sind problemlos erreichbar, weshalb der Mechaniker die Batterie ausbauen muss, um sie zu wechseln.

Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung eines regelmäßigen Ölwechsels bei den frühen Achtzylindermotoren - speziell unter dem Aspekt, dass beim Kaltstart Kraftstoff in den Ölkreislauf gelangt. Wenn dann der Motor bei mehreren Fahrten hintereinander nicht für eine gewisse Zeit auf Betriebstemperatur kommt, kann das Benzin nicht verdunsten und führt zu einer kritischen Ölverdünnung. Sicherheitshalber sollten deshalb die Ölwechselintervalle hauptsächlich im Kurzstreckenbetrieb etwas kürzer gehalten werden.

Spätere Mercedes SL (R/C107) sind pflegeleichter

Ansonsten erweist sich der V8 als recht problemlos. Und wer ein späteres Modell mit K-Jetronic besitzt (350 SL ab etwa Februar 1976, 450 SL ab etwa November 1975), spart wegen der dann verwendeten Hydrostößel sogar die Ventilspielkontrolle. Und das Justieren des Kontaktabstands fällt wegen der ab dann montierten kontaktlosen Zündung ebenfalls weg. Wer allerdings als Laie versucht, bei der Wartung die Kosten zu minimieren, indem er sich an den Filterwechsel des Automatikgetriebes wagt, kann böse hereinfallen.

Dazu ist nämlich die Ölwanne des Getriebes zu demontieren, ein nicht gerade stabiles Gebilde, dessen Befestigungsschrauben unbedingt mit einem Drehmomentschlüssel angezogen werden müssen. Andernfalls verzieht sich das Teil beim Anschrauben. Dies hat Ölverlust zur Folge, der sich meist nur wieder mit einer neuen Wanne in den Griff bekommen lässt.

Kommen wir zu den Dingen, die oft selbst so genannte Fachwerkstätten bei der Wartung vernachlässigen. Dazu zählt beispielsweise der Kraftstofffilter. Den vergisst man gern, "weil einem beim Ausbau ja Kraftstoff in den Ärmel laufen könnte", erklärt Heinrich Großjung mit einem Augenzwinkern. Wer sich schließlich zu einem Wechsel durchringt, stößt meist auf marode Halter und festgerostete Schrauben - was die Reparatur verteuert, wenn eine Werkstatt die Arbeit übernimmt.

Mercedes SL (R107): Stiefkind Lenkungsdämpfer

Ein anderes Stiefkind ist der Lenkungsdämpfer. "Bei neun von zehn Autos ist er kaputt", lautet Großjungs Erfahrung, obwohl der Austausch nur eine Bagatelle ist. Gebührende Aufmerksamkeit bedürfen auch die Vorderachslagergummis. "Diese werden weniger durch hohe Laufleistungen als vielmehr durch das Gewicht des Fahrzeugs beansprucht", sagt Experte Siegfried Knoch. Außerdem werden sie mit zunehmendem Alter porös.

Bei Großjung kommt deshalb eine Spezialausführung zum Einbau. Wegen der Belastungen durch das hohe Gewicht im Frontbereich verordnete Mercedes damals nachträglich diesen Modellen zusätzliche Verstärkungsbleche. Die Werkstätten sollte diese einschweißen, um Vorderachsschäden zu verhindern. Leider kamen nicht alle betroffenen 107er in diesen Genuss. Eine Nachrüstung ist aber möglich, und das sogar recht günstig.