Service-Station (22): Austin Healey BN4 bis BJ8

Der Big Healey ist ein dankbarer Klassiker

Die Wartung eines Sechszylinder-Healey ist kein Hexenwerk. Dennoch wird manches vergessen oder bewusst außer Acht gelassen - weil entweder das nötige Spezialwerkzeug fehlt oder einfach um Kosten zu sparen.

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Die Technik eines Big Healey ist zwar relativ einfach, bedarf aber dennoch einer regelmäßigen Wartung. Im Fall des Sechszylindermotors heißt das die Kontrolle und Einstellung von Zündung, Ventilspiel und Vergaser. Letztere müssen korrekt synchronisiert werden, was bei den seltenen Dreivergaser-Versionen natürlich einen etwas größeren Aufwand bedeutet, zumal die Lösung mit dem Vergaser-Trio eh nicht als der Weisheit letzter Schluss gilt.

Sinnvolle Modernisierungen

Auch ein Ölwechsel zählt zu den regelmäßigen Service-Arbeiten. Wobei man sich das schmutzige Geschäft, sprich: das Wechseln des Ölfiltereinsatzes, ersparen kann, indem auf eine modernere Schraubfilterpatrone umgerüstet wird.

Eine weitere Modernisierung, die bei Healey-Fahrern hoch im Kurs steht, betrifft die Benzinpumpe. Wenn die Autos längere Zeit stehen, korrodieren oft die Unterbrecherkontakte der Membranpumpe. Dann nimmt die Pumpe erst nach einem Schlag auf das Gehäuse die Arbeit wieder auf. Es gibt zwar Überholsätze zum Regenerieren der alten Pumpe, doch wenn der Fahrzeugbesitzer kein Originalitätsfetischist ist, gehen die Werkstätten lieber auf Nummer sicher und bauen eine elektrische Benzinpumpe aus aktueller Fertigung ein.

Genau hinsehen und viel Geld sparen

Falls nicht gerade eine komplette Überholung fällig ist, halten sich die Kosten für Arbeiten am Motor in erträglichem Rahmen. Tiefer in die Tasche muss man dagegen greifen, wenn eine neue Kupplung fällig wird. "Dazu müssen die Sitze, der Kardantunnel und die bei späteren Modellen vorhandene Mittelkonsole demontiert und dann das Getriebe durch den Innenraum herausgehoben werden", beschreibt Healey-Spezialist Jochen Extra das aufwendige Prozedere.

Solch arbeitsintensive und damit teure Reparaturen fallen auch beim Fahrwerk an. So mancher Besitzer scheut diese größeren Ausgaben und zögert die nötige Instandsetzung bestimmter Teile so weit wie möglich hinaus. Oder er investiert das Geld lieber in das Erscheinungsbild des Wagens. "Da träumt der eine oder andere vom Einbau eines schicken Holzlenkrads, statt mal die Bremsbeläge wechseln zu lassen", formuliert es Stefan Marx überspitzt, der seit vielen Jahren an Austin-Healey schraubt.

So rollen zwar einige Healey auf glänzenden Chromspeichenrädern, die entsprechenden Adapter hingegen sind stark verschlissen. Das ist zwar nicht zu sehen, aber man kann es feststellen - was zudem ein Tipp für angehende Käufer eines solchen Wagens ist. Lässt sich das Rad bei aufgebocktem Fahrzeug hin und herbewegen, wenn es mit beiden Händen gepackt wird, ist meist der Konus des Adapters abgenutzt.

Ein Wechsel gestaltet sich an der Hinterachse unproblematisch. "An der Vorderachse steht dagegen ein größerer Aufwand bevor, weil der Adapter hier gleichzeitig als Radlagergehäuse fungiert", erklärt Jochen Extra.

Man muss also unter anderem die Bremszangen abbauen, den Adapter herunterziehen, die alten durch neue Radlager ersetzen - wobei die Laufringe einzupressen sind -, und später das Radlagerspiel einstellen. Letzteres erfordert eine gewisse Erfahrung, weil die Einstellung mit Hilfe von Distanzscheiben geschieht. Profis benötigen zum Wechseln aller vier Adapter etwa zweieinhalb bis drei Stunden - wenn alles gut geht. Entsprechend stehen auf der Rechnung samt Material mindestens 750 Euro.

Reibahle als Ausstattungs-Muss

Noch teurer, und deshalb auch gern auf die lange Bank geschoben, ist ein Wechsel der vorderen Achsschenkelbolzen. Speziell, wenn die entsprechenden Schmierstellen vernachlässigt wurden, schreitet der Verschleiß rasch voran. Die Folgen lassen nicht auf sich warten. "Poltergeräusche auf unebener Fahrbahn, Lenkradflattern und schlechter Geradeauslauf machen deutlich, dass etwas geschehen muss", sagt Extra.

Die fällige Reparatur beinhaltet ein Zerlegen der Vorderachse, um dann die Messingbuchsen herauspressen zu können, in denen der Achsschenkelbolzen geführt wird. Die neuen Buchsen müssen eingepresst und auf das nötige Maß aufgerieben werden, wozu eine spezielle Reibahle nötig ist. Schrauber kommen beim Healey mit relativ wenig Spezialwerkzeug aus, und manche wissen sich auch mit selbst gefertigtem Werkzeug zu helfen, aber diese Reibahle ist unabdingbar.

Denn die im Achsschenkel oben und unten sitzenden Buchsen haben unterschiedliche Durchmesser. Mit einer verstellbaren Reibahle ließen sich zwar die Buchsen einzeln aufreiben, doch die Durchmesser fluchten dann nie so exakt, wie das mit dem originalen Spezialwerkzeug möglich ist. Diese Ahle ist nämlich abgesetzt, hat also oben und unten zwei verschiedene Durchmesser, womit sich die beiden Buchsen in einem Arbeitsgang aufreiben lassen.

Da zu dieser Reparatur auch das Einstellen des Axialspiels des Achsschenkelbolzens gehört, was mit Distanzscheiben geschieht, ist diese Arbeit am besten die Aufgabe für einen Fachbetrieb mit der nötigen Erfahrung.

Problemfall Ersatzteilqualität

Keine komplizierte Technik, fast alle Ersatzteile erhältlich - da müsste doch das Arbeiten Freude machen. Leider folgt nun noch ein etwas weniger erfreuliches Kapitel, und das betrifft die Qualität der Ersatzteile.

Die Fahrzeugbesitzer möchten natürlich ihre Ersatzteile so günstig wie möglich kaufen, und dass ein auf den ersten Blick identisches Neuteil durchaus unterschiedliche Qualitäten haben kann, ist den meisten nicht bewusst. Dies und der Preiskampf diverser Teileanbieter führte dazu, dass einiges mittlerweile nur noch günstig, aber nicht mehr qualitativ hochwertig verfügbar ist. Sollte sich also ein Kunde qualitätsbewusst zeigen, kann ihm seine Werkstatt in Einzelfällen wegen des fehlenden Angebots keine Alternative bieten. Nur manchmal hilft das Ausweichen auf ein Gebrauchtteil.

Ein wachsendes Qualitätsbewusstsein auf breiter Front ist daher wünschenswert, denn es erhöht den Fahrspaß und reduziert die Werkstattbesuche.