Auktion Scottsdale

Die größte Oldtimer-Auktion der Welt

Gibt es ein Mekka für Auktions-Fans? Auf jeden Fall: In Scottsdale, Arizona, wurden 2013 mehr als 2.200 Klassiker versteigert, davon allein rund 1.400 von Barrett-Jackson – dem größten Auktionshaus der Oldtimer-Szene. Motor Klassik war vor Ort.

Scottsdale, Mustang, Bühne Foto: Michael Schröder 22 Bilder

Alle haben sie auf diesen Moment gewartet. Auf den Auftritt des Batmobils. Jeder der gut 10.000 Gäste im Hangarähnlichen Zelt weiß, dass es sich nicht um eine billige Kopie, sondern um das Original von 1965 handelt. Um eines der berühmtesten Filmautos aller Zeiten, das nun erstmals zum Verkauf steht. Wie viel wird es bringen?

Ein Showevent der Superlative

Diese Frage beschäftigt seit Tagen sogar diverse TV-Sender im Südwesten der Vereinigten Staaten. Im nächsten Moment vermag nicht einmal die lautstark eingespielte Batman-Titelmelodie den ohrenbetäubenden Applaus zu überbieten - das schwarze Fledermaus-Mobil erscheint endlich auf der Bühne, zusammen mit seinem inzwischen 88-jährigen Schöpfer und Hollywood-Urgestein George Barris, und die unzähligen Ordner haben alle Hände voll zu tun, um den Ansturm der Fans und Fotografen noch irgendwie im Zaum zu halten.

Samstagabend. Primetime in Scottsdale. Die Show läuft bereits seit fünf Tagen, erreicht in diesem Moment ihren Siedepunkt. Eine gigantische Auto-Party in der Wüste von Arizona mit Fastfood, Dosenbier und knapp bekleideten Go-Go-Girls – herzlich willkommen in der Auktionswelt von Barrett-Jackson.

Es dauert eine Weile, bis Craig Jackson, millionenschwerer Chef des Auktionshauses und selbst Besitzer einer exquisiten Klassiker-Sammlung, sein Publikum wieder einigermaßen unter Kontrolle hat. Jetzt ist es an Chef-Auktionator Tom „Spanky“ Assiter, die Bieter bei Laune zu halten, sie mit seinem Südstaaten-Singsang zu immer höheren Geboten aufzufordern. Nur Eingeweihte verstehen ihn dabei auf Anhieb. Der Mann, dessen Markenzeichen die auf die Stirn geschobene Brille ist, spricht so schnell, dass selbst die besten Rapper auf einmal wie Sprachschüler daherkommen.

7 Autos pro Minute unterm Hammer

Um den Ablauf einigermaßen einzuhalten, schieben Spanky und seine neun Kollegen seit Beginn der Woche Schichtdienst. 1.400 Klassiker in allen Preiskategorien, vornehmlich jedoch US-Muscle-Cars, müssen an den Mann gebracht werden. Macht im Schnitt sieben Minuten pro Auto. Time is money.

Nur sieben Minuten. Dann hat auch das Batmobil für 4,62 Millionen Dollar (inklusive Aufgeld) mit Rick Champagne einen neuen Besitzer gefunden. Der Unternehmer will das legendäre Filmauto in seinem Wohnzimmer parken, erfüllt sich damit seinen größten Kindheitstraum. Noch einmal lang anhaltender Applaus, doch das nächste Fahrzeug steht bereits schon auf der Bühne.

Schneller, höher, weiter. Längst hat sich die Barrett-Jackson-Auktion, die in diesem Jahr vom 15. bis zum 20. Januar stattgefunden hat, zu einem Mega-Spektakel mit Volksfest-Charakter für die gesamte Familie entwickelt. In den hallengroßen Zelten sowie auf dem Freigelände von der Fläche einer Kleinstadt hat sich grob geschätzt die gesamte US-Tuning-Branche breitgemacht, werden neben Werkzeugen, Ersatzteilen und Rundfahrten in allen möglichen Sorten von Rennwagen ebenso Motoryachten, Motorhomes, Privatflugzeuge und sogar Jagdreisen nach Alaska oder Neuseeland angeboten.

Rund 300.000 Besucher vermeldet Barrett-Jackson, etwa 5.000 davon als registrierte Bieter. Der Umsatz allein in dieser Woche: rund 109 Millionen Dollar. Man ist klar die Nummer Eins in Sachen Oldtimer-Auktion. Weltweit.

Lässiger Lifestyle

Und man sei stolz darauf, nicht allzu abgehoben zu sein, erklärt Steve Parison, der im Hintergrund dafür sorgt, dass die Autos in der richtigen Abfolge auf der Bühne erscheinen. Im Angebot finden sich auch Fahrzeuge unterhalb der 10.000-Dollar-Marke, beispielsweise ein Fiat Spyder von 1979, der für 6.600 Dollar einen neuen Besitzer gefunden hat. Teurer wird es erst am späten Nachmittag des jeweiligen Tages und natürlich am Samstag, wenn Craig Jackson seine automobilen Stars auf die Bühne schieben lässt, beispielsweise einen Talbot-Lago T 26 Grand Sport (1.850.000 Dollar) oder einen Duesenberg J Murphy LWB Custom Beverly Sedan (1.430.000 Dollar).

Wer nun welches Auto erstanden hat, ist jedoch nicht immer leicht zu erraten. Selbst millionenschwere Sammler erscheinen in T-Shirt, Jeans und Turnschuhen. Oder sogar nur in abgewetzten Shorts wie Bob Geringer. Der wohlhabende Rentner aus Wyoming feiert seine soeben für 280 500 Dollar ersteigerte 69er Corvette L-88 bei einem Steak im XXL-Format und einer Diät-Cola im Pappbecher. Es ist bereits das dritte Auto, das er sich in dieser Woche gegönnt hat. Ihm gefällt der lässige Lifestyle in seiner wüstenhaften Wahlheimat Arizona. Für das elitäre Oldtimer-Getue im kalifornischen Pebble Beach hat er nur wenig übrig.

Verschiedende Auktionshäuser mit unterschiedlicher Klientel

Vermutlich lässt Geringer sich deshalb auch nicht bei den fünf anderen Auktionshäusern blicken, die ebenfalls in dieser Woche in Scottsdale ihre Autos anbieten. RM Auctions, Russo and Steel, Bonhams und Silver Auctions sind ebenso vor Ort wie Gooding & Company. Anders als bei Barrett-Jackson dominieren besonders bei RM Auctions und Gooding europäische Hochpreis-Klassiker der Marken Ferrari, Maserati oder Porsche.
Vornehme Zurückhaltung anstatt Partystimmung. Ein Jackett gehört in der gediegenen Gooding-Welt zum guten Ton, man trinkt Prosecco statt Bier und bevorzugt als Privatfahrzeug die Marken Aston Martin, Bentley oder Mercedes anstelle der sonst allgegenwärtigen SUVs und Mega-Pickups von Lincoln, GM oder Ford. Allein der Blick über den Gäste-Parkplatz lässt bereits ahnen, dass bei Gooding eine andere Klientel als bei Barrett-Jackson angesprochen wird.

Da passt es, dass Gooding & Company am Ende gleich sechs Mal in den Top-Ten der Scottsdale-Auktionswoche vertreten ist, die Liste mit einem Ferrari 250 GT LWB California Spider von 1958 sogar anführt: Das Auto war seinem Neubesitzer umgerechnet 6 187 500 Euro wert (siehe auch Seite 56). Insgesamt haben die sechs Auktionshäuser 2699 Fahrzeuge angeboten, von denen 2213 einen Zuschlag erhalten haben – nirgendwo sonst kommen in so kurzer Zeit so viele Klassiker unter den Hammer.

PS-Gespräche bei 28 Grad

Oldtimer-Paradies Scottsdale? "If you like classic cars, there is no other place on earth", behauptet zumindest Steve Warnecke. Der ehemalige Unternehmer aus Washington hat sich ebenfalls in Scottsdale zur Ruhe gesetzt, lehnt an seinem weißen 58er Ford Pickup. Eine Zufallsbegegnung auf einem Parkplatz eines riesigen Einkaufszentrums an der Indian Bend Road. Um uns herum etwa 1.000 bis 1.500 Oldtimer-Fans, die ihre Autos auf der von Palmen gesäumten Freifläche geparkt haben. Tiefer V8-Sound, Rock‘n‘-Roll- und Country-Songs aus unzähligen Radios, entspannte PS-Gespräche bei 28 Grad. Im Januar wohlgemerkt.

Steve erklärt, dass die Szene hier jeden Samstag aufläuft und dieses wohl das größte, regelmäßige Oldtimertreffen der USA sei. "This is heaven." Allein schon wegen des Wetters.

Reise-Infos Scottsdale, Arizona

Scottsdale erstreckt sich im Nordosten von Phoenix, der Hauptstadt von Arizona. Vom Flughafen bis Downtown Scottsdale dauert es in einem Mietwagen etwa 40 Minuten. Infos über die Region sowie Hotel-, Veranstaltungs-und Freizeitipps fi nden sich unter www.experiencescottsdale.com. In der Hochsaison zwischen Dezember und Februar müssen für einen Flug ab etwa 800 Euro gerechnet werden. Wegen der vielen Großveranstaltungen im Golf-, Oldtimer- und Urlaubs-Mekka Scottsdale sollten Hotels langfristig vorab gebucht werden.

Die Top-Seller von Scottsdale 2013

  1. Ferrari 250 GT LWB California Spider, Baujahr 1958, Gooding & Company: 6.187.500 Euro
  2. Ferrari 250 GT SWB Berlinetta, Baujahr 1960, RM Auctions: 6.107.530 Euro
  3. Batmobil, Baujahr 1965, Barrett-Jackson: 3.459.770 Euro
  4. Porsche 718 RSK Roadster, Baujahr 1959, Gooding & Company: 2.347.700 Euro
  5. Maserati 150 GT Spider, Baujahr 1957, Gooding & Company: 2.306.510 Euro
  6. Mercedes-Benz 500K Cabriolet A, Baujahr 1935, Gooding & Company: 2.750.000 Euro
  7. Duesenberg Model J Convert. Coupé, Baujahr 1933, Gooding & Company: 2.018.200 Euro
  8. Ferrari 250 GT Speciale Coupé, Baujahr 1958, Gooding & Company: 1.771.070 Euro
  9. Talbot-Lago T26 Grand Sport, Baujahr 1947, Barrett-Jackson: 1.523.950 Euro
  10. Mercedes-Benz 300 SL, Baujahr 1955, Barrett-Jackson: 1.523.950 Euro