Automuseum Prototyp Hamburg

Deswegen muss man nach Hamburg!

Wer in Hamburg lebt, nach Hamburg kommt oder einfach ein schönes Automuseum erleben will, sollte unbedingt einen Besuch im Automuseum Prototyp in der Hafencity einplanen.

Automuseum Prototyp, Hamburg, mokla0912 Foto: Kai Klauder 46 Bilder

Die Hafencity wurde jüngst in einer Umfrage der Hamburger Morgenpost zum "sympathischsten Stadtteil Hamburgs" gewählt. Perfekt dazu passt das Automuseum Prototyp in der Shanghaiallee 7. Hier fühlt man sich sofort wohl, kann den Tagesstress ablegen und zum Start im hauseigenen Café einen doppelten Espresso genießen. Denn wach sollte man unbedingt sein, wenn man im Anschluss das Museum entdecken will.

Der passende Bau für ein Automobilmuseum

Der rot geklinkerte Backsteinbau stammt aus dem Jahr 1904 - und hat sogar eine automobile Vorgeschichte: "Hier wurde das Esso-Männchen layoutet und hergestellt", weiß Oliver Schmidt, der Gründer und Geschäftsführer vom Automuseum Prototyp. Oliver Schmidt und Thomas König sind die Köpfe hinter der Idee Prototyp. Und ihre Geschichte ist die von zwei Auto begeisterten Machern, die ihre Träume wagen und konsequent umsetzen. Und das rein privat finanziert - ohne Unterstützung aus öffentlicher Hand.

Sie fingen an mit dem Restaurieren von Kübelwagen und Vespa, doch schon während des Studiums erfüllten sie sich den Traum vom eigenen Porsche. "Das war ein 356 in marodem Zustand, den wir im Grunde genommen in vier Kisten verpackt gekauft haben", erinnert sich Schmidt. Vier Jahre lang dauerte die Restaurierung, doch die beiden wollten mehr. "Wir hatten damals eine Garage, und da trafen sich immer mehr Leute, die begeistert von dem Thema Oldtimer waren. Da dachten wir uns: lass uns das doch kombinieren."

Die Idee vom eigenen Museum begann zu reifen, und die beiden, mittlerweile verschwägerten Freunde suchten ein passendes Gebäude. "Wir wollten keinen seelenlosen Bau, sondern ein 'historisches Haus' - und dann haben wir diesen Bau gefunden", so Schmidt. "Dieser Bau" ist ein 70 Meter breites Gebäude, das einst der Hamburger-Gummi-Kamm-Co. gehörte. Schon das Gebäude ist technisch höchst interessant - so sind etwa die stählernen Querträger in Gelenken gelagert, um Bodenbewegungen ausgleichen zu können - doch was der Besucher erleben kann, wenn er das Museum besucht, stellt das in den Schatten. 2004 kauften die beiden das Gebäude, vier Jahre später feierten sie Eröffnung des Automuseums Prototyp.

Konzipiert wurde das Museum, die Ausstellung, die Ausstattung und Architektur von den beiden Geschäftsführern. "Wir hatten keinen Museumspädagogen an Bord und kommen auch nicht aus dem Museumsbau, wir haben einfach ein Museum gemacht, was wir selbst gerne besuchen würden. Dabei verfolgen wir ganz klar auch einen Bildungsauftrag und wollen die Geschichte in der Breite erzählen." Das ist den beiden Hamburgern ausgezeichnet gelungen.

Das Motto und Konzept: Personen.Kraft.Wagen.

Und wie so oft kann das Naheliegende am besten überzeugen. Das Museumskonzept baut auf der dem Begriff PKW - Personenkraftwagen auf. Dieses "Tryptichon aus Personen, Kraft und Wagen", wie Anja Warnecke vom Museum Prototyp betont, zieht sich durch das gesamte Museum. Die Personen bekommen einen großen Raum, und hier wird sich auf die üblichen Verdächtigen - Rennfahrer, Erfinder, Konzernlenker - beschränkt, sondern auch über den Tellerrand hinaus geschaut.

Konstrukteure, Grafiker, Techniker, Fotografen und vergessene Akteure der Automobilgeschichte werden hier gewürdigt und bekommen den Raum, der ihnen zusteht. Franz-Xaver Reimspiess, Entwickler des VW-Käfer-Boxermotors, Ernst von Demar, Grafiker und Automobildesigner, Curt Delfosse, Konstrukteur von Rennwagen, Karosserien und Booten, oder auch Bruno Bergner, Grafiker, sind nur einige der vorgestellten Personen hinter dem Auto. Persönliche Fotoalben, Technische Berichte, Zertifikate, Auszeichnungen und Ehrenplaketten geben dem Menschen hinter dem Produkt Automobil eine Geschichte. Natürlich spielen auch die Menschen hinter dem Lenkrad eine Rolle. Eine besondere kommt dabei Wolfgang Graf Berghe von Trips zu. Im Untergeschoss wird mit einer Dauer-Sonderausstellung dem "Ritter der Rennstrecke" gedacht. 

Unter dem Begriff "Kraft" wird die Faszination Technik vermittelt, auch hier nicht rein auf das Automobil beschränkt, sondern mit vielen Querverweisen in die Technikgeschichte. Hier geht es auch um Rennsport, Leistung und Siege - und um Unfälle, beide Seiten der Medaille werden hier beleuchtet. Und "Wagen" sind natürlich der Kern der Ausstellung, die vielen Fahrzeuge, an denen ganz anschaulich die Breite der Automobilgeschichte erzählt wird.

Dazu passt der Name: "Bei dem Begriff Prototyp hat jeder sofort Bilder im Kopf. Noch nicht fertig oder noch nicht perfekt, hier kann man noch etwas ändern und eingreifen", so erklärt Schmidt. Dabei beschränken sich die Exponate nicht, wie der Begriff "Prototyp" suggeriert auf "Unfertiges" und nur eingeschränkt Einsetzbares. Auch Serienwagen, Eigenbauten, Unikate und Rennwagen werden gezeigt.

Nur Originale - und die Gläserne Werkstatt

"Bei uns hängen und stehen nur Originale", sagt Anja Warnecke und weist auf das "Klopfmodell des Auto Union Typ C hin, das von der Audi Traditionsabteilung zur Verfügung gestellt wurde. Die Exponate im Automuseum Prototyp setzen sich aus Privatfahrzeugen der beiden Geschäftsführer und Leihgaben zusammen, die dank der vielen großen Fensterflächen schön ausgeleuchtet präsentiert werden. "Damit das böse UV-Licht draußen bleibt, haben wir die Fensterabhängungen auch als Präsentationsfläche genutzt, weil die Wandfläche relativ klein ist", erklärt Warnecke. Die Räume wurden für die Ausstellung gut ausgenutzt, viele Schaukästen mit Modellen zeigen, das "wir nicht nur groß können, sondern auch klein."

Und sie können auch Praxis, denn in der Dauerausstellung gibt es eine gläserne Werkstatt. Wenn man Glück hat, kann man hier einen pensionierten KfZ-Mechaniker bei der Restaurierungsarbeit zusehen und reichlich "Benzin schnacken".

Museum zum Erleben

Wichtig war den Gründern des Automuseums Prototyp auch, dass die Besucher das Automobil und alles, was mit ihm zu tun hat, erleben können. "Wir waren mit die ersten, die die Exponate nicht wegsperren", sagt Schmidt und fügt hinzu: "es ist nie etwas passiert, das Konzept ist aufgegangen." Zum Erlebnis gehört hier auch die mediale Aufbereitung. In der "Audiobox können sich die Besucher 22 Motoren anhören, und dabei originale Rennplakate ansehen. Ein paar Meter weiter laufen Filme im Kino. Wer etwas ausruhen möchte, kann in der Bibliothek stöbern - oder den Katalog durchblättern.

Im Erdgeschoss warten wechselnde Exponate im Schaudepot. Eine Etage tiefer findet man die Galerie, in der neben einigen Dauerexponaten auch wechselnde Ausstellungen mit Fotografien und kleiner Sonderausstellungen zu sehen sind. Für Kinder und alle, die es wieder sein wollen, ist der Miniatur-Windkanal zu empfehlen, bei dem verschiedene Karosserieformen ihre Aerodynamischen Fähigkeiten beweisen müssen. Mit einer Rauchlanze kann man die Unterschiede erleben.

Und zum Abschluss sollte man den Museumsshop besuchen, bei Kaffee und Kuchen die Eindrücke Revue passieren lassen und das Wiederkommen planen. "Pro Jahr kommen rund 50.000 Besucher zu uns", sagt Anja Warnecke.

Motor Klassik-Urteil: Ein tolles Museum von Überzeugungstätern in Sachen Automobil. Pädagogisch besonders wertvoll.

Automuseum Prototyp

Kommende Ausstellungen: Ab dem 27. September 2012 läuft die Ausstellung "Steve McQueen. King of Uncool". Ab dem 15. Dezember 2012 lädt die Sonderausstellung "Wirtschafts.Wunder.Wagen." nach Hamburg.