Redakteure erinnern sich

Gestern Papa's Auto, heute Youngtimer

Die Motor Klassik-Redakteure erinnern sich: Wie war das noch, damals, als wir alle meist auf der Rückbank saßen? Die Welt war unendlich groß, Papas Auto eine behagliche Raumkapsel, die uns überall hinbrachte, und an guten Tagen durften wir mit seiner Hilfe auch selbst am Lenkrad drehen.

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Alf Cremers: Unser A-Rekord prägte mich auf Biedermänner

Ich rede mich um Kopf und Kragen, aber mir gefällt eine Ford Badewanne, ein Opel Commodore, ein Mercedes 220 S oder ein BMW 2500 nun mal besser als ein Maserati Indy, ein Lamborgini Miura oder eine Chevrolet Corvette. Vielleicht liegt es an meiner glücklichen Kindheit, die ich in biederen Großserien-Limousinen verbringen durfte. Nach einem DKW 3=6 und zwei Ponton-Mercedes entschied sich mein Vater, dem Autos nie viel bedeutet haben, 1969 für einen Opel Rekord A aus erster Hand mit nur 39.000 Kurzstrecken-Kilometern. Vorbesitzer war eine Ärztin, die auf einen beigen Mercedes 220-Benziner umstieg. Ich mochte unseren Opel sehr, ein 1500er mit Dreiganggetriebe. Er gefiel mir wegen seiner modernen Form und seines leisen Motors. Meiner Mutter aber wurde es im Opel oft schlecht, und so folgte nach drei Jahren ein Audi 100 S. KK-YT 26 werde ich nie vergessen, drei schöne Jahre durfte ich mit ihm verbringen. Heute erinnert mich noch ein Siku- Modell an ihn, ein alaskagrauer Zweitürer wie das Original.

Franz Peter Hudek: Mercedes-Benz 230 S

Bei uns zu Hause in einer Landarzt-Praxis gab es immer zwei Autos, einen wintertauglichen Kompakten für die Hausbesuche und eine geräumige Familienlimousine. Der Mercedes 230 S war mit seinem Heckflossen-Vorgänger 190 eine Ausnahme, eigentlich waren wir eine Ford-Familie: diverse 12 M, 17 M (P2), Consul 3000 GT, Sierra. Trotzdem blieb mir der solide 230 S in starker Erinnerung, weil damit die fünfköpfige Familie Ende der Sechziger große Europareisen unternahm: Rom, Cote d‘ Azur, Paris. Ich saß vorne zwischen den Eltern auf dem Extra-Mittelpolster der Einzelsitze; die beiden großen, halbstarken Brüder räkelten sich im Fond. Mein Vater fuhr die ganzen Strecken im Alleingang. Die Hotels waren nicht vorgebucht, sondern wurden am Abend spontan angesteuert. Oft waren alle Zimmer belegt, und wir mussten mehrmals nachfragen. Die Quartiersuche war manchmal nervig. Das Foto zeigt ein Landhotel in Südfrankreich.

Michael Schröder: Unser sportlicher Simca 1100 Special

Vier Rundinstrumente, 75 PS und dank zweier Halogen-Zusatzscheinwerfer und der Lochfelgen zumindest ein Hauch von Rallye-Look - als mein Vater 1971 mit einem neuen Simca 1100 Special vor der Tür stand, konnte ich mein Glück kaum fassen. Das Beste: Die Tachoskala reichte wahrhaftig bis Tempo 180, und unser neues Familienmitglied verfügte endlich auch über einen Drehzahlmesser, was in einer Runde von autoverrückten Viertklässlern einem Ritterschlag gleich kam. Wie selbstverständlich nahm ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf dem Fahrersitz Platz, eine Hand am dreispeichigen Sportlenkrad, die andere auf dem Holzknauf des Schalthebels, der wie bei italienischen Sportwagen schick aus einem Ledersäckchen herausragte. Dann wähnte ich mich als Rallye-Pilot und fuhr in meiner Fantasie in einem Team mit meinen Zack-Comic-Helden Michel Vaillant und Steve Warson durch Südfrankreich und Afrika. Bis heute unvergessene Momente. Und glückliche dazu.

Dirk Johae: Der große NSU Typ 110

Wahrscheinlich war der NSU so alt wie ich selbst: Baujahr 1965. Die zweitürige Limousine in Capriblau ist das erste Auto meines Vaters, an das ich mich erinnern kann. Der Typ 110, welcher nachts in der Garage hinten rechts auf dem Hof der Roßstraße 9 in Wuppertal ruhte, beflügelte meine Fantasie - und die meines Vaters. Er war leidenschaftlicher Motorradfahrer, der das Zweiradhobby aber meiner Mutter zuliebe aufgegeben hatte. So musste ein Auto aus Neckarsulm den Traum vom sportlichen Fahren wachhalten. Allein aus Vernunftsgründen fiel die Wahl nicht auf einen TT oder TTS, sondern den Typ 110 - der größere Innenraum war familientauglicher. Der NSU brachte uns zum Urlaub in den Schwarzwald oder am Wochenende zu Automobilslaloms im Bergischen Land. Dort erlebte ich, wie die wilden Brüder unserer mit 53 PS schüchtern auftretenden Limousine um die Pylonen wedelten - ich träumte, Rennfahrer zu werden.

Hans-Jörg Götzl: Der chamonixweiße BMW 1800 TI

Von den vielen Autos, die mein Vater im Laufe seines Lebens bewegte, hatte er eines besonders in sein Herz geschlossen - einen chamonixweißen BMW 1800 TI, vermutlich Baujahr 1965 oder 1966 und verfeinert mit diversen Teilen der Sportausstattung. Damit und mit einer dunklen Ray-Ban auf der Nase machte er das nördliche Ruhrgebiet unsicher, fegte über die Landstraßen in Westfalen oder jagte über die Autobahnen zum Skifahren nach Berchtesgaden. Meine mit mir schwangere Mutter bemühte sich, auf dem Beifahrersitz Haltung zu bewahren, die dynamischen Vorteile des Heckantriebs lernte ich so schon sehr früh kennen und schätzen. Wie viel Mehrleistung der frisierte (damals hieß das so) Vierzylinder gegenüber den serienmäßigen 110 PS hatte, weiß heute niemand mehr zu sagen, in Vaters Erinnerung wurden es jedenfalls immer mehr. Das kostete mehr als nur ein Getriebe, außerdem rostete die schöne weiße Karosserie wie blöd: War die Werkstatt vorne fertig mit dem Löcher zuschweißen, konnte sie hinten weitermachen. Als mein Vater sich von dem BMW trennte, war ich noch im Kindergartenalter; er vermisste ihn bis zuletzt, ich ihn bis heute.

Kai Klauder: BMW 520 (E12)

Die Autowahl meines Vaters war eigentlich nie eine Überraschung: Es musste ein BMW sein, und es musste ein Sechszylinder sein. Schiebedach und dunkles Interieur waren meist gesetzt, die Außenfarbe war zweitrangig. Vor allem die Dänemark-Urlaubsfahrten im 70er-Jahre-mintgrünen 520 (E12) sind mir im Gedächtnis geblieben. Voll bepackt, fünf Fahrräder auf dem Dach, River-Cola unterm Rücksitz, dazwischen der Schnaps für den Tennislehrer. Politisch völlig unkorrekt: Mein Bruder und ich standen hinter den Sitzen und feuerten Papi an: „Schneller ... noch schneller ... Ja, 200!“. Unsere Mutter musste oft leiden, vor allem auf den bergigen Landstraßen. Auch hier schrien wir den Gasfuß des Vaters nach unten. Und bei jeder Kuppe gab es das schön-schwulmige Gefühl im Magen, an das ich mich gern erinnere - es kribbelt schon wieder.

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