Porträt Jaguar-Fan Klaus-Jürgen Müller

Doc Jag - Jaguar lieben und leben

Jaguar lieben und leben - bei Klaus-Jürgen Müller trifft das zu, wie auf wenige andere Freunde der Marke. Der Jaguar-Fan wird von seinen Freunden Doc Jag gerufen, betreibt eine Oldtimer-Werkstatt und fährt privat auf Jaguar-Limousinen ab. Gleich vier zugelassene XJ-Modelle parken in seinen Garagen.

Klaus-Jürgen Müller Foto: Frank Herzog 9 Bilder

Seine Augen glänzen, er spricht ohne Pause. Manchmal unterbrechen Gesten sein begeisterndes Plädoyer. Dann formen seine Hände irgendwelche fiktiven rundlichen Skulpturen. Man kann sie als Silhouette der Jaguar XJ-Limousine deuten oder als Umriss des Zylinderkopfs vom Jaguar XK-Motor, je nachdem wo er gerade in seinem mitreißenden Vortrag angekommen ist. Ob beim Design oder bei der Technik - "beides Jaguar-Domänen", wie er meint. Nur qualifizierte Fragen können ihn stoppen. Sonst bleibt er mit Vollgas auf der Überholspur seiner Überzeugung.

Der Jaguar-Heiler kümmert sich auch um rassige Italiener und US-Cars

Klaus-Jürgen Müller ist beim Thema Jaguar in seinem Element, der 60-jährige Kraftfahrzeugmeister, gebürtig aus Bad Kreuznach, liebt und lebt Jaguar. Beruflich als Inhaber der renommierten Oldtimerwerkstatt M & R Automobile vor den Toren Münchens, die sich aber auch um italienische Vollblüter wie Ferrari, Maserati oder Lamborghini kümmert. Auch US-Cars, selbst solche aus der Flathead-Vorkriegs-Ära, sind willkommen, ebenso wie der komplette britische Automobiladel von Austin-Healey, Bentley, Rolls-Royce über MG, Triumph, Riley bis hin zu, eben - Jaguar.

Müller und seine qualifizierte Werkstatt-Crew kurieren sie alle - nicht nur Jaguar. Freunde und Stammkunden nennen ihn Doc Jag, weil sein Jaguar-Enthusiasmus keine Geschäftszeiten kennt und seine Tüftelleidenschaft schon so manch chronischen Katzenjammer kurierte.

In seinen Garagen im Gündinger Industriegebiet lauern gleich vier Jaguar XJ-Limousinen, die alle schon seit über einem Jahrzehnt zur Familie gehören. Von wegen Rote Nullsiebener. Sie alle sind zugelassen mit XJ-Initial und H am Ende, selbst die jüngste Serie III-Limousine, die nicht Jaguar, sondern Daimler Double Six heißt, was irgendwie noch vornehmer klingt. "Aber der Mythos heißt eben Jaguar", unterstreicht Müller mit tiefer Überzeugung. DAH - XJ 16 H, also der Daimler, bietet ein paar Besonderheiten und reichlich Gesprächsstoff. Fundiertes Jaguar-Detailwissen sprudelt nur so aus ihm heraus.

Serie III mit bester Qualität und höchster technischer Reife

"Er hat noch das Serie II-Instrumentenbrett und die feine Mittel-Zierleiste auf der Motorhaube, die vorn beim Daimler-Logo entspringt. Eigentlich müsste er noch Stahlfelgen mit Radblenden tragen, aber ich habe ihn auf die sogenannten Pepper-Pot-Alus umgerüstet. Die Serie III des Jaguar XJ ist nicht Müllers erste Wahl. "Stilistisch hat er wegen des höheren Dachaufbaus und der kastigen Stoßstangen leicht verloren, dennoch hat Pininfarina mit dem Facelift einen guten Job gemacht. Die Serie III zeigt dafür qualitativ und auch fahrdynamisch den höchsten Reifegrad, obwohl der spätere Jaguar H.E.-Motor mit den May-Fireball-Brennräumen nicht viel gebracht hat."

Müller holt DAH - XJ 14 H aus der Garage, ein 78er Jaguar XJ Serie II-Zwölfzylinder mit Vinyldach, Benzineinspritzung und bereits mit GM-Automatik. "Das Vinyldach macht den Jaguar optisch noch sprungbereiter, es passt wunderbar zum langen Radstand der zweiten Serie." Flugs lenkt er das Sechszylinder-Pendant herbei, DAH - XJ 6 H - mal ausnahmsweise nicht in schlichtem Silber, sondern in gediegenem Regency-Red und mit Viergang-Schaltgetriebe plus Overdrive.

Passt ein vulgärer Stickshift überhaupt zur distinguierten Jaguar XJ-Limousine? Pragmatiker Müller zögert nicht lange und drückt dem Zweifler das Lenkrad in die Hand. Der langhubige Bilderbuch-Doppelnocker erlaubt dank überragender Elastizität schaltfaules Fahren, schon ab 1.500 Touren tritt er kräftig an. Die Jaguar-Schaltung ist von trockener britischer Direktheit, arbeitet aber viel geschmeidiger als die widerspenstige Moss-Crashbox von einst.

Mit kleinen Eingriffen macht Müller aus dem XJ 6 eine Fahrmaschine

Tüftler Müller half dem Archetypus des Jaguar-Sechszylinders auch mit durchsatzfreudigeren SU HD 8-Vergasern auf die Sprünge, die noch mit Choke operieren. So wird aus dem Jaguar XJ 6 ein ambitioniertes Fahrerauto, dessen aufwendig konstruiertes Fahrwerk hohe Kurventempi verträgt. Müller schwärmt nebendran von der Aussicht: "Diese hinreißend gewölbte Motorhaube - wie eine romantische Landschaft oder eine schöne Frau".

Der Jaguar-Freak vermutet, dass seine Jugend in der US-Garnison Bad Kreuznach prägend wirkte. "Damals fuhren die Offiziere unter den GIs die XK-Sportwagen und den Mark II-Form, Sound und Technik begeisterten mich. Vor 30 Jahren kaufte ich mir dann die erste Jaguar-Limousine, einen Erstserien-V12 von 1973. Short Wheelbase, Vergasermotor, 253 DIN-PS, den habe ich heute noch", dreht sich um und zeigt auf DAH - XJ 12 H.


Müller repetiert: "Andere Kolben, Verdichtung 10:1, die vier Zenith-Vergaser optimiert, dazu ein Getrag-Fünfganggetriebe. Dieser Jaguar hält nun leistungsmäßig, was der Zwölfzylinder verspricht, in der serienmäßigen Borg-Warner-Automatik blieben einfach zu viel Sprit und Leistung hängen." Die Instrumente tragen die Chromrähmchen der frühen Jaguar XJ-Jahre, das Kofferraumschloss wird von feinen Zierleisten umrahmt. "Swallow Wings", sagt er andächtig mit verzückter Stimme und glänzenden Augen, streicht dabei sanft über das Heck seines Zwölfzylinders.