Porträt Franklin Zeitz von Nippon Classics

Freund aller japanischer Youngtimer

Franklin Zeitz ist ein schillerndes Original der Youngtimer-Szene. Er verkörpert die spannende Mischung aus Outlaw, Kumpel und Autofreak. Seine Spezialität sind fiese Japaner aus den Siebzigern.

Franklin Zeitz ist ein schillernder Held der Youngtimer-Szene Foto: Hardy Mutschler 11 Bilder

Er ist ein Verrückter. Einer von denen, die von alten Autos den Hals nicht voll kriegen. Die jedes Vehikel vom Straßenrand auflesen, um damit etwas Ausgeflipptes anzufangen. Jedes Jahr fährt er mit ein paar Kumpels von Hafenlohr zum Camping an den Lago Maggiore. Er reist wie die anderen unbequem, aber herrlich befreit mit dem Mofa.

Sein mattschwarzer Mercedes 500 SEC, mit dem die 750 Kilometer lange Strecke ein Klacks wäre, bleibt in der Garage. Drei Tage braucht er mit dem Kreidler Flory, Apehanger-Lenker, kurzer Bananensattel. 50 Kubik statt Fünfliter, Einzylinder statt Achtzylinder. Franklin Zeitz tickt anders als der Mainstream. Er hat auch mit 35 noch vieles von einem jungen Wilden.

Traumgarage im altem Sägewerk

Durchtrainierter Körper, raspelkurze Haare, Muscle-Shirt mit provokantem Aufdruck. Zeitz ist gleichzeitig Blues Brother und Motorraver, sucht die Grenzüberschreitung, tobt sich mit Autos aus und allem, was fährt. Vom Bonanza-Rad bis zum Ford Transit mit Zwillingsreifen. Wenn er so spricht, über Autos, Gott und die Welt, wirkt er manchmal auffallend sanft und nachdenklich. So widersprüchlich wie ein Philosoph, der Heavy Metal hört und alle Playmate-Centerfolds der letzten 20 Jahre an der Wand hängen hat.

Seine Frau Heike versucht erst gar nicht, ihn zu diziplinieren. Sie macht nicht nur mit, ihr gehört der Laden. Er residiert geräumig in einer kleinen Fabrik, ein ehemaliges Sägewerk in Hafenlohr, einem unscheinbaren Provinzkaff bei Würzburg, und heißt im Internet S.A.V. oder Altelieberostetnicht.com.

Die Ware – Japan-Barock aus den Siebzigern

Sie handeln beide mit alten Autos, mit Youngtimern, speziell mit Japan-Barock aus den Siebzigern. Sie kennt sich mit Autos sehr gut aus, die internen Toyota-Modellbezeichnungen weiß sie spontan zu jedem Typ: „Die silberne 80er Celica ST dort heißt TA 40, das dunkelgrüne 75er Corolla Coupé da drüben nennt sich intern KE 35.“ Heike Zeitz wuchs mit Toyota auf, ihre Eltern führen das Autohaus Heinze, ein paar Kilometer weiter in Karlstadt am Main.

Doch Franklin und Heike sehen nichts zu eng, auch den Begriff Youngtimer nicht, für sie gehört selbst ein BMW 2800 CS oder ein Ford Taunus P3-Badewanne dazu, vor allem wenn der Zustand nicht gerade concours ist und sie schon eine gewisse coole Patina ausstrahlen. Sehr lässig wirkt ein silberner Mercedes-Benz 250 CE, schwarzes, faltiges Leder, aufgequollenes Holz, überall Rostblasen unter dem Lack und garantiert nicht fahrbereit. Franklin will faire 1.000 Euro für das komplette Auto mit gutem Chrom und intakter Maschine.

„Trotzdem beschimpfen mich die Leute, wenn sie herkommen und das Auto sehen, das sie sich vorher selbst am Telefon schöngeredet haben“, beklagt Zeitz die überzogene Geiz-ist-geil-Mentalität in der Youngtimer-Szene. Für ein Mercedes 123 Coupé der ersten Serie, Topmodell 280 CE, Schweiz- Import, beste Substanz, viele Extras, Velours und Wurzelnuss, aber reichlich Kilometer, „so um die 250.000“, will er faire Vierdrei VB, was realen Dreineun ziemlich nahe käme, „und die Interessenten dackeln hier an, mit der Kaufberatung unterm Arm und diskutieren mit mir jede Gummileiste, jeden Schraubenkopf und jedes Zündkabel.“

Japan-Raritäten in Topzustand für faire Kurse

Kaum etwas gibt es bei Heikes und Franklins japanischem Streichelzoo zu diskutieren, alle bis auf die preiswerte Celica ST sind Topzustand. Das tomatenrote 75er Mazda 929 Luce Coupé, der lindgrüne 72er Toyota Corona 2.000 Mark II und sogar der silberne Nissan Sunny, oder ist es noch ein Datsun, glänzen um die Wette. Beide Schriftzüge zieren unentschlossen den neuwertigen Wagen aus erster Hand, mit nur 60.000 Kilometern auf dem Zähler. Franklin ruft wohlfeile 3.999 Euro für den niedlichen Stufenheck-Kompaktwagen mit Hinterradantrieb auf.

Meistens holt er die seltenen Schätzchen in der Schweiz und verkauft sie an Holländer oder Belgier. „Die haben nicht zuletzt durch ihre Steuerfreiheit für Youngtimer begriffen, dass es sich bei diesen Nippon-Raritäten um eine vom Aussterben bedrohte Art handelt. Beeindruckend ihre stilistische Fantasie und Vielfalt. Schau dir mal den Mazda 929 an, ein echtes Hardtop- Coupé, ohne B-Säule, jedes Detail wie ein Ornament, überall Schnörkel und Zierrat, aber die Grundform konsequent und wie aus einem Guss.

Mercedes, Opel oder BMW aus der Zeit gibt es wie Sand am Meer, aber die Japaner gelten bei uns noch nicht viel.“ Selbstbewusste 14.900 Euro verlangen Heike und Franklin für den Mazda 929 im Bestzustand, original 49.000 km, 1,8-Liter-Vierzylinder mit 92 PS. Dafür kriegt man einen ziemlich guten Mercedes 350 SLC, aber das ist keine Rarität.

Der Mazda macht uns neugierig. Rote Nummer dran und raus aus dem Sägewerk. Heike Zeitz, die hübsche blonde Frau mit Autoverstand, führt ihn uns vor, rangiert den Wagen behutsam an den Playmates und Cocktail- Sesseln vorbei ins Freie. Die Passagiere sitzen tief, das wuchtige Instrumentenbrett gibt sich fahrerorientiert, steil liegt das dünne Lenkrad in der Hand. Der Schalthebel dominiert die Mittelkonsole, kess ragt er wie bei einem Alfa Bertone empor. Genauso knackig und kurzwegig lässt sich das Vierganggetriebe schalten, man sieht es Heikes entschlossenen Handbewegungen förmlich an.

Auf dem Weg zu einer weiteren Sammlung

Der sonor klingende OHC-Vierzylinder gefällt durch guten Durchzug aus dem Drehzahlkeller. Dabei dreht er auch gerne und willig hoch, seine Nenndrehzahl beträgt immerhin 6.000 Touren und das für einen japanischen Bauernmotor. Weniger ambitioniert ist das Fahrwerk des Luce konstruiert, ähnlich wie ein Ford Capri trägt er vorne McPherson-Federbeine und hinten eine blattgefederte Starrachse. Unser Ziel ist Karlstadt im Main-Spessart-Kreis, dort wartet ein zweite japanische Preziose aus der Sammlung Zeitz, die unsere Neugierde weckt.

Königlicher Toyota mit Toyo Glide und Langhuber-Reihensechser

Der weiße Toyota Crown steht noch im Showroom des elterlichen Toyota-Autohauses Heinze. Neben einem Daimler XJ 40, mit einem Preisschild hinter die Windschutzscheibe geklemmt. Diese Rarität käuflich, welch ein Frevel. Schließlich braucht die künftige Premiummarke Toyota auch Tradition wie BMW, Mercedes und Audi.

Der Toyota Crown soll 4.990 Euro kosten, die verbrieften 302.350 km schrecken angesichts des erstaunlich guten, nur leicht patinierten Zustands niemand ab. Sogar das tiefschwarze, stark vinylhaltige Interieur sieht noch gut aus. Beeindruckend ist das leicht gewölbte Instrumentenbrett im Cinemascope-Format. Dieser Crown ist nicht zu fassen. Er gibt den überzeugenden Beweis für toyotatypische Langzeitqualität, eine große, exotisch anmutende Limousine, fahrbereit, mit frisch montierter roter Nummer in Heinzes Betriebshof.

Der langlebige 2,6-Liter-Sechszylinder blubbert lässig vor sich hin, man hört dem Langhuber die niedertourigen 117 DIN-PS bei 5.000/min geradezu an. Von einer modernen, obenliegenden Nockenwelle gekrönt, stemmt der Crown-Sechszylinder immerhin 210 Newtonmeter auf die siebenfach gelagerte Kurbelwelle.

Doch das wirklich Besondere am weißen Riesen aus Japan ist die Dreigang-Automatik namens Toyo Glide, die das Fahren mit dem Bonsai-Straßenkreuzer, der auf einem soliden Kastenrahmen aufbaut, zum mühelosen Vergnügen macht. Heike lächelt noch zufriedener als im Mazda 929 hinter dem schwarzen Bakelit-Lenkrad. Der Toyota liegt ihr in seiner entspannten Mühelosigkeit des Fahrens und in der kontrastreichen Verspieltheit seiner Linienführung. Der Toyota Crown ist nicht größer als ein Ford 20 M, auch das Fahrwerk gibt sich genauso schlicht und vollbringt keine Komfortwunder. Die Tatsache, dass ein Auto vom Motor lebt, der Crown beweist es.

Ein mattschwarzer rattiger 500 SEC muss sein

Zurück im alten Sägewerk, zeigt uns Franklin zum Schluss seine beiden coolsten Karren, die es in Sachen Antriebskomfort locker mit dem lässigen Toyota Crown aufnehmen können. Zuerst stoßen wir auf seine Ratte, ein in reflexfreiem Army-Mattschwarz lackierter Mercedes 500 SEC der ersten Serie, mit angegrautem blauem Velours, vergilbtem Holz und einem falschen, viel zu kleinen Dreispeichen-Lenkrad. Das ideale Auto, um in der Bronx Mülltonnen umzufahren. Man ahnt, dass Franklin nicht immer friedlich damit herumcruist. „Burnouts finde ich primitiv und albern“, stellt er aber ganz klar fest.

Drüben steht sein 63er Impala Coupé, für ihn so etwas wie der gelebte Traum, groß, Candy-Metallic, stark. Mit Sixpack-Hutze, Breitbandtacho und Lenkradautomatik. Zeitz dreht den Zündschlüssel herum und grinst schelmisch. Der Achtzylinder bollert los. „Manchmal“, sagt er dann, „fühle ich mich wirklich frei, selbst auf dem Mofa bergab mit Tempo 40.“