Schwarzwaldtour im BMW M 635 CSi

Unterwegs im süddeutschen Bullerbü

Eine Tour im BMW M 635 CSi als Medizin für die strapazierte Seele. Stress im Büro? Ärger mit dem Vermieter? Wir hätten da etwas, das Sie auf andere Gedanken bringt: eine Runde durch den Schwarzwald - aber nur in einem Auto mit möglichst viel Qualm unter der Haube.

BMW M 635 CSi, Typ E24, Baujahr 1987 Foto: Hardy Mutschler 22 Bilder

Das ist sie also, die Diva des Schwarzwalds. Verwegen zuckt sie bergan, schlägt dabei unzählige Haken, und vermutlich würde sich am Ende kein Mensch darüber wundern, wenn diese Trasse hinauf zum 1.284 Meter hohen Schauinsland auch noch mit einem Looping aufwarten würde. 175 Kurven auf einer Strecke von zwölf Kilometern - da wirkt selbst die Nürburgring-Nordschleife plötzlich wie ein Kurs für Geradeausfahrer: Die 20,8 Kilometer lange Rennstrecke in der Eifel kommt "nur" auf 73 Ecken.

BMW M 635 CSi - der stärkste und teuerste Serien-BMW

Vorfreude macht sich breit - die 286 PS des BMW M 635 CSi scharren mit den Hufen, wollen endlich von der Leine. Kraft im Überfluss, die aus dem längst heilig gesprochenen Mittelmotor-Sportwagen M1 stammt. Feinster bajuwarischer Maschinenbau mit sechs Zylindern, 24 Ventilen und zwei obenliegenden Nockenwellen. Für den Einsatz im 1983 präsentierten Sport-Coupé entlockten die Ingenieure der BMW Motorsport GmbH dem Aggregat neun weitere PS und spendierten dem Sechser einen tief heruntergezogenen Frontspoiler, eine Gummilippe auf dem Kofferraumdeckel und natürlich ein kleines Emblem mit dem Buchstaben "M" - fertig war der BMW M 635 CSi, der bis dahin stärkste und teuerste Serien-BMW.

Abmarsch. Alle Hebel auf den Tisch. Der BMW M 635 CSi zieht an, als würden die Gesetze der Schwerkraft auf einmal nicht mehr gelten. Den Rest erledigt das Fahrwerk. Wie hingebügelt zackt der 23 Jahre alte Sechser mit vollen Segeln um die Ecken dieser verwegenen Trasse, bei der man sich entscheiden sollte: Schauen oder fahren. Beides zusammen geht hier definitiv nicht, ohne prompt neben der Ideallinie zu liegen, die von einheimischen Artisten regelmäßig hingebungsvoll in den Asphalt gebrannt wird: unzählige schwarze Streifen markieren den Weg - in beiden Richtungen.

Hand aufs Herz - wem tut es nicht gut, sich dann und wann einmal schwindelig zu fahren? Der Schwarzwald hält für solche Zwecke gleich ein Bündel feinster Straßen bereit, und in diesem Fall heißen die Eckdaten Schauinsland, Feldberg, Titisee und Glottertal - quasi die Hausstrecke von Reinhard Kleißler, Spezialist für klassische BMW aus dem nahen Gundelfingen. Der BMW M 635 CSi stammt aus seinem Angebot, und der Mann ist ebenfalls gern in Bewegung, auch wenn er heute ausnahmsweise einmal tapfer auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat.

Deutschlands höchster Bahnhof

Der Gipfel des Schauinsland, Freiburgs Hausberg, kommt in Sicht. Selbstverständlich geht unserem Boliden auf einer Höhe von gut 1.200 Metern noch lange nicht die Puste aus, doch Power spielt im nächsten Moment auch keine Rolle mehr. Knapp unterhalb des Gipfels entlässt der dichte Wald die Straße auf einen fast baumlosen Grat mit eindrucksvollem Rundumblick: in das Rheintal, auf die Vogesen und natürlich hinüber zum 1.439 Meter hohen Feldberg. Großes Kino, dieses Panorama. Einfach daran vorbeirauschen geht nicht. Also fünfter Gang und die Drehzahl knapp über Standgas. Im nächsten Moment entpuppt sich der Heißsporn als waschechter Cruiser - der BMW M 635 CSi kann beides.

Gleich darauf stürzt sich die Straße schon wieder hinab, fällt hinunter ins beschauliche Todtnau, wo uns nichts anderes übrigbleibt, als sich in den Stau hinauf zum Feldberg einzureihen. Am Ende bleibt sogar die Belohnung auf der Strecke. Das Dach des Schwarzwalds hat seine Würde längst verloren, wird von einer gruseligen Einkaufspassage und einem wenig attraktiven Hotelkomplex verunstaltet. Wir halten erst wieder in Feldberg-Bärental. Der Kiosk in Deutschlands höchst gelegenem Bahnhof entpuppt sich als stille Oase fernab jedweder Moderne und Hektik.

Unterwegs im süddeutschen Bullerbü

Titisee. Nur ein paar Kilometer weiter schlagen wir im Kulminationspunkt aller Schwarzwald-Fantasien und zugleich im Epizentrum der deutschen Tourismusbranche auf - diese Region gilt als die meistbesuchte im Land. Gefühltes Durchschnittsalter der internationalen Gästekolonnen, die sich an der Strandpromenade drängen: 70 Jahre. Mindestens. Dass der dunkle See trotz des Rummels um ihn herum noch immer seine gravitätische Ruhe bewahrt hat, verbuchen wir als Wunder der Natur. Ein kurzer Blick genügt.

Denn BMW M 635 CSi-Co-Pilot Kleißler treibt zum Endspurt an. Hinterzarten, Sankt Märgen, kurz darauf Sankt Peter. Vermutlich die schärfsten Aussichtslagen, die der Schwarzwald zu bieten hat. Auf jeden Fall eine Strecke, die am Steuer des potenten BMW M 635 CSi kaum Luft zum Atmen lässt, die dafür sorgt, das der Kopf vollkommen frei wird. Wälder, Wiesen und Wasserfälle rauschen vorbei, klassische Schwarzwaldhäuser mit tief heruntergezogenen Dächern in beneidenswerten Wohnlagen. Mit Gärten so groß wie Fußballfelder, Kindern auf Pferden und der Blick über die Hügel und den Wald als Dreingabe. Süddeutsches Bullerbü. Vielleicht doch aufs Land ziehen? Ich werde ernsthaft drüber nachdenken.

Kann aber auch sein, dass ich mein Konto für ein Auto mit mindestens 286 PS plündern muss.

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