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Vater der Schlafenden Schönheiten

"Ich war und bin kein Sammler!“

Exklusiv-Interview mit Michel Dovaz, dem Vater der "Schlafenden Schönheiten" in Frankreich. Der französische Vinologe besaß einst 21 Bugatti - und war doch kein Sammler. Warum, lesen Sie hier.

Bugatti Typ 57 Ventoux, Frontansicht, Michel Dovaz Foto: Ard und Arnoud op de Weegh 10 Bilder
Herr Dovaz, wie ist Ihre Liebe zum Automobil entstanden?

Dovaz: Ich bin 1928 in Genf geboren, das war damals schon eine Weltstadt, und es gab viele Autos, die ich als Junge bewunderte – aber nicht mehr als andere Jungs meines Alters. Im Alter von 20 Jahren aber zog ich nach Paris und sah dort die vielen schönen Bugatti, Delahaye, Delage usw. Diese konnte man damals infolge der hohen Steuern auf hubraumstarke Wagen sehr billig kaufen. Da ist mein Interesse größer geworden.

Wann haben Sie Ihr erstes Auto gekauft?

Dovaz: 1949 in Paris, einen Bugatti Typ 49 mit Fahrgestellnummer 49410. Der Wagen fuhr leicht über 140 km/h – wenn man bedenkt, dass damals etwa ein Citroën Traction Avant nur 115 Stundenkilometer erreichte, dann war diese 20 Jahre alte Dame ganz schön schnell. Mit diesem Wagen lernte ich den Spaß am Schnellfahren, und weil es noch nicht so viel Verkehr gab, konnte man noch richtig loslegen.

Was zieht Sie an Autos an?

Dovaz: Ich war als junger Mann sehr interessiert an der Technik. Als ich anfangs in Paris war, habe ich sogar eine kleine Werkstatt gehabt, aber da war ich wohl mein bester Kunde. Die Werkstatt habe ich aufgegeben, als sich mein Lebenslauf in Richtung Vinologie begab. Man kann nicht zwei Herren dienen, Autos waren ab dann nur zum Spaß.

Wann begannen Sie zu sammeln?

Dovaz: Klären wir das mal endgültig. Ich war kein Sammler und bin auch nie einer gewesen. Ich liebte Autos, vor allem schöne und schnelle. Die konnte man kurz nach dem Krieg für fast gar nichts kaufen – Sie werden es nicht glauben, aber ich bekam sogar welche geschenkt. Tolle Autos zu bekommen war leicht und nicht teuer, das Problem war, sie wieder loszuwerden. Ich habe mal welche inseriert, aber es kam niemand. Und zum Verschrotten, was ich allerdings auch einige Male gemacht habe, waren sie mir eigentlich zu schade.

1983, als Herbert Hesselmann bei Ihnen in Villemaréchal seine weltberühmte Fotoreportage machte, standen auf dem Gelände 57 Autos, davon neun Bugatti. Das ist doch eine Sammlung?

Dovaz: Ich betone es nochmals – ich bin und war kein "Collectioneur". In den Fünfzigern und Anfang der Sechzigerjahre konnte man die Autos nicht loswerden. Später wurden Vorkriegsautos auf einmal wertvoll, und man versuchte mich zum Verkauf zu überreden. Aber da habe ich nicht mehr mitgemacht – zuerst wollten die Leute die Autos nicht, später wollte ich sie nicht mehr hergeben.

Aber es ist richtig, dass Sie neun Bugatti hatten?

Dovaz: Ich habe nicht neun, sondern 21 Bugatti besessen. Einige habe ich verkaufen können, 1975 ist mir ein Typ 43 gestohlen worden. So blieben mir die neun Bugatti, die 1983 in Villemaréchal standen.

Die Autos waren damals in ziemlich schlechter Verfassung. Wie kann das sein bei einem Autoliebhaber wie Ihnen?

Dovaz: Ich hatte damals seit Jahren nichts mit den Autos gemacht. Hierzu fehlte mir die Zeit. Ich war – und bin das eigentlich noch – ein gefragter Vinologe. Als Herr Hesselmann 1983 kam, waren die meisten Autos seit 1964, als ich nach Villemaréchal zog, nicht mehr berührt. Es war ziemlich viel Dreck, Staub und Moos darauf, aber die Autos waren noch zu restaurieren – ich habe sogar selber Pläne gehabt, die Autos zu restaurieren. Aber ich hatte zu wenig Zeit und es waren zu viele. Die Fotos von Herrn Hesselmann haben anscheinend den Eindruck erweckt, dass die Autos schon unrettbar hinüber waren, aber das ist nicht wahr. Alle Bugatti sind restauriert worden. Und in Sanxet stehen noch zehn Autos, die – wie man mir sagte – unrestauriert nach 30 Jahren in besserer Verfassung sind als auf den Bildern.

Haben Sie nie ein Auto restaurieren lassen?

Dovaz: Doch, kurz nach dem Besuch von Herrn Hesselmann habe ich den Alfa Romeo 6C 2500 Competizione in Narbonne wieder aufbauen lassen. Mit dem Wagen habe ich dann an der Mille Miglia 1984 teilgenommen.

Sie haben eine ganze Weile nicht mehr über Autos reden wollen. Warum?

Dovaz: Dafür gab es eigentlich drei Gründe. Erstens ist die Zeit der Fünfzigerjahre schwer zu verstehen für jemanden, der sie nicht bewusst erlebt hat. Zum Zweiten frage ich mich, wo all die sogenannten Liebhaber waren, als Bugatti und andere wertvolle Autos noch verschrottet wurden. Je schwerer, desto wertvoller – jedenfalls für den Schrotthändler. Drittens: Viele haben erst Interesse an alten Autos entwickelt, als sich herausstellte, dass sie wertvoll würden. Dann ist das Auto ein Sammelobjekt geworden, und nun überbieten sich die sogenannten Liebhaber, um das allerschönste Auto zu erwerben. Wobei die Ehre dann an den Eigentümer geht und nicht an das Fahrzeug.

Letzte Frage. Welches Auto fahren Sie heute?

Dovaz: Sie werden es nicht glauben, aber ich fahre einen Smart. Hier in Paris ist das eigentlich das beste Fahrzeug, das man haben kann.

Das Interview führten Ard und Arnoud op de Weegh