Alfa Romeo Giulia, BMW 1600, Triumph TR 5

Spaß- und Sportfraktion der 60er

Alfa Romeo Giulia Sprint GT, BMW 1600 ti und Triumph TR 5 PI – sie kommen aus drei Ländern, sind eindeutig Kinder der Sechziger und stehen für jede Menge Fahrspaß. On the road lösen die drei das Versprechen jedoch ganz unterschiedlich ein.

Alfa Romeo Giulia Sprint GT, BMW 1600 ti, Triumph TR 5 PI Foto: Hardy Mutschler 20 Bilder

Noch herrscht Ruhe. Es sind die letzten Minuten vor dem Start zu einer nicht alltäglichen Ausfahrt. Mit Alfa Romeo Giulia Sprint GT, BMW 1600 ti und Triumph TR 5 PI  sind drei Automobile aus drei großen Autonationen am Start, deren gemeinsamer Nenner sich am besten durch ein einziges Wort charakterisiert: Fahrspaß.

Traum in Weiß: Giulia Sprint GT zieht einen sofort in ihren Bann

Dass diese drei Kandidaten aus den Sechzigern nebenbei hinreißend gut aussehen, macht sie für jeden Sportwagenfan noch begehrenswerter. Heute stehen sie sich noch einmal gegenüber, so, wie es damals auf den Straßen in England, Deutschland und Italien viele Male gewesen sein könnte, und jeder tritt selbstverständlich in Bestform an. Es fällt schwer, diese Angelegenheit nicht ohne Wettbewerbsgedanken zu sehen.

Fahrzeug Nummer eins: ein Alfa Romeo Giulia Sprint GT, Baujahr 1965, das erste Modell mit der von Bertone gezeichneten, einmalig schönen 2+2-sitzigen Coupé-Karosserie mit Kantenhaube. Ein Traum in Weiß, dazu in einem bestechenden Originalzustand. An den Türverkleidungen finden sich noch winzige Reste der Folie, die bei der Auslieferung zum Schutz gegen Kratzer aufgeklebt wurde. „Eine Giulia in diesem Zustand hat absoluten Seltenheitswert“, erklärt Händler Hartmut Stöppel aus Bonn, der dieses Auto kürzlich in Norditalien entdeckt hat. Es wundert nicht, dass der Wagen nach einer Anzeige in Motor Klassik innerhalb weniger Stunden verkauft war.

Das feingliedrige Coupé hat wahrhaftig nichts von seiner Faszination verloren. Von den oberen Kanten in den vorderen Kotflügeln bis zum abfallenden Heck, das an das eines schnittigen Bootes erinnert, trifft diese Linie den Betrachter mit voller Wucht. Heute ebenso wie bei der Präsentation 1963. Die Begeisterung hält im Innenraum an, weil sich alles ausschließlich ums Fahren dreht, und man wieder einmal merkt, wie wenig dafür erforderlich ist. Der Pilot fällt in einen flachen, knapp über den Boden montierten Ledersitz, greift nach einem großen Lenkrad, das von drei Metallspeichen gehalten wird und blickt auf vier Veglia-Instrumente in einem schlichten, schwarz gehaltenen Cockpit. Sie zeigen neben Tempo und Drehzahl den Öldruck und den Benzinstand sowie die Öl- und Wassertemperatur an.

Homologationstricks für den Rennsporteinsatz

Das Zündschloss befindet sich links neben dem Tacho, während rechts in der Wagenmitte ein schräger Schalthebel ohne Umwege direkt ins Getriebe greift. Genau so wünscht man sich einen Sportwagen. Dass der Hersteller dieses Coupé von Anfang an für den Einsatz im Rennsport vorgesehen hat, zeigt sich am Dachhimmel über der zweiten Sitzreihe.
Eine rechteckige Aussparung sorgt quasi nur nebenbei für ein paar Millimeter mehr Kopffreiheit unterm abfallenden Dach.

„Mit diesem Trick trimmten die Konstrukteure den etwas zu klein geratenen Innenraum auf die für eine Homologation erforderlichen Maße“, erklärt Hartmut Stöppel. Als hätten sie geahnt, dass dieses Auto später in der Tourenwagen-Klasse einen Meistertitel nach dem anderen kassieren würde. Angstgegner Alfa Romeo – ein Bild, nach dem man im Kopf erst eine Weile graben muss.

Das Trio rollt an, bringt während der ersten Kilometer die Motoren auf Temperatur. Im unteren Drehzahlbereich gibt sich das 102 PS starke 1,6-Liter-Aggregat des Alfa mit seinen zwei obenliegenden Nockenwellen und den beiden Weber- Doppelvergasern leise und kultiviert. Der Ton ändert sich, als die Autos von der Leine dürfen. Mit einem Mal faucht der Alfa so angriffslustig wie ein Rennwagen. Allein schon aus diesem Grund bringt der Gasfuß die Nadel des Drehzahlmessers immer wieder gern in einen Bereich zwischen 4.000 und 6.000 Touren. Das exakte Fünfganggetriebe passt hervorragend zu so einer Fahrweise.

Kurven können dem leichten Coupé wenig anhaben. Kurswechsel erledigen sich spielerisch mit zwei Fingern am Lenkrad. Und sollten schlimmstenfalls doch einmal alle vier scheibengebremsten Räder gleichzeitig abzudriften drohen, genügt eine kleine Korrektur. Nicht viele Autos sind so leicht beherrschbar wie eine Giulia GT, für die Alfa damals 15.950 Mark verlangte. Plötzlich befand man sich auf Augenhöhe mit einem wesentlich teureren Porsche 356 SC .

„Aus Freude am Fahren“: BMW 1600-2 ti

Die eigentliche Antwort auf die Bertone-Baureihe kam schließlich aus München, als 1966 der kompakte BMW 1600-2 präsentiert wurde. Das aus dem Stand heraus überaus erfolgreiche Konzept einer zweitürigen Sportlimousine wurde ein Jahr später mit dem Kürzel ti verfeinert. Zwei Solex-Doppelvergaser und eine höhere Verdichtung verhalfen dem Vierzylinder von ursprünglich 85 auf 105 PS. Das veronarote Exemplar gehört zu den Ersten, die im September 1967 ausgeliefert wurden und befand sich einige Zeit im Besitz eines Mitarbeiters jener Werbeagentur, die für BMW den Slogan „Aus Freude am Fahren“ erfand.

Das Auto wirkt mit seinen hohen Scheiben und den schmalen Dachsäulen ungemein klar und sparsam modelliert. „Kein Gramm Blech zu viel und kein Schnörkel, der die schlichte Linie stört“, schwärmt 02-Papst Andy Andexer, der dieses Fahrzeug Anfang der achtziger Jahre komplett restauriert hat und damit heute anstelle des Eigentümers Reiner Schwarzmeier angereist ist. Die schlichte Eleganz setzt sich im Innenraum fort, der eine Generation moderner als der des Bertone wirkt. BMW verzichtete auf ein Armaturenbrett im klassischen Sinn und platzierte die drei Rundinstrumente – Tacho, Drehzahlmesser und eine Anzeige für Benzin und Wassertemperatur – als geschlossene Cockpiteinheit auf die Trägerkonsole.

Die mit Kopfstützen versehenen Recaro-Sitze entpuppen sich wie das elektrische Schiebdach als aufpreispflichtiges Extra. Der Fahrer sitzt vor einem großen Dreispeichenlenkrad mit Holzkranz und deutlich aufrechter als im Bertone, genießt durch die vergleichsweise üppige Verglasung einen uneingeschränkten Rundumblick. Mit seinem geräumigen, lichtdurchfluteten Innenraum und den vielen Ablagen wirkt der BMW fast schon eine Spur zu vernünftig für einen Sportwagen, ist vielmehr Limousine.

BMW 1600-2 – Leichtgewicht mit überlegenem Fahrwerk

Der Eindruck ändert sich, sobald der vollgetankt 962 Kilo schwere Wagen ernsthaft in Schwung gerät. Ab etwa 3.000 Umdrehungen spielt die Musik, man könnte in 10,4 Sekunden von null auf Hundert sprinten und hätte dem Alfa in dieser Disziplin knapp eine Sekunde abgenommen. Schon auto-motor-und-sport-Tester Reinhard Seiffert schwärmte von Drehvermögen des Motors, dessen zweiter Gang bis Tempo 95 reichen würde, während der dritte gut für 143 km/h sei (Ausgabe 23/1967). Dass man eigentlich viel lieber viel häufiger die Gänge wechseln würde, liegt an diesem kurzen, stehenden Schalthebel.

Auf der Landstraße wächst der 1600 ti endgültig über sich hinaus. Er mag Kurven, und einmal aus der Parklücke heraus, arbeitet die Lenkung leichtgängig und recht präzise. Man spürt, dass das damals fortschrittliche und gut abgestimmte Fahrwerk mit Einzelradaufhängung, McPherson-Federbeinen und zusätzlichen Stabilisatoren mühelos ein paar weitere PS verkraftet hätte und begreift allmählich den großen Reiz, der von der 02-Reihe ausgeht. Der 1600 ti bot seinerzeit alles, wonach sich Sportfans gesehnt hatten. Und er war für unter 10.000 Mark zu haben.

Triumph TR 5 PI: Harter Kerl und ehrliche Haut

14.432 Mark waren dagegen für einen TR 5 PI hinzulegen, dessen Gemeinsamkeiten zum BMW sich im Groben auf den Heckantrieb und die zweijährige Bauzeit von 1967 bis 1968 beschränken. Man erhielt ein Fahrzeug – äußerlich ein TR 4 A – mit einem im Fahrzeugbau längst aus der Mode gekommenen Kastenrahmen, das jedoch als erstes britische Automobil eine Einspritzanlage besaß. Diese kam von Lucas und trieb durch ihre berüchtigte Anfälligkeit viele Roadster-Fans an den Rand des Wahnsinns.

Immerhin sollen Spezialisten dieses Bauteil heutzutage beherrschen. Die Mechanik des 2,5 Liter großen Sechszylinder- Aggregats, das aus dem Triumph 2000 stammt, sowieso. Rund 250.000 Kilometer hat der grüne Roadster vom Kölner TR-Fachmann Hans-Joachim Linnartz bereits zurückgelegt – bisher ohne Motor- und Getrieberevision. Mit seiner kantigen Form, den großen Rädern und der Hutze auf der langen Haube markiert der Triumph optisch klar den harten Kerl in diesem Trio. Sechs schöne Smith-Rundinstrumente im glänzenden Holz-Armaturenbrett gehen gerade noch als Zugeständnis an Wohnlichkeit und Ästhetik durch. Vieles andere wirkt bisweilen improvisiert – oder gar nicht vorhanden.

Komfort zum Beispiel, der sich trotz hinterer Einzelradaufhängung einfach nicht einstellen will. Oder der Umstand, dass der Wagen in Kurven gern versetzt, sobald der Asphalt eine Welle schlägt. So ehrlich und ungefiltert kommt kaum ein anderes Auto daher. Aber hätten sich ein Bertone oder ein BMW 1600 ti solche Schwächen leisten dürfen? Nie und nimmer. Bei einem TR gehören sie dazu, nimmt man sie in Kauf. Zum einen der perfekten Roadster-Optik wegen.

Zum anderen ist es dieses Triebwerk, ein klassischer Langhuber mit 143 PS, der bereits im Stand lüstern grollt. Kraft scheint im Überfluss vorhanden, und ab 3.000 Umdrehungen stellt dieser gusseiserne Brocken auf der Vorderachse bereits sein maximales Drehmoment zur Verfügung. Wenn's darauf ankommt, stehen nach nicht einmal neun Sekunden 100 Sachen an. Wie dieses Kraftwerk dabei klingt? Heiser und aggressiv. Gas geben wird plötzlich zum Ereignis, feuchte Hände inklusive. So jemand macht ab der ersten Umdrehung süchtig, zumal man sich wegen der tiefen und zwischen Tür und Getriebetunnel eingeengten Sitzposition selbst bei Schleichfahrt wie in einem Rennwagen vorkommt.

Das Ende der Ausfahrt steht an. Neue Erkenntnisse? Nein. Jeder der drei hat es faustdick hinter den Ohren, macht abgrundtief Spaß. Herrlich, dass die alten Werte von damals noch heute gelten.