Silvretta Classic Rallye Montafon 2015

Verantwortung im Cockpit

Rallyefahren heißt auch Verantwortung übernehmen. Der Rallye-Lehrgang bei der Silvretta Classic bereitet Novizen, aber auch erfahrene Piloten auf die Wertungsprüfungen vor. Christian Geistdörfer und Harald Koepke führen in die Kunst des Rallye-Fahrens ein. Anschließend üben die Teams bei der Valisera-Bahn in St. Gallenkirch den Umgang mit Lichtschranke und Druckschlauch.

Silvretta Classic 2015, Rallye-Lehrgang Foto: Michael Rassinger 47 Bilder

Beim Rallye-Lehrgang zur 18. Silvretta Classic bekommen Novizen, aber auch erfahrene Piloten das nötige Rüstzeug vermittelt, um Wertungsprüfungen, Durchfahrts- und Zeitkontrollen im eigenen Klassiker erfolgreich zu absolvieren. Rund 70 Teilnehmer trafen sich im Vallüla-Saal in Partenen, um den Rallye-Experten Christian Geistdörfer und Harald Koepke zu lauschen. Zunächst geht es um allgemeine Dinge wie der Geschwindigkeit auf öffentlichen Straßen. Harald Koepke empfiehlt, die Geschwindigkeitsbeschränkungen sehr ernst zu nehmen, da sonst empfindliche Geldstrafen drohten: "Diskussionen mit Vollzugsbeamten erweisen sich in der Regel als fruchtlos." Gerade in Österreich nehmen es die Ordnungshüter sehr genau, die Bußgelder sind im Vergleich zu Deutschland meist deutlich höher.

Den Fahrer in die Verantwortung nehmen

Rallye-Weltmeister Christian Geistdörfer erklärt, dass der Beifahrer als Vorausdenker eine ebenso wichtige Rolle wie der Fahrer spielt. Nur er hat die Strecke visuell vor sich und ist gleichzeitig der Zeitnehmer. Daher muss er rechtzeitig und deutlich ansagen, wie sich die Strecke in den nächsten Minuten entwickelt, wann Richtungsänderungen erfolgen und wie die Wertungsprüfungen zu fahren sind. Um Mißverständnisse zu vermeiden, betont Geistdörfer die Rollenverteilung im Team: "Ziehen Sie den Fahrer mit in die Verantwortung." Wenn die Ansagen klar, verständlich und vorausschauend kommen, kann der Fahrer diese als Lenker auch gut umsetzen. Bei ungewollten Abweichungen von der Route fährt man zum letzten bekannten Wegzeichen zurück und fädelt sich wieder in die Streckenführung ein.

Die Bordkarte ist eines der wichtigsten Papiere an Bord, da dort die Wegpunkte mit Ankunftszeit notiert und von den Streckenposten bezeugt werden. Ohne die Karte ist der Rallyetag vorbei. Es empfiehlt sich immer, die Zeiten erst bei der Ankunft in die Bordkarte einzutragen. Vorher macht wenig Sinn, da sich auf der Teiletappe immer unvorhergesehene Dinge ereignen können. Dann stimmt der Eintrag nicht und es gibt Strafpunkte. Auch beim Rechnen der Zeiten muss man aufpassen: "130 Minuten sind eben nicht eine Stunde und 30 Minuten."

Verspätungen passieren, sind aber teils nicht aufholbar

In der Regel müssen die Teams auf die Minute genau bei der Zeitkontrolle ankommen. Eine Ausnahme bilden Kontrollen, bei denen Vorzeit erlaubt ist. Nicht kompensierbar dagegen ist eine verspätete Ankunft: Wer zwei Minuten zu spät an einer Zeitkontrolle ankommt, kann dies bei der nächsten Kontrolle nicht durch zwei Minuten Verfrühung reinholen. Im Gegenteil: Die doppelten Strafpunkte werden hier fällig.

Neu bei der diesjährigen Silvretta Classic sind geheime Durchfahrtskontrollen: Diese finden unvermittelt auf der Strecke statt, um zu überprüfen, ob sich die Teilnehmer genau an die Route halten. Insgesamt gibt es in diesem Jahr 19 Wertungsprüfungen und drei geheime Prüfungen. Außer den Geheimprüfungen ist alles in den drei Roadbooks eingetragen.

Jedes Hundertstel zählt

Bei Wertungsprüfungen geht es darum, festgelegte Strecken möglichst auf die Hundertstelsekunde genau in der vorgegebenen Zeit zurückzulegen. Dabei wird der Beginn und das Ende der Prüfung durch eine Lichtschranke oder einen Druckschlauch markiert und gemessen. Mit einem gelben Schild erfolgt die Ankündigung der Wertungsprüfung, das rote Schild danach gibt den Start bekannt. Für besondere Abwechslung sorgen die geheimen Wertungsprüfungen. Oft sind sie in anderen Prüfungen enthalten und tauchen unvermittelt mit einem grünen Schild auf. Der Beifahrer hat dann schnell zu reagieren, denn nun gilt es 100 Meter in genau 15 Sekunden zurückzulegen.

Zeitangaben bei Wertungsprüfungen

Die Zeitangaben sind teils etwas knifflig: "Es gibt Zeiten mit Komma und mit Doppelpunkt. 13,10 bedeutet 13 Minuten und 6 Sekunden, 13:10 sind aber 13 Minuten und 10 Sekunden", erklärt Christian Geistdörfer. Rallye-Organisationsleiter Harald Koepke weist mit Schmunzeln auf die Rechenkünste bei der Streckenplanung hin: "Die Sportlichen Leiter bei Silvretta und Sachsen Classic sind beide im Förderkreis Kopfrechnen - die geben Ihnen auch Nüsse wie 15,7 Kilometer in 888 Sekunden zu knacken."

Analoge Teams fahren mit rein mechanischen Uhren in der Sanduhrklasse, bei den elektronischen Zeitmessern ist vom digitalen Küchenwecker bis zur iPad-App alles erlaubt. Einigkeit muss aber sein, ob zum Ende einer Prüfung rauf- oder runtergezählt wird. Schließlich kann es zu empfindlichen Differenzen im Cockpit führen, wenn der Beifahrer zu zählen beginnt, der Fahrer aber nicht weiß, wann denn nun Schluß ist.

Christian Geistdörfer ist kein Fan von Klemmbrettern mit Analoguhren. Man könne die Uhren im Brett nur schlecht bedienen und das Brett selber sei bei Bremsungen auch nicht ungefährlich. Wichtig sei bei mechanischen Uhren aber vor allem das Aufziehen, wohingegen die elektronischen Zeitmesser mit frischen Batterien versehen sein sollten. Sonst kann eintreten, was Harald Koepke schildert: "Warum zählst du nicht mehr weiter?" "Weil da nichts mehr steht!"

Die Teilnehmer der Silvretta Classic 2015 konnten an der Talstation der Valisera-Bahn bei St. Gallenkirch am praktischen Rallye-Lehrgang teilnehmen. Bilder von Gruppe A und B zeigen wir in der Fotoshow.