Silvretta Classic Rallye Montafon 2017

Genauigkeit ist Trumpf

Beim Rallye-Lehrgang zur Silvretta Classic erfahren die Teilnehmer, wie Fahrer und Beifahrer erfolgreich kommunizieren. Christian Geistdörfer und Harald Koepke führen vor rund 70 Teilnehmern in die Kunst des Rallye-Fahrens ein.

Silvretta Classic 2017, Rallye-Lehrgang Foto: Michael Rassinger 25 Bilder

Auch wenn es für so manchen ungewohnt ist: Im Cockpit eines Rallye-Autos gibt der Beifahrer den Ton an. Zwar hat der Fahrer seine Pedale unter sich und ist für die zielgerichtete Vorwärtsbewegung verantwortlich, aber die Richtung muss ihm der Beifahrer vorgeben. Fahren und Lesen des Roadbooks geht eben nicht gleichzeitig, wenn man die Strecke nicht bis auf den letzten Meter auswendig gelernt hat – was in der Praxis kaum vorkommt.

Rallye-Lehrgang: Der Zeitmesser ist der Chef

Der Beifahrer ist also der wirkliche Chef, er „bezieht den Fahrer mit in die Verantwortung ein“, wie Christian Geistdörfer, zweifacher Rallye-Weltmeister, als passionierter und erfahrener Rallye-Pilot zu berichten weiß. Harald Koepke, Organisationsleiter der Klassik Rallyes, gibt weitere wertvolle Tipps. So solle man doch immer das richtige Roadbook für den entsprechenden Tag benutzen – klingt kurios, hat aber schon stattgefunden. Auch empfehle es sich, die Zeitangaben genau zu durchdenken: „220 Minuten sind eben nicht 2 Stunden und 20 Minuten.“

Auch bei den Uhren ist Vorausdenken gefragt: Mechanische Zeitmesser müssen vor Rallyebeginn aufgezogen werden, bei elektronischen Versionen ist eine frische Batterie ratsam, sofern sie nicht kürzlich gewechselt wurde. Fällt tatsächlich mal ein Zeitmesser unerwartet aus, hat Koepke einen Kniff parat: „Jedes Handy, auch wenn es noch so alt ist, hat eine Stoppuhr an Bord.“ So lässt sich der Ausfall mit einer Notlösung kompensieren.

Verspätungen sind nicht kompensierbar

Nicht kompensierbar dagegen ist eine verspätete Ankunft: Wer vier Minuten zu spät an einer Zeitkontrolle ankommt, kann dies bei der nächsten Kontrolle nicht durch vier Minuten Verfrühung reinholen. Im Gegenteil: Die doppelten Strafpunkte werden hier fällig. Auch raten die Rallye-Profis dazu, die Bordkarte genau zu kontrollieren und Ankunftszeiten nicht im Voraus zu berechnen und einzutragen. Steht die falsche Zeit bei der Übergabe drin, hagelt es wieder Strafpunkte.

Auf's Hundertstel genau

Bei Wertungsprüfungen geht es darum, festgelegte Strecken möglichst auf die Hundertstelsekunde genau in der vorgegebenen Zeit zurückzulegen. Dabei wird der Beginn und das Ende der Prüfung durch eine Lichtschranke oder einen Druckschlauch markiert und gemessen. Mit einem gelben Schild erfolgt die Ankündigung der Wertungsprüfung, das rote Schild danach gibt den Start bekannt. Für besondere Abwechslung sorgen geheime Wertungsprüfungen, die nicht im Roadbook eingetragen sind. Christian Geistdörfer weist explizit auf diese besondere Art der Prüfung hin, die für einen gewissen Stresslevel sorgen. Oft sind sie in anderen Prüfungen enthalten und tauchen unvermittelt mit einem grünen Schild auf. Der Beifahrer hat dann schnell zu reagieren, denn nun gilt es 100 Meter in genau 15 Sekunden zurückzulegen. Wohl demjenigen, der eine Extra-Stoppuhr bereit und die Zeit schon eingestellt hat.

Ideale Beifahrer sind kompetent und redselig

Ein guter Beifahrer ist über alle Wertungsprüfungen informiert und hat die dazugehörigen Daten wie Typ, Länge, Durchschnittsgeschwindigkeit und Art der Zeitmessung (Lichtschranke/Druckschlauch) im Roadbook oder auf einem Klebezettel eingetragen. Wichtig sei es auch, auf die Fragen des Fahrers kompetent reagieren zu können.

Analoge Teams fahren mit rein mechanischen Uhren in der Sanduhrklasse, bei den elektronischen Zeitmessern ist vom digitalen Küchenwecker bis zur iPad-App alles erlaubt. Einigkeit muss aber herrschen, ob zum Ende einer Prüfung rauf- oder runtergezählt wird. Schließlich kann es zu empfindlichen Differenzen im Cockpit führen, wenn der Beifahrer zu zählen beginnt, der Fahrer aber nicht weiß, wann denn nun Schluß ist.

Die Teilnehmer der Silvretta Classic 2017 konnten an der Talstation der Valisera-Bahn bei St. Gallenkirch am praktischen Rallye-Lehrgang teilnehmen. Eindrücke davon zeigen wir in der Fotoshow.