Volvo 244 und 144 bei der Silvretta Classic

Der "Ick-Bin-Millionär"-Volvo

Einen Preis für die beste Laune haben 2 Volvo-Teams verdient: Volkmar und Rita Kruspig im Volvo 244 DLS sowie Alexander Raabe und Esther Drescher im 144 de Luxe. Beides ganz außergewöhnliche Schweden.

 

07/2015 - Silvretta Classic 2015, Volvo 244 DL und Volvo 144 de Luxe, mokla0715 Foto: Kai Klauder 29 Bilder

Die beiden Paare kommen in 70er-Jahre-Klamotte und bester Laune zum Start der Silvretta Classic. Im Autoradio läuft Abba, auf den Gesichtern ist ein breites Lächeln zu sehen.

Team 1 sind Rita und Volkmar Kruspig, die eine große Sammlung von DDR-Fahrzeugen besitzen. Die Kollektion umfasst mehr als 60 seltene Automobile des Arbeiter- und Bauernstaates. Volkmar Kruspig studierte zunächst an der TU Ilmenau Festkörperphysik und Elektrotechnik, dann sattelte er noch ein Studium des Gewerblichen Rechtsschutzes an der Humboldt Universität in Berlin drauf. Nach der Wende machte er schnell "nach drüben" und siedelte sich in München an, der "Hauptstadt", wenn es um Patentrecht geht. Und auch dort blieb er immer den Autos seiner Kindheit und Jugend verbunden.

An einem Tag waren alles 1.000 244 DLS weg

Für die Silvretta Classic hat er sich einen ganz besonderen Volvo ausgesucht: "Unser 244 DLS ist einer von 1.000 Exemplaren, die 1978 in die DDR kamen. Das S steht übrigens für Sozialismus", grinst Kruspig. Naja, eigentlich steht die Abkürzung für De Luxe Special und bezeichnet die Sonderversion des 244 DL mit der Front (Motorhaube, Scheinwerfer, Grill) des Volvo 264, die von der SED-Regierung ins Land geholt wurden..

Die Wagen wurden nur an hohe Parteimitglieder und die oberen 10.000 verkauft - und nur in Berlin. Innerhalb eines Tages waren alle 1.000 Volvos verkauft - zu einem Preis von 42.800 Ostmark. "Das muss man sich mal vorstellen: Das war mehr als das Doppelte des durchschnittlichen Jahreseinkommens", sagt der Wahl-Münchner. Doch wer so einen Wagen kaufen durfte, konnte eine schnelle Mark machen, denn der Schwarzmarktpreis lag bei rund 120.000 Ostmark.

Sonderkennzeichen IBM

Die Fahrzeuge sollten das Straßenbild in der Hauptstadt Berlin aufhübschen - und bekamen alle das Sonderkennzeichen "IBM". "Das stand dann schnell für 'Ick bin Millionär", erzählt Rita Kruspig, die die Leidenschaft für die klassischen DDR-Autos mit ihrem Mann teilt.

Die damalige Situation klingt heute fast unglaublich. "Es gab Ersatzteilbezugsscheine - aber nur für den Erstbesitzer", erklärt Alexander Raabe, Inhaber der Firma Young & Classic Cars aus Chemnitz. Er fand den seltenen Volvo in sehr gutem Zustand in einer Garage, wo der 244 GLS jahrelang abgestellt war.

Der Volvo hat erst 68.700 km auf der Uhr und befindet sich in absolutem Originalzustand. Der Lack ist makellos, die Innenausstattung wirkt wie eben montiert. "Der Erstbesitzer war ein Professor der Humboldt-Uni, der ihn dann an einen Instrumentenbauer aus Markneukirchen verkaufte. Der Verkäufer wanderte dann nach Schweden aus - und da hat er natürlich keine Verwendung für einen alten Volvo.", erzählt Raabe und lacht.

Der wohl sicherste Volvo 144 der Welt

Der Oldtimer-Spezialist aus Chemnitz nimmt  mit seiner Freundin Esther Drescher an der Silvretta Classic teil - natürlich auch in einem besonderen Auto, einem 1974er Volvo 144 de Luxe, der sich bis 2014 in erster Hand befand. Der Vorbesitzer war Busfahrer und fand die Krankenwagen so hübsch - daher die orangenen Streifen auf der Karosserie.

Zudem legte er extremsten Wert auf Sicherheit: Schon die Autowahl zeigt das, denn der Volvo 144 war seinerzeit eines der sichersten Fahrzeuge auf dem Markt. Seitenaufprallschutz, Sicherheitstank, eine massive Sicherheitszelle, Prallschutz am Lenkrad - alles schon serienmäßig.

Doch das war dem Erstbesitzer nicht genug. Obwohl er den Volvo als Liebhaber-Zweitwagen nur selten nutzte, stattete er ihn mit allem aus, was der Sicherheit dient. Der Basispreis betrug 13.500 Mark, doch dieser Preis wurde durch zahlreiche Sonderausstattung nach oben getrieben. Er bestellte aus dem Volvo-Zubehörkatalog fast alles, was es gab. Doch damit nicht genug, er baute auch noch zwei zusätzliche Bremsleuchten ein, dazu ein Handfunkgerät, Verkehrsfunkdekoder, Radio-Cassetten-Teil mit Diktierfunktion, 3 Verbandskästen, 4 Handlampen, 2 Feuerlöscher, Gepäckgitter, Peilstäbe, 4 Nebelscheinwerfer, 2 Warndreiecke, ein Beifahrerrückspiegel, Antistatikband und noch mehr.

"Auf den dritten Blick fand ich den cool"

"Ich fand das zunächst extrem schräg, doch dann, auf den dritten Blick, fand ich ihn cool. Außerdem waren die 29.800 km Laufleistung ein gutes Argument", sagt Raabe, "und dann ist da noch der ITT-Tempowarner. Da gibt man die Höchstgeschwindigkeit ein - und wenn diese erreicht ist, piepst es."

Der Wagen steht übrigens zum Verkauf - zum stolzen Preis von 22.900 Euro, dem Dreifachen des Wertes, den Classic-Analytics für ein Exemplar im Zustand 2 angibt. Weitere Infos zu dem Auto gibt es hier.