Isdera Autobahnkurier 116 i Fahrbericht

Riesen-Käfer mit 16 Zylindern und 900 Nm

Eberhard Schulz führt mit Isdera eine renommierte Autofabrik für edle Unikate. Wie den 5,6 Meter langen Autobahnkurier 116i, der von zwei Fünfliter-V8-Motoren angetrieben wird - und auf einem VW Käfer basiert.

Foto: Roos Engineering 13 Bilder

Ein kurzes Vergnügen ist eine Probefahrt im neuen Isdera Autobahnkurier 116i nie. Das Auto, um das es hier geht, misst immerhin 5,65 Meter, und das bei einem Radstand von 3,61. Der Dreh am Zündschlüssel setzt den Bordkreis unter Strom, und dann ist Fingerakrobatik gefragt: Die beiden Motoren verfügen über getrennte, aber gemeinsam zu drückende Startknöpfe. Und beide Anlass-Gehilfen liegen so weit auseinander, dass man zum Starten beide Hände braucht.

Zwei Fünfliter-V8 treffen auf 2,5 Tonnen Gewicht

Die beiden Fünfliter-V8 aus der S-Klasse mit dem Kürzel W126, gebaut von 1979 bis 1991,atmen im Isdera Autobahnkurier 116i durch die vier gewaltigen, aus dem Maschinenraum ins Freie hervorbrechenden Flex-Rohre fauchend aus. Dann die tapfere Ansage von Beifahrer Eberhard Schulz: "Geben Sie beim Anfahren mal richtig Vollgas."

So was lässt man sich nicht zweimal sagen. Wir sitzen zwar in einem handgefertigten Einzelstück, einem Prototypen sozusagen, und Prototypen sind oft zickig, das weiß man schließlich; doch andererseits heißt der Erbauer des Isdera Autobahnkurier 116i Eberhard Schulz. Und der Isdera-Chef hat Prototypen drei Jahrzehnte lang immer erst dann vorgestellt, wenn sie voll belastbar waren.

Ready for take off

Der linke Fuß hält leicht die Bremse, der rechte bringt den Bimotore mit dem Gaspedal auf Drehzahl, dann die vier Scheiben schlagartig freigeben - und mit einem gewaltigen Satz wirft sich der Isdera Autobahnkurier 116i dem Horizont entgegen. Samt Probefahrtpersonal sind 2,5 Tonnen zu beschleunigen. Die Reifen jubilieren wie die letzten Lerchen des Sommers. Zweite Fahrstufe, und schon strömt der muskulöse V16 mit mehr als 100 km/h über die Rollbahn. Weniger als sechs Sekunden werden es kaum gewesen sein; aber sicher auch nicht viel darüber.

Ende des Rollbahn-Roll-outs. Die Bremse des Isdera Autobahnkurier 116i spricht präzise an, mit ordentlichem Druckpunkt, der Autobahnkurier nickt kaum. Die Servo-Lenkung dirigiert die breiten 18-Zöller in die Querspange, und dann biegt der Isdera spursicher wie ein Slotcar ab, nur mit etwas mehr sichtbarer Seitenneigung. Wir gönnen der automobilen Ausnahme-Erscheinung eine Kühlphase.

Ein 16-Zylinder fehlte noch in der Sammlung

"Ich wollte in meinem Leben nochmal einen Sechzehnzylinder bauen", fördert Schulz die Grundmotivation für den Isdera Autobahnkurier 116i zutage, die den hier vorgestellten Retro-Boliden auf die 285er-Reifen brachte. "Zwei gekoppelte und hintereinander montierte V8 führen zu einer fast zwei Meter langen Motorhaube. Und da liegt es ja nahe, eine Form der Stromlinien-Ära zu wählen."

Wie man sich den Weg zum selbstgebauten Auto wie dem Isdera Autobahnkurier 116i durch den Paragraphendschungel bahnt, weiß Schulz aus langer Erfahrung. Der Gründer von Isdera (Ingenieurbüro für Styling, Design und Racing) studierte Maschinenbau, heuerte 1971 bei Porsche an, ging 1978 zu AMG und erdachte dort einen Mercedes 450 SLC in Gruppe-2-Spezifikation.

Isdera baut Sportwagen mit Mercedes-Technik

Angelehnt an den Wankel-Prototypen Mercedes C 111 baute Schulz, beim Kraftfahrtbundesamt als neunter deutscher Autohersteller registriert, den CW 311 - einen superflachen Zweisitzer mit dem V8 des Mercedes 600. Es folgten etwa ein Aufsehen erregender Spider ohne Windschutzscheibe, der Irmscher GT, der Baur TC3 und Flügeltüren-Coupés wie Gruppe-C-Renner für die Straße: der Imperator 108i mit V8-Motor und der Commendatore 112i mit dem V12.

"Autos mit Rohrrahmen habe ich viel gebaut", sagt Schulz, "aber der Leiterrahmen des Isdera Autobahnkurier 116i war auch für mich etwas völlig Neues. Damit er stabil genug wird, sitzen zwei Rahmen übereinander."

Die Zeit der Stromlinie hat es Schulz auch aus familiären Gründen angetan: 1936 rannte sein Vater bei den Olympischen Spielen in Berlin für Deutschland, auf der Langstrecke. Ein goldenes Olympia-Emblem auf der A-Säule erinnert daran.

Isdera Autobahnkurier basiert auf verbreitertem VW Käfer

Die Grundstruktur der Isdera Autobahnkurier 116i-Fahrgastzelle lieferte ein tranchierter VW Käfer, der allerdings in der Mitte geteilt und entsprechend verbreitert wurde. Alle anderen Karosserieteile des 2 + 1-sitzigen GT fertigte Schulz aus Kunststoff.

Problematisch zeigten sich beim Isdera Autobahnkurier 116i etwa die Dimensionen der Scheinwerfer. Schulz: "Da wurde ich bei Bosch fündig. Dort gibt es im Programm einen 300-Millimeter-Montagescheinwerfer. In den habe ich die zugelassenen Lampen aus dem VW-Polo implantiert."

Jeder Motor treibt eine Achse an

Genial der Antrieb: Die Vorderachse entstammt einem Mercedes ML, die Hinterachse der alten S-Klasse vom Typ W126. Je ein Motor treibt über ein Automatikgetriebe eine Achse des Isdera Autobahnkurier 116i an. Über die synchrone Steuerung von Getrieben und Motoren möchte Schulz noch nichts sagen: "Da stecken ein paar innovative Ideen drin, und die will ich mir erst schützen lassen."

Bis dahin optimiert Schulz das in Anlehnung an den aerodynamisch karossierten Mercedes 500 K von 1936 "Autobahnkurier" genannte Coupé in einer unauffälligen Halle auf dem Gelände der Hildesheimer Mercedes-Vertretung Marheineke. Ob der Isdera Autobahnkurier 116i zu haben ist? "Einen Preis", sagt Schulz, "gibt es nicht. Nur so viel: Es stecken rund 20.000 Stunden Arbeit drin." Verkaufen will er auch gar nicht: "Den Spaß, den Isdera Autobahnkurier 116i auf langen Reisen durch Europa zu treiben, möchte ich am liebsten selbst genießen."