Taycan Turbo GT vs. Model S Plaid und Air Sapphire

Daten-Dreikampf der Über-1.000-PS-E-Autos

1.000 PS sind nicht genug: Porsche, Tesla und Lucid schicken ihre stärksten Elektriker Taycan Turbo GT, Model S Plaid und Air Sapphire in den Datenvergleich – mit überraschendem Ausgang.

Porsche Taycan Turbo GT Tesla Model S Plaid Lucid Air Sapphire Collage Foto: Collage: Hersteller / ams / Patrick Lang 27 Bilder

1.000 PS – in der Verbrennerwelt ist das immer noch eine Schallmauer. Die wenigen, die sie ohne Hybridunterstützung durchbrechen, gehören einem höchst elitären Zirkel an und sind entsprechend selten sowie teuer. Die beginnende Elektro-Ära scheint Leistung dagegen zu demokratisieren: Es muss nicht zwangsläufig ein kompromissloses Hypercar wie der Rimac Nevera sein, um vierstellige Leistungswerte zu erreichen. Mit dem neuen Porsche Taycan Turbo GT samt seinen US-Rivalen Tesla Model S Plaid und Lucid Air Sapphire bieten heutzutage selbst familientaugliche Limousinen – teils deutlich – mehr als 1.000 PS.

Wobei sich nach den jüngsten Rekord-Verlautbarungen aus dem Porsche-Lager dringlich die Frage stellt, welcher Vertreter des leistungsstarken Trios eigentlich die windschnittige Nase vorne hat. Im realen Leben werden wir das erst demnächst wissen, wenn der Taycan Turbo GT in Serien-Spezifikation für Testfahrten zur Verfügung steht. Aber auf dem Papier funktioniert der Vergleich jetzt schon, denn das Leergewicht bewegt sich bei allen drei Rivalen um die Marke "2 Kilogramm pro PS" herum. Also wühlen wir uns rein in die Daten, um den inoffiziellen Elektriker-Meister zu küren.

Antriebe und technische Daten

Das Model S Plaid legt vor. Bei voller Leistungsabfrage mobilisieren seine drei E-Motoren laut Datenblatt 750 kW (1.020 PS). Ein irrer Wert – und trotzdem nur Platz drei in diesem Umfeld. Der Taycan Turbo GT bietet im Normalfall zwar "nur" 580 kW (789 PS) auf, erreicht im Overboost mit aktivierter Launch Control jedoch 760 kW (1.034 PS). Doch damit nicht genug: Für zwei Sekunden stehen im Porsche sogar 920 kW (1.108 PS) zur Verfügung. Eine schwäbische Schelle für den Plaid, der der Air Sapphire locker ausweicht. Er schüttelt sogar 920 kW (1.251 PS) aus seinem Tri-Motor-Antrieb. Diese Zahlen lassen selbst den Taycan staunend mit weit aufgerissenen Matrix-LED-Scheinwerfern zurück.

Fahrleistungen

Kann der Lucid seinen motorischen Vorteil in die besten Fahrleistungen ummünzen? Um es vorwegzunehmen: Yes he can! Als bisher nur in den USA vertriebene Modellvariante gibt es für ihn zwar nur einen Sprintwert von null auf 60 mph (96,6 km/h). Doch der ist mit kolportierten 1,89 Sekunden so stark, dass er wohl auch unter der 2,1-Sekunden-Marke des Model S Plaid bleiben würde, falls er die fehlenden 3,4 km/h auch noch herausbeschleunigt. Der Taycan Turbo GT ist einen Tick langsamer, und zwar sowohl mit dem Weissach-Paket (2,2 Sekunden) als auch in Normalkonfiguration (2,3 Sekunden).

Von null auf 160 km/h hat er gegenüber dem Lucid klar das Nachsehen (4,4 statt 3,84 Sekunden), wobei Tesla diesen Wert für sein aktuell schnellstes Modell nicht nennt. Dafür gibt es von den Texanern eine offizielle Viertelmeilenzeit von 9,23 Sekunden. Wie der Taycan Turbo GT auf dem Drag Strip performt, wissen wir noch nicht, aber der Air Sapphire ist auch in dieser Disziplin der Schnellste (8,95 Sekunden). Beim Topspeed gilt ebenfalls: Lucid (330 km/h) vor Tesla (322 km/h) und Porsche (305 km/h mit Weissach-Paket und 290 km/h ohne).

Rennstrecke

Dass der Taycan ein echter Porsche ist, hat er auf den Rennstrecken dieser Welt schon mehrfach bewiesen. Doch nie so eindrucksvoll wie in den vergangenen Monaten: Bereits im Herbst 2023 brannte ein Vorserienexemplar des Turbo GT mit Weissach-Paket eine Zeit von 7:07,55 Minuten in das kurvenreiche Asphaltband der Nürburgring-Nordschleife. Ein Bestwert für alle Elektroautos diesseits des Rimac Nevera, der jedoch 1.914 PS braucht, um gerade einmal etwas mehr als 2,3 Sekunden schneller zu sein als der Taycan Turbo GT. Und das Model S Plaid? Hinkt mit der objektiv betrachtet flotten Zeit von 7:25,23 Minuten ziemlich weit hinterher.

Der Lucid Air Sapphire hat um die Nordschleife bislang einen weiten Bogen gemacht. Auf der Berg-und-Tal-Bahn im kalifornischen Laguna Seca hat er sich jedoch bereits ausgetobt. Eine Zeit von 1:31,34 Minuten ist auch gar nicht schlecht für eine schwere Luxuslimousine mit Elektroantrieb. Aber eben deutlich langsamer als die Zeit des Model S Plaid, das dem Vernehmen nach eine Zeit von 1:29,9 geschafft hat. Dass da noch Potenzial im Tesla steckt, hat der Tuner Unplugged Performance bewiesen, der den Plaid in 1:28,21 Minuten durch Corkscrew und Co. gescheucht hat. Doch das ist alles Makulatur, seit Lars Kern im Taycan Turbo GT in 1:27,87 Minuten über den legendären US-Track gepfiffen ist. In kalifornischen Rennstreckengefilden hat der Porsche die einheimische Konkurrenz also ebenfalls klar in die Schranken verwiesen.

Elektro-Daten

Auch bei jenen Werten, die spezifisch für Elektroautos sind, glänzt der Exot aus Kalifornien. Der Lucid Air Sapphire hat die größte Batteriekapazität (118 Kilowattstunden brutto, davon 112 nutzbar), kommt mit dieser Energie am weitesten (687 Kilometer nach den strengen EPA-Richtlinien) und verbraucht damit rechnerisch am wenigsten Strom (16,3 kWh auf 100 Kilometer). Der Taycan Turbo GT hat zwar den zweitgrößten Akku, aber die geringste Reichweite: 105 Kilowattstunden (97 nutzbar) reichen bei ihm nur für höchstens 555 Kilometer. Grund ist der höhere Verbrauch im Vergleich zum Model S Plaid (mindestens 20,6 statt 18,7 Kilowattstunden), das mit seiner 100-Kilowattstunden-Batterie (95 netto) immerhin 600 Kilometer weit kommt. Der Verbrauchsnachteil des Schwaben resultiert unter anderem aus der im Vergleichsumfeld nur drittbesten Windschnittigkeit: Seinen eigentlich starken cw-Wert von 0,22 kontern der Tesla (0,208) und der Lucid (0,197) souverän.

Den Nachteil des höheren Verbrauchs wiegt der Porsche mit seiner Highspeed-Ladefähigkeit auf: In der Spitze tankt er Strom mit 320 kW nach, weshalb nach nur 18 Minuten Standzeit die Batterie von 10 auf 80 Prozent ihrer Kapazität gefüllt ist. Da kommt trotz seiner höheren Netzspannung (900 statt 800 Volt) nicht einmal der Air Sapphire mit seinen 300 kW hin. Er braucht offiziellen Angaben zufolge 15 Minuten, um 322 weitere Reichweitenkilometer nachzuladen. Diesen Wert nennt auch Tesla für das Model S Plaid, obwohl es nur mit 400 Volt Netzspannung antritt.

Karosserie

Dem Plaid gelingt dagegen das Kunststück, trotz größter Dimensionen das leichteste Gewicht in die Waagschale zu werfen (2.167 Kilogramm nach DIN Norm). Dahin kommt der Taycan nicht mal mit Weissach-Paket (2.220 statt 2.290 Kilogramm), obwohl bei dessen Buchung ja die Fondsitze und ein bisschen Dämmung rausfliegen sowie Carbon ins Interieur einzieht. Klar am schwersten ist mit 2,4 Tonnen Lebendgewicht der Lucid, der bei aller motorischer Potenz nicht auf seinen Luxusanspruch verzichten mag. Doch mehr Komfort treibt zwangsläufig auf die Masse nach oben.

Womit wir beim grundsätzlichen Charakter der drei Kontrahenten wären. Der Taycan Turbo GT ist schon in der viersitzigen Standardausführung ein Profisportler, der im Normalzustand in der ersten Reihe mit Vollschalensitzen antritt, um diesen Charakter auf den ersten Blick zu verdeutlichen. Mit Weissach-Paket wird er zum asketischen Weltklasseathlet, der nur maximal zwei Personen Fahrfreude spendet. Um im Bild zu bleiben, wäre das Model S Plaid ein ambitionierter Amateursportler, der bis zu sieben Personen – zwei Kinder hocken bei Bedarf und nach Einbau der entsprechenden, gegen die Fahrtrichtung im Kofferraum platzierten Sitze – an seinem Tun teilhaben lässt. Er hat mit Abstand den größten Kofferraum im Heck, der sich durch Umklappen der Fondsitzlehnen nochmals erweitern lässt. Diese Möglichkeit bieten der auch in den Gepäckabteilen eng geschnittene Porsche und der Lucid nicht. Dieser rafft sich nur zum Sport auf, wenn es unbedingt sein muss, verbucht aber immerhin den mit Abstand größten Frontkofferraum für sich. Sein Frunk ist mit 280 Litern etwa dreimal so groß wie jener der Konkurrenten.

Fahrassistenten

Apropos Charakter: Porsche versteht seine Produkte als Fahrerautos; das Thema Assistenzsysteme spielt in Zuffenhausen traditionell eine Nebenrolle. Dinge wie Abstandsregeltempomat, Head-up-Display sowie Spurhalte- und -wechselassistent gibt es für ihn trotzdem. Allerdings nur für die Normalversion – das Weissach-Pendant verzichtet aus Gewichtsgründen darauf. Tesla geht die Sache etwas ganzheitlicher an und bietet mit den großspurig "Enhanced Autopilot" (3.800 Euro extra) und "Full Self Driving" (7.500 Euro Aufpreis) genannten Paketen vernetzte Systeme, die jedoch bekanntermaßen nicht ganz halten, was sie versprechen. Einen besseren Ruf genießt die vergleichbare "DreamDrive Pro"-Technik, die Lucid freilich auch in den Air Sapphire einbaut – und das serienmäßig.

Preise

Der Porsche Taycan Turbo GT und der Lucid Air Sapphire nehmen sich in diesem Kapitel nicht viel. Der Schwabe kostet mindestens 240.000 Euro – und zwar unabhängig davon, ob er in normaler Spezifikation oder mit Weissach-Paket ausgeliefert wird. Der Kalifornier ist in den USA ab 249.000 Dollar erhältlich, was aktuell etwa 228.000 Euro entspricht. Und der Tesla? Der ist in diesem Trio der klare Preisbrecher. Mit aktuell 109.990 Euro ist er nicht einmal halb so teuer wie die beiden Rivalen. Zumindest so lange, bis Elon Musk die Preisschraube wieder nach oben dreht.