Retro Classics 2010

Die Sonderschauen - Von Alfa bis Peugeot

Zahlreiche Sonderschauen erinnern auf der Retro Classics 2010 an glorreiche Zeiten, vergangenen Ruhm und die Geschichte des Automobils - und werfen einen Blick in die Zukunft. 200 Jahre Peugeot, 100 Jahre Alfa, 100 Jahre Baur, 150 Jahre Elektromobilität und mehr.

Retro Classics 2010 - Tag 2 - Sonderschauen Foto: Kai Klauder 107 Bilder

200 Jahre Peugeot - Wenige Fahrzeuge, kleiner Messestand

Die franzosen feiern in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag. Der Anlass ist es also durchaus würdig, einen großen Aufschlag auf der Retro Classics zu wagen. Doch der Zuschauer ist ob des Gebotenen in Halle 3 etwas irritiert - und enttäuscht. Lediglich fünf historische Peugeot finden sich auf dem Messestand. Dazu gesellt sich ein aktuelles Modell.

Im Einzelnen sind zu sehen: Das Peugeot 201 Coupé DL in gelb-schwarzem Lack ist eines von nur 2.235 zwischen 1934 und 1936 gebauten Exemplaren. Sein 1,3-Liter-Reihenvierzylinder leistet 28 PS bei 4.000/min und beschleunigt das 645 Kilogramm leichte Auto auf immerhin 100 km/h.

Highlight am Peugeot-Stand ist das 301 D Coupé, das ebenfalls zwischen 1934 bis 1936 entstand. Mehr als 30.000 dieser eleganten Coupés mit selbsttragender Karosserie wurden produziert. Rund 30 Jahre jünger ist das 404 Coupé - eine Rarität, die ab 1962 sechs Jahre lang gebaut wurde, doch nur 6.834 verließen die Bänder.

Aus der 500er-Serie sind zwei Vertreter nach Stuttgart gekommen: Ein 504 Coupé, das 15 Jahre lang bis 1983 in 26.477 Exemplaren entstand, und ein 505 Coupé Turbo-Prototyp aus dem Jahr 1984. Das Einzelstück wird von einem aufgeladenen 2,1-Liter-Vierzylinder mit 140 PS angetrieben.

Die Aufschneider - 100 Jahre Baur

1910 wurde das Unternehmen Baur Karosserie- und Fahrzeugbau in Stuttgart-Berg gegründet und war bis 1998 in Familienbesitz. Baur fertigte zunächst Sonderaufbauten in Einzelanfertigung, später entstanden die berühmten Horch Pullmann Cabrios und Dyna Veritas in dem Familienbetrieb. Auftraggeber waren DKW, Audi, Maico, BMW und auch der Bitter CD wurde in Berg gefertigt.

Am populärsten sind die Baur TC-Cabrios auf BMW 3er-Basis. Auf der Retro Classics 2010 sind in Halle 7 beim Baur TC-Club alle drei Generationen des TC zu sehen. Besonders selten ist die Gelegenheit, den Sportwagen-Prototyp TC3 zu sehen. Nur ein Exemplar des schnittigen Coupés mit GFK-Haut über einem Gitterrohrrahmen wurde 1987 hergestellt. Als Motor diente der 170 PS-Reihensechser aus dem 325i.

Skurill wirkt der 3er-Pickup auf Basis des E36. Ausgangspunkt für dieses Projekt war ein Baur TC 2, der zwischen 1984 und 1985 von der Firma AT-Design in Heidelberg in drei Exemplaren für jeweils rund 50.000 Mark zum praktischen Zweisitzer mit Ladefläche umgebaut wurde. Das auf der Retro Classics gezeigte ist das derzeit einzig bekannte Modell.

Außerdem gibt es noch ein seltenes Kohl Coupé mit herausnehmbaren Dach zu sehen, das ebenfalls auf einem E36-TC 2 basiert und nur vier Mal bei dem Autohaus Kohl in Aachen gefertigt wurde.

100 Jahre Alfa - die Schau der Namenlosen

Die Alfa-Sonderschau in Halle 4 gehört zu den sehenswertesten Auftritten der Retro Classics. Einige der Fahrzeuge werden zum ersten Mal in der Öffentlichkeit präsentiert. Björn Schmidt, Rechtsanwalt aus Stuttgart, ist verantwortlich für einen Teil der Ausstellung. Er organisierte die Fahrzeuge - allesamt aus privater Hand -, darunter Hochkaräter wie ein Alfa Romeo Tipo 8C-2300 Monza Zagato Spider von 1932, oder einen wunderschönen Alfa Romeo Tipo 33 Stradale Coupé Scaglione, der zum ersten Mal öffentlich zu sehen ist und dessen Originalzustand überzeugt.

Wertvollstes Auto der Ausstellung ist ein Alfa Romeo Tipo B (P3). "Die letzten angebotenen Exemplare des nur 15 Mal gebauten Rennwagen gingen für rund 4,5 bis bis fünf Millionen weg", weiß Schmidt.

Nur durch einen Gang getrennt, ist der zweite Teil der Jubiläumsschau zu finden. Hier wird die "Collezione Lopresto Milano" gezeigt, die vor allem aus Prototypen besteht. Die Autos sind faszinierend, doch einen Makel hat die ganze Sache: Es gibt keine Beschreibung der Fahrzeuge. Bei drei der rund zehn Prototypen sind Tafeln mit der Modellbezeichnung vorhanden, die anderen müssen leider namenlos bleiben - auch in unserer Fotoshow. Doch das Standpersonal verspricht, das die fehlenden Datenblätter, die auf dem Weg aus Italien verschollen seien, nachgeliefert werden.

90 Jahre Mazda - die Schau der Wankel-Mutigen

Halle 5 sollte auf jeden Fall auf dem Plan eines jeden Retro Classics-Besuchers dick markiert werden. Die Sonderausstellung mit 17 Klassikern wird so schnell nicht wieder zu sehen sein. Und es gibt vieles zu entdecken. Näheres zur Mazda Sonderschau lesen Sie hier.

Unter Strom - 150 Jahre Elektromobilität

Wer die Messe durch den Eingang Ost betritt, wird von einer kleinen Insel begrüsst, die Elektromobilität zum Thema hat. Hier gibt es einen Ausflug in die Anfänge der Elektrofahrzeuge mit dem Rekordwagen "La Jamais Contente" des Belgiers Camille Janatzky von 1899. Der Nachbau der Rennzigarre vermittelt gut, wie sich der Rekordfahrer vor 111 Jahren gefühlt haben muss, als er - ohne Motorgeräusch - mit einer gemessenen Höchstgeschwindigkeit von 105,876 km/h zum ersten Mal die 100-km/h-Marke durchbrach.

Der GM EV-1 kündet von dem, wegen politischer Gründe, gescheiterten Großversuch, die Elektromobilität einzuführen. Der EV-1 war durchaus erfolgreich und begehrt, doch wurde schließlich entschieden., alle - als Versuchswagen nur per Leasing ausgegebenen Fahrzeuge - zurückzuordern und zu vernichten. Nur drei von 1.117 Exemplaren haben überlebt, einer davon ist in Stuttgart zu sehen.

Mehr zum GM EV-1 lesen Sie hier.

Vier weitere Fahrzeuge stehen auf dem Messestand. Ein Detroit Electric Car, das von 1907 bis 1930 gebaut wurde, ein Elektro Opel GT mit dem georg Opel, ein Enkel des Firmengründers, zu Beginn der 1970er beweisen wollte, dass ein elektromotorgetriebenes Fahrzeug durchaus ein Konzept für die Zukunft darstellen kann. Gemeinsam mit Varta und Continental wurde der Strom-GT entwickelt. Zwei Elektromotoren mit zusammen 120 PS (kurzzeitig 160 PS) sorgten für Vortrieb. Gescheitert ist das Projekt an der Akkuleistung. bei einem 100 km-Langstreckenversuch gaben die Batterien nach nur 44 Kilometer ihren Geist auf.

Ein elektrisch betriebener Porsche Cayenne von Tuner Ruf erreicht knapp 30 Jahre später eine Reichweite von 200 Kilometern - bei Sportwagenähnlichen Fahrleistungen. Diese bietet auch der E-Wolf, der ebenfalls zu sehen ist. Dieser kleine Monoposto wiegt nur rund 500 Kilogramm und soll in weniger als fünf Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Hinter dem Auftritt steht der  TÜV Süd, die Retro Classics und der Stromkonzern EnBW, der ab Juli 2010 in einem Großversuch mit rund 500 E-Bikes die elektrisch angetriebene Innenstadtmobilität erprobt.