Aston Martin DB 12 Volante

Offen für alles in nur 14 Sekunden

Schlechtes Wetter? Kein Grund für schlechte Laune im Aston Martin DB 12 Volante! Denn mit offenem Verdeck wird nur der nass, der langsam fährt. Also verschwindet das Stoffverdeck in nur 14 Sekunden der Versenkung.

Aston Martin DB 12 Volante Foto: Marcus Werner / Aston Martin 16 Bilder

Nun grollt der AMG-V8 noch intensiver. Die Hände kleben am feinen Ledervolant, das die Engländer natürlich intensiv beheizen. Der Körper verspannt sich in ebenso bequemen, wie sportlich geschnittenen Integralsitzen, deren elektrische Verstellung an den Mitteltunnelwänden sitzt, hinter denen sich die mächtige Kardanwelle ausgehend vom Frontmittelmotor in Richtung Hinterräder dreht.

Mehr Leistung als der DB11-V12

Die Ohren stehen auf Rauschangriff, denn der V8, der wie schon im Coupé 680 PS und 800 Newtonmeter Drehmoment darbietet, spielt so eine ganz andere Symphonie als das Vierliter-Stammtriebwerk aus Affalterbach. Viel feinnerviger, geradliniger. Dabei dümpelt der Achtender gerade noch im tiefen Drehzahlkeller herum, denn die größer Aston-Turbos brauchen Drehzahl. Genau 3.000 Umdrehungen. Dann schnellt die leider stets digitale, aber mittig hin-konfigurierte Drehzahlnadel richtig los, und randaliert bei über 7.000 Umdrehungen im Begrenzer. Erst hier oben, am Drehzahlgipfel in Sport Plus lassen sich die deutschen Treibwerkswurzeln nicht mehr überhören.

Der Sound dringt wie bei einem offenen GT üblich nahezu ungefiltert ins Fahrerohr. Logisch, die feste Haube des Coupés dämmt und versteift gleichermaßen. Wobei sich der Volante ähnlich verwindungsarm präsentiert wie der Festdach-Bruder. Doch die achtlagige Stoffmütze mit Webasto-Konstruktion und elektro-pneumatisch ausfahrenden Überrollbügeln wiegt mit den zusätzlichen Versteifungen genau 111 kg schwerer. Die Balance kippt mit 47:53 Richtung Heck – was angesichts der gebotenen Leistung an der Hinterachse und steiferen Dämpfern kaum nachteilig sein sollte.

Kaum langsamer als das DB12 Coupé

Die Fahrleistungen weichen auf dem Papier kaum vom geschlossenen Bruder ab: 3,7 Sekunden dauert der Sprint von 0 auf 100. Bis zu 325 km/h sind auf der unbegrenzten A81, die die Schwabenhauptstadt mit dem schwäbischen Meer verbindet, locker drin. Beide Übungen absolviert man natürlich lieber geschlossen, wobei der kurze Verdeck-Schließtanz zwei Sekunden mehr Zeit in Anspruch nimmt, ihn der DB12 dafür noch im Stadttempo erledigt. Mit geöffnetem Verdeck bleiben von 262 Liter gerade noch 196 Golfbag-taugliche Liter übrig. Die zweite Tasche findet also eher auf den +2-Sitzen Platz. Die sind jedenfalls so eng geschnitten, dass die andere Schlägertasche dort kaum verrutschen kann.

Das ist gut so, denn wenn dieser Super Gran Turismo – wie die Engländer ihn nennen – Kurven entert, gibt es tatsächlich kein Halten mehr. Aston Martin stimmt die Lenkung äußerst präzise ab. Feines Einlenkverhalten also, das keinerlei Korrekturen im Kurvenverlauf verlangt, egal in welchem Winkel sich der Asphalt den Schwarzwald hinauf schlängelt. Erst Kurvenausgangs drückt das Heck, weil selbst der normale ESP-Modus schon Spielraum lässt, ohne rigide einzugreifen. Ja, die immense Leistung an der Hinterachse ist spürbar, sie überfordert den Piloten jedoch keinesfalls. Auch weil die Power meist sanft einsetzt, da die größeren Turbos wie erwähnt ein großes Loch in den Keller reißen und nicht brutal zuschlagen. Klingt oldschoolig und prägt entsprechend den Charakter des offen Aston, der auf jegliche Hybridisierung im Antriebsstrang pfeift.

Fahrkomfort im Fokus

So lockert der geneigte GT-Pilot das ESP weiter, der Hüftschwung weitet sich, ohne dass es einem je Angstperlen auf die Stirn treibt. Dabei ist der Asphalt nach dem harten Winter keinesfalls in Hochform. Doch ganz ehrlich: davon spüren die Insassen in diesem Gran Turismo wenig. Adaptive Bilstein-Dämpfer kontern zügig Frostaufbrüche, Kopfsteinpflaster oder Querfugen. Selbst die schmalwandigen Michelin Pilot Sport S5, die auf 27 kg leichteren Schmiedefelgen im 21-Zoll-Format sitzen, torpedieren den herausragenden Federungskomfort kaum. Natürlich bauen auch andere gute Fahrwerke, doch Aston Martin setzt bewusst auf Komfort statt Sport und das ist selbst in dieser Liga selten geworden.

Zumal sich die Dämpfer in zwei Stufen, wie die übrigens auch die restlichen Fahr-Parameter einzeln nachschärfen lassen. Anders als die Fahrmodi-Wahl am metallischen Ring des am im wahrsten Wortsinn herausragenden Startknopfes gelingt die Feinjustierung von Lenkung und Antriebsstrang nur über den kleinteiligen Touchscreen. Okay, der alte Comand-Controller des DB11 war ein Relikt aus alten Mercedes-Tagen – doch die reaktionsschnelle Touchscreen-Lösung mit dem flachstehenden Display sowie teils kleinen Touchflächen ist nicht zwingend die bessere Lösung. Immerhin belässt es Aston Martin bei denen aus dem Coupé bekannten Druckflächen samt Touchpads am Lenkrad sowie auf der Mittelkonsole Tasten für Fahrdynamikfunktionen und Walzen für Temperatur und Lautstärke.

Schöner Wohnen: Made in UK

Und das alles betten sie in Gaydon in ein stilvoll arrangiertes Cockpit ein, das mit feinstem Leder, weichem Velours-Teppich, offenporigem Holz und kratzempfindlichem Piano-Lack verwöhnt. Wenn man hier auf diesem hohen Niveau klagen muss, dann vielleicht darüber, dass der DB 12 dem Fahrer nicht automatisch den Gurt reicht, die Sitze zwar einheizen und kühlen, jedoch ein heißer Nackenföhn fehlt. Dafür erhitzt sich der Touchscreen zunehmend, während die Navigation sich zwar dreidimensional darstellt, aber konsequent der Nordausrichtung folgt und das Display bereits bei schwacher Sonneneinstrahlung spiegelt. Schade auch, dass der Fahrer statt via gläserner Rundtasten, die Fahrstufen nun mit einem kurzen Wahlknubbel einlegt. Den beledert Aston Martin zwar, jedoch springt er nicht immer auf Anhieb von "D" in "R", sondern verharrt in "N" – gerade bei zügigen Wendemanövern kann das schon nerven, da der Volante vor allem bei geschlossenem Dach mit Übersichtlichkeit geizt.

Apropos, da Geiz schon seit Längerem nicht mehr geil ist, verlangt Aston Martin für den DB 12 Volante die stattliche Summe von einer Viertelmillion Euro. Exklusivität hat eben ihren Preis, zumal der offene 2+2-Sitzer viel mehr GT-Feeling vermittelt als jeder offene BMW M-8er, Mercedes-AMG SL oder Porsche 911.