Dacia Duster

Testfahrt im SUV für Sparfüchse

1.550 Euro teurer wird Dacias beliebter Kompakt-Kraxler in der Basis. Ob er trotz Preiserhöhung, komplexeren Hybridantrieben und höherem Digitalisierungsgrad weiterhin den perfekten Spagat aus Kosten und Nutzen schafft, klärt der Fahrbericht.

Dacia Duster 2024 Foto: Dacia 20 Bilder

Um den wachsenden Ansprüchen der Kundschaft Rechnung zu tragen, verlängerte Dacia den neuen Duster um knapp 20 Zentimeter, und bietet neben einer Coupé-Variante nun noch ein 18-farbiges Ambientelicht im Innenraum nebst neuen Nappaleder-Integralsitzen und… Ja ne, ist klar. Längenwachstum? Null Zentimeter, Breitenwachstum: ein Zentimeter. Bei Dacia zählt das Wesentliche. Immer und Jetzt. Die Moderne hält Einzug, wo es nötig ist, aber nur da. Dementsprechend wächst der Dacia nicht in Länge oder Breite, auch wenn die wuchtigere Optik einen anderen Eindruck vermittelt. Stattdessen wachsen ihm Elektromotoren, mal als Teil eines 48V-Mildhybridsystems, mal als Teil eines 230V-Vollhybridsystems.

Deutliches Plus an Souveränität

Der im Duster neue TCe 130 Turbobenziner von Renault wird von einem 48V-Mildhybridsystem unterstützt. Aber zunächst verdient die ordentliche Abschottung des 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbos Lob. Er arbeitet akustisch so zurückhaltend, dass man bei genauem Hinhören, dem sirrenden Riemen-Startergenerator bei der Arbeit lauschen kann. Ihn spürt man auch mit einem kleinen Leistungsruck beim Anfahren bevor der Dreizylinder auf sich allein gestellt ist. Früher kam der Ruck vom Verbrenner allein, da Dacia zugunsten der Geländetauglichkeit den ersten Gang extra kurz übersetzte. Nun fährt der Duster gleichmäßiger an dank längerer Übersetzung. Der Motor stemmt seine 230 Newtonmeter bei 2.100 Umdrehungen auf die Kurbelwelle und treibt den 1.379 Kilogramm schweren Duster mehr zahm als zügig voran. Das liegt auch an der früh abebbenden Leistungskurve. Das Sechsgang-Schaltgetriebe findet zwar weder den kürzesten noch präzisesten Weg in die nächste Gasse, aber zumindest hakelt es nur sehr selten. Eine Automatikvariante des TCe 130 gibt es nicht, wohl aber Allradantrieb. Und während die Allradvariante eine Mehrlenkerhinterachse erhält, müssen sich die Frontantriebsvarianten mit einem Verbundlenkerpendant begnügen.

Begnügen muss man sich allerdings nicht mehr mit dem bisher so schütteren Komfort. Dacia hat auf der neuen CMF-B-Plattform, auf der auch der Nissan Juke oder der Renault Captur basieren, richtig Hand am Fahrwerk angelegt. Der Duster schwingt und nickt zwar noch spürbar, spricht aber viel sauberer auf Unebenheiten an und beruhigt seinen Aufbau schneller. Die Lenkung ertränkt ihren Mangel an Präzision und Feedback nicht mehr in immenser Servounterstützung sondern baut nachvollziehbar Haltekräfte auf. Präzision? Nicht überragend aber viel besser als zuvor. So kurvt der Duster angenehm souverän ohne fahrdynamische Ambitionen durch die Kehren. Am Limit schiebt er brav ins Untersteuern, aber das Limit beim Duster wird ja eher in Steigraten und Böschungswinkeln definiert als in Querkraft. In Zahlen: Die Allradversion kommt auf 21,7 Zentimeter Bodenfreiheit (Frontantrieb: 20,9), 31 Grad Böschungswinkel vorn und deren 36 hinten (Frontantrieb: 24 und 31 Grad). Im leichten bis mittleren Gelände kommt der Duster prima klar. Neue Offroad-Fahrmodi für den 4x4 namens Eco, Auto, Mud/Sand, Snow und Off-Road trimmen Elektronik und Allrad auf das jeweilige Terrain oder auf Effizienz. Off-Road kommt der bisher erhältlichen 4WD-Lock-Funktion am nächsten, da die Allradkupplung hier die meiste Zeit geschlossen bleibt. Im Gelände schlägt er sich so dank kompakter Abmessungen wacker. Einzig die lauten Fahrwerksgeräusche können zartbesaitete beunruhigen.

Duster und Hybrid: ein neues Dreamteam?

Eine ganz andere Richtung schlägt der neue Vollhybrid-Antrieb ein. Das 140 PS-Konsortium aus 1,6-Liter-Atkinson-Vierzylinder (94 PS), Antriebs-E-Motor (49 PS) und Riemenstartergenerator kommt mit dem von Renault bekannten Multimode-Getriebe mit vier Gangstufen für den Benziner und deren zwei für den E-Motor. Das macht ihn zur einzig erhältlichen Duster-Variante mit Automatik. Gerade in der Stadt gefällt der spontane Antritt des E-Motors und seine leise Arbeitsweise. Dank 1,2 kWh Batteriekapazität sind im Wohngebiet auch ein bis zwei Kilometer rein elektrisch drin. Die Dämmung ist jedoch nicht auf dem Level vieler E-Autos. Leises Sirren und Heulen prägt hintergründig die Akustik. Apropos Heulen: Kommt der Saugbenziner ins Spiel wird es teilweise etwas lauter, da der Motor mit etwas nöligem Unterton bei hoher Last in die Kabine plärrt. Das kommt zwar nur bei Volllast vor, ist die Batterie jedoch leer und der Autobahnanstieg steil, kann die Beschallung schon mal länger dauern. Da die Drehzahlsprünge aufgrund der nur vier vorhandenen Stufen recht groß ausfallen, kann man den Motor schon mal auf dem falschen Fuß erwischen, auch da er nicht sonderlich schnell hoch und herunterschaltet.

Trotz Mehrleistung beschleunigt er mit 10,1 Sekunden für den Standardsprint langsamer als der TCe 130, auch da er mit 1.465 Kilogramm fast 100 Kilogramm mehr auf die Waage bringt als der Benziner. Auf Wunsch kann man im E-Save-Modus Batteriekapazität aufsparen, was jedoch bei einem Vollhybrid mit kleiner Batterie wenig sinnvoll erscheint. Zumindest nach WLTP-Norm ist der Verbrauchsvorteil gegenüber dem TCe 130 überschaubar: Nur 0,5 Liter weniger fließen in seine Brennräume, an der Kasse werden jedoch ausstattungsbereinigt 3.700 Euro extra fällig. Sein komplexer Antrieb legt sich zudem spürbar beschwerend auf die Vorderachse. Der Vollhybrid wirkt etwas kopflastiger und träger in Kurven als der Benziner. Für eine urban geprägte Nutzung kann er trotzdem sinnvoll sein. Nicht jedoch als Zugfahrzeug: Der Hybrid darf nur maximal 750 Kilogramm anhängen, der TCe 130 bis zu 1.500 Kilogramm, der Eco-G 100 bis zu 1200. Die Stützlast von 75 Kilogramm und die Dachlast von 80 kg ist bei allen Varianten gleich.

Smartes Abschalten

Assistenzseitig beschränkt sich Dacia weiterhin auf das Nötigste, nur dass ein großer Teil des Nötigsten von der EU vorgeschrieben wird. Heißt: Tempomat serienmäßig, Abstandstempomat? Gas- und Bremspedal! Dafür sind nun Spurhalteassistent, Totwinkelwarner sowie Verkehrszeichenerkennung samt Tempolimitwarner an Bord. Penetrantes Gepiepse? Ja, das kann er auch, der Duster, folgt damit aber nur der Gesetzgebung.

Top dagegen: für den Abschaltmechanismus überlegte sich Dacia eine smarte Lösung. Im Menü lässt sich ein persönliches Assistenzprofil anlegen, das man mit zweifachem Druck auf eine Taste links des Lenkrads aktiviert. Denn neben dem nervigen, oft falsch auslösenden Tempolimitwarner nervt auch der nervöse, recht übergriffige Spurhalteassistent. Die Taste legt mit passend eingestelltem Profil beide Assistenten auf einmal lahm. Beim Parken unterstützen serienmäßige Parkpiepser hinten, ab der zweiten Linie Expression auch eine Rückfahrkamera. Mehr Rundumsicht gibt’s in Paketen mit mehr Ultraschallsensoren und Kameras, die jedoch etwas schärfer auflösen könnten.

Viel Platz auf wenig Verkehrsfläche

Trotz nahezu gleicher Verkehrsfläche legte der Dacia nochmal zu beim Raumangebot. Die Innenhöhe wuchs deutlich, da der Duster nun knapp fünf Zentimeter höher baut. Das tut dem Raumgefühl mindestens so gut wie der Dachhimmel aus dunkelgrau meliertem Stoff. Das Kofferraumvolumen knackt erstmals die 500-Liter-Marke, sofern man sich für den frontgetriebenen 130-PS-Benziner entscheidet. Allradantrieb, Gastank und Hybridbatterie kosten bei TCe 130 4x4, Eco-G 100 und Full Hybrid 140 ein paar Liter aber selbst letzterer verstaut noch 430 Liter. Mit umgeklappter Rückbank wächst das Volumen auf 1545 Liter, beim 4x2-Benziner auf 1.607 Liter. Das können viele Mittelklasse-Kombis nicht besser. Jedoch wünscht man sich eine Fernentriegelung für die Rückbank, die sich nur mit einer hakeligen Entriegelung an der Lehne klappen lässt.

Dafür gefällt der zweiteilige, variable Ladeboden, der ein großes Unterflurfach verdeckt und dank stattlicher Dicke eine gewisse Robustheit und Qualität vermittelt. Die Reisekühlbox kann via 12V-Stecker betrieben werden und es stechen kleine Halterungen ins Auge. Die nennen sich YouClip und dienen als Aufnahme für eine Reihe von Zubehör, das sich an die über das ganze Auto verteilten Clips heften lässt. Von Cupholdern, Taschenlampen, Haken und Handy- sowie Tablethaltern ist so ziemlich alles Notwendige für den Auto-Alltag dabei. Sonderlich robust wirkt die Halterung bei manchem Zubehör zwar nicht, praktisch ist es aber allemal. Im Fond finden auch große Personen ordentlich Platz an Knien und Kopf vor, bei der spärlichen Polsterung spürt man dann doch einen gewissen Kostendruck. Dafür gibt’s ab der Linie Expression zwei USB-C-Anschlüsse im Fond.

Mehr Sitzkomfort, weniger Navikompetenz

Ganz vorn: Eine der größten Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger in Form neuer Sitze. Die bieten endlich eine brauchbare Beinauflage und etwas Seitenhalt, sind zwar noch immer keine Komfortwunder und verlangen etwas Einstellarbeit, bis alles passt, der Fortschritt ist trotzdem groß. Großzügige Ablagen kratern die Hartplastik-Landschaft, die zwar nicht hübsch ist, abgesehen von dem ein oder anderen Knarzgeräusch aber nur im Bereich der Armauflage in der linken Tür stört, da hier manchmal der Ellbogen auf Bodenwellen unsanft landet. Auch an den eher schlecht schließenden Türen, der scheppernden Heckklappe und den knarzenden Türgriffen erkennt man eben den immensen Kostendruck. Aber will man das einem Auto mit einem Startpreis von unter 20.000 Euro wirklich vorwerfen? Da führt man eher das schlappe Halogenfernlicht an, das nicht mehr zeitgemäß wirkt. LED-Scheinwerfer sind dagegen serienmäßig dabei. Die Haube wird sogar von Gasdruckdämpfern statt einer Aufstellstange gehalten.

Der recht massige, kantige Armaturenträger erinnert an Offroad-Größen á la Jeep Wrangler und Ford Bronco und trägt zwei neue Displays. Zwei? Ja, die Analoganzeigen sind Geschichte. In der Basis kommt ein kleines Monochrom-Display hinter dem Lenkrad zum Einsatz, darüber rangiert ein farbiges Display mit mehreren Anzeigestilen, aber einer recht schwachen Framerate. Die Ablesbarkeit der wichtigsten Informationen ist jedoch stets gegeben. 10,1 Zoll misst der zentrale Touchscreen, der ab der zweiten Linie Expression dabei ist. Da unterstützt er bereits Apple Carplay und Android Auto kabellos, erhält auf Wunsch aber noch ein eigenes Navigationssystem auf Basis des Kartendienstes Here. Der hat jedoch spürbar das Nachsehen gegen die Giganten aus dem Silicon Valley mit seiner teils uneindeutigen Routenführungssymbolik und teils nicht vollständig kompletten Kartierung entlegener Gebiete. Ansonsten arbeitet der Screen schnell, ist dank großer Kacheln recht treffsicher zu bedienen und bietet in der Linie Extreme sogar Offroad-Anzeigen für Neigungswinkel. Ebenfalls gut: Klima- und Lenkradbedienung bleiben tastenbasiert. Medien-Einstellungen kann man an dem von Renault bekannten Bediensatelliten hinter dem Lenkrad vornehmen.

Teurer, trotzdem konkurrenzlos günstig

Die entscheidende Frage: gehen die Verbesserungen zu Lasten der nahezu konkurrenzlosen Listenpreise? 18.950 Gründe sprechen dagegen. So hoch liegt der Grundpreis für den 100 PS-starken LPG-Antrieb in der Basislinie Essential. Immerhin sind Tempomat, LED-Abblendlicht, höhenverstellbarer Fahrersitz, Einparkhilfe hinten, Bluetooth mit Freisprecheinrichtung und eine Klimaanlage dabei. Ebenso jedoch Stahlräder und Fensterkurbeln hinten.

Soll es der 130 PS-Benziner sein, sind mindestens 22.150 Euro fällig, da er nur in der Linie Expression erhältlich ist. Die Linie bringt Rückfahrkamera, Aluräder, den 10,1-Zoll-Touchscreen mit Apple Carplay und Android Auto, hübschere Polster, eine Armlehne und das farbige Tachodisplay mit. Darüber rangieren noch die beiden Toplinien Extreme und Journey. Sie kosten gleich viel setzten aber einen unterschiedlichen Fokus. Extreme zielt auf Robustheit und Offroad-Charakter, Journey mehr auf Technologie und Komfort. Heißt in Ausstattung: Extreme kommt mit abwaschbaren MicroCloud-Polstern, modularer Dachreling, Gummimatten, Klimaautomatik, Keyless-Go, Fernlichtassistent, YouClip-Zubehör und ist an den kupferfarbenen Elementen zu erkennen. Journey bietet das Navigationssystem, 18- statt 17-Zoll-Räder, Induktiv-Ladeschale jedoch auch eine Klimaautomatik, Keyless-Go und den Fernlichtassistenten. Hybrid und Allrad kosten knackige Aufpreise, weswegen – sofern man auf Allrad und Automatik verzichten kann – ein TCe 130 in Journey oder Extreme-Ausstattung dem Preis-Leistungsideal für 23.650 Euro wohl am nächsten kommt. Das sehen auch die Kunden so. Laut Dacia haben 90 Prozent der Vorbesteller ihren Duster in einer der beiden Toplinien geordert.