Jaguar XKR-S Cabrio im Fahrbericht

Das Unter-Acht-Minuten-Cabrio

Wenig überraschend: Jaguar bringt vom XKR-S nun auch die offene Variante. Premiere feiert das Modell auf der L.A. Auto Show. Dann doch überraschend: Eine Rundenzeit von unter acht Minuten auf der Nordschleife soll damit möglich sein.

Jaguar XKR-S Cabrio, Front Foto: Jaguar 24 Bilder

Zu manchen Gelegenheiten sollte man als Autofahrer sicher gehen, den Führerschein eingesteckt zu haben. Beispielsweise wenn man in einem mattschwarzen Cabrio mit Überrollkäfig, Feuerlöschanlage und britischer Zulassung in den USA unterwegs ist.

Doch weshalb der martialische Auftritt? Für die erste Ausfahrt mit dem neuen Jaguar XKR-S Cabrio stand ein Erprobungsfahrzeug zur Verfügung, mit dem Rennprofi Sascha Bert wenige Wochen zuvor die Nordschleife des Nürburgrings in weniger als acht Minuten umrundet haben will. Diese Zeit spielt für die Klientel des 138.100 Euro teuren Sportwagens wohl eher an den edlen Stammtischen im Yacht- oder Golfclub eine Rolle, weshalb eine öffentliche Straße für eine erste Ausfahrt völlig ausreicht – zumal das 550 PS starke Achtzylinder-Triebwerk bereits im Stand einen grob gewebten, kratzigen Klangteppich entfaltet, für den manch einer seine Frau verkaufen würde.

Jaguar XKR-S Cabrio mit perfekt sitzendem Verdeck

Kaum hat man sich durch den Käfig auf den Schalensitz gefädelt und ordnungsgemäß im Vierpunktgurt vertäut, bellt das Kompressor-Aggregat des Jaguar XKR-S Cabrio nach dem Druck des Startknopfs kurz auf, um angriffslustig wummernd im Leerlauf zu verharren. Im aktivierten Sportmodus steht die Klappensteuerung in der Auspuffanlage auf Durchzug, ansonsten öffnet sie in Abhängigkeit von Gaspedalstellung und Drehzahl. Empfohlene Soundeinstellung: Radio aus, Verdeck auf. Grantelnd rollt das Jaguar XKR-S Cabrio los und macht schon bei niedrigen Geschwindigkeiten klar, dass sich ein Auto auch ohne Federungskomfort prima vorwärts bewegen kann. Kurze Bodenwellen interessieren das Fahrwerk überhaupt nicht, was vorrangig auf die gegenüber dem XKR um 28 Prozent härteren Federn des Jaguar XKR-S Cabrio zurückzuführen ist. Zudem bekamen die adaptiven Dämpfer eine neue Programmierung und die serienmäßigen 20 Zoll-Räder mit Pirelli P-Zero-Bereifung müssen vor allem haften und nicht schmusig abrollen.

Aber wer will schon langsam fahren, wenn der Prospekt damit protzt, dass mit dem Jaguar XKR-S Cabrio innerhalb von 4,4 Sekunden die 100 km/h-Marke geknackt werden kann und das Verdeck selbst bei der Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h perfekt sitzt, als wäre es mit Drei-Wetter-Taft imprägniert.

Jaguar XKR-S Cabrio ist Basis für Coupé

Da bei der Entwicklung der XK-Baureihe das Jaguar XKR-S Cabrio die Basis für das Coupé stellte und nicht umgekehrt, versprechen die Briten zudem eine hohe Verwindungssteifigkeit. Tatsächlich erweist die Karosserie ungeachtet der humorlosen Fahrwerksabstimmung als unerschütterlich, wenngleich sie auch ein bisschen schummelt, schließlich bekam sie ja noch den Überrollkäfig in die Struktur gebraten. In der Ausstattungsliste steht dieses Feature ebenso wenig wie die Rennschalensitze. Dafür sitzen Fahrer und Beifahrer auf bis zur Orientierungslosigkeit verstellbaren Recaro-Sportschalen mit weichem Lederbezug, deren Seitenhalt absolut ausreichend ist. Wenn es sein muss, lassen sich jedoch auch hier Sechspunktgurte durchfädeln.

Und wenn es sein muss, bläst das Jaguar XKR-S Cabrio in Tunneln die Kacheln von den Wänden. Bei vollem Gaseinsatz feuert der Direkteinspritzer prasselnde Bässe aus seinen vier Endrohren, als habe er noch nie etwas von Geräuschemissionsnormen gehört. Er beißt unmittelbar zu, was dank der 295 Millimeter breiten Hinterreifen die aktive Differenzialsperre nur selten in Verlegenheit bringt – zumindest auf trockenen Straßen.

Herrlich driften mit dem Jaguar XKR-S Cabrio

Bei 2.500/min schleudert der 5,0-Liter-Motor des Jaguar XKR-S Cabrio sein maximales Drehmoment von 680 Newtonmetern an die Kardanwelle, um dann bis über 6.500/min weiter zu drehen. Als Leistungsverwalter engagierten die Briten erneut eine Sechsstufenautomatik von ZF, die im auch im manuellen Modus prompt auf die per Lenkradpaddel eingegebenen Schaltbefehle reagiert. Etwas überraschend hingegen: die vergleichsweise leichtgängige Lenkung. Wer das Jaguar XKR-S Cabrio einigermaßen flott durch Wechselkurven zirkelt, kann ihr jedoch weder mangelnde Direktheit noch fehlende Rückmeldung vorwerfen – wie sich dem immerhin 1,8 Tonnen schweren Zweipluszwei-Sitzer fahrdynamisch überhaupt nur wenig vorwerfen lässt.

Untersteuern? Ein bisschen, vor allem dann, wenn man vergisst, leicht auf Zug durch Kurven zu wetzen. Übersteuern? Gerne, wenn es der Fahrer möchte. Laut Sascha Bert eignet sich das edle Jaguar XKR-S Cabrio jedenfalls prima zum Driften. Ein Selbstversuch fällt mit Hinblick auf vermutlich wenig verständnisvolle Cops allerdings aus. Ein vergessener Führerschein wäre dann jedenfalls das kleinste Problem.